bei der Gurgel, und zwingt sie die Tasse selbst aus- zutrinken, welches diese, obgleich in großer Verwun- derung über die seltsamen Sitten der Engländer, sich doch zuletzt ganz gern gefallen läßt. Das stumme Spiel Listons dabei und wie er, seines Versprechens sich plötzlich erinnernd, nachher, krampfhaft lachend, bloßen Spaß daraus machen will, ist höchst drollig. Endlich kömmt 10 Uhr heran, und nach vielen bur- lesken Zwischenscenen legt Herr Jackson sich, mit Degen und Pistolen, und in seinen Sammthosen ins Bett, dessen Vorhänge er dicht zuzieht. Unglücklicher- weise hat die Tochter vom Hause eine Liebschaft, und bevor noch der Fremde das Logis bezogen, ih- rem Liebhaber bereits in demselben Zimmer ein Ren- dezvous gegeben. Um die Entdeckung zu vermeiden, kömmt sie jetzt leise hereingeschlichen, löscht das Licht behutsam aus, und geht ans Fenster, in welches ihr Amant schon hereinsteigt. So wie dieser in die Mitte des Zimmers springt und zu sprechen anfängt, hört man seltsame Angsttöne im Bette, und eine Pistole fällt mit Geprassel heraus, bald nachher die andere, der Vorhang thut sich auf, Liston versucht einen schwachen Stoß mit dem Degen, der aber seiner zit- ternden Hand ebenfalls entfällt, worauf er sich eben- falls herausstürzt und in seinem abentheuerlichen Costüme vor dem eben so erschrockenen Mädchen auf die Kniee fällt, und herzbrechend um sein Leben fleht, während sich der Liebhaber schleunig hinter dem Bette versteckt. Da öffnen sich die Thüren, und der Polizeiminister tritt mit Fackeln ein, um dem zit-
bei der Gurgel, und zwingt ſie die Taſſe ſelbſt aus- zutrinken, welches dieſe, obgleich in großer Verwun- derung über die ſeltſamen Sitten der Engländer, ſich doch zuletzt ganz gern gefallen läßt. Das ſtumme Spiel Liſtons dabei und wie er, ſeines Verſprechens ſich plötzlich erinnernd, nachher, krampfhaft lachend, bloßen Spaß daraus machen will, iſt höchſt drollig. Endlich kömmt 10 Uhr heran, und nach vielen bur- lesken Zwiſchenſcenen legt Herr Jackſon ſich, mit Degen und Piſtolen, und in ſeinen Sammthoſen ins Bett, deſſen Vorhänge er dicht zuzieht. Unglücklicher- weiſe hat die Tochter vom Hauſe eine Liebſchaft, und bevor noch der Fremde das Logis bezogen, ih- rem Liebhaber bereits in demſelben Zimmer ein Ren- dezvous gegeben. Um die Entdeckung zu vermeiden, kömmt ſie jetzt leiſe hereingeſchlichen, löſcht das Licht behutſam aus, und geht ans Fenſter, in welches ihr Amant ſchon hereinſteigt. So wie dieſer in die Mitte des Zimmers ſpringt und zu ſprechen anfängt, hört man ſeltſame Angſttöne im Bette, und eine Piſtole fällt mit Gepraſſel heraus, bald nachher die andere, der Vorhang thut ſich auf, Liſton verſucht einen ſchwachen Stoß mit dem Degen, der aber ſeiner zit- ternden Hand ebenfalls entfällt, worauf er ſich eben- falls herausſtürzt und in ſeinem abentheuerlichen Coſtüme vor dem eben ſo erſchrockenen Mädchen auf die Kniee fällt, und herzbrechend um ſein Leben fleht, während ſich der Liebhaber ſchleunig hinter dem Bette verſteckt. Da öffnen ſich die Thüren, und der Polizeiminiſter tritt mit Fackeln ein, um dem zit-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0030"n="14"/>
bei der Gurgel, und zwingt ſie die Taſſe ſelbſt aus-<lb/>
zutrinken, welches dieſe, obgleich in großer Verwun-<lb/>
derung über die ſeltſamen Sitten der Engländer,<lb/>ſich doch zuletzt ganz gern gefallen läßt. Das ſtumme<lb/>
Spiel Liſtons dabei und wie er, ſeines Verſprechens<lb/>ſich plötzlich erinnernd, nachher, krampfhaft lachend,<lb/>
bloßen Spaß daraus machen will, iſt höchſt drollig.<lb/>
Endlich kömmt 10 Uhr heran, und nach vielen bur-<lb/>
lesken Zwiſchenſcenen legt Herr Jackſon ſich, mit<lb/>
Degen und Piſtolen, und in ſeinen Sammthoſen ins<lb/>
Bett, deſſen Vorhänge er dicht zuzieht. Unglücklicher-<lb/>
weiſe hat die Tochter vom Hauſe eine Liebſchaft,<lb/>
und bevor noch der Fremde das Logis bezogen, ih-<lb/>
rem Liebhaber bereits in demſelben Zimmer ein Ren-<lb/>
dezvous gegeben. Um die Entdeckung zu vermeiden,<lb/>
kömmt ſie jetzt leiſe hereingeſchlichen, löſcht das Licht<lb/>
behutſam aus, und geht ans Fenſter, in welches ihr<lb/>
Amant ſchon hereinſteigt. So wie dieſer in die Mitte<lb/>
des Zimmers ſpringt und zu ſprechen anfängt, hört<lb/>
man ſeltſame Angſttöne im Bette, und <hirendition="#g">eine</hi> Piſtole fällt<lb/>
mit Gepraſſel heraus, bald nachher die <hirendition="#g">andere</hi>,<lb/>
der Vorhang thut ſich auf, Liſton verſucht einen<lb/>ſchwachen Stoß mit dem Degen, der aber ſeiner zit-<lb/>
ternden Hand ebenfalls entfällt, worauf er ſich eben-<lb/>
falls herausſtürzt und in ſeinem abentheuerlichen<lb/>
Coſtüme vor dem eben ſo erſchrockenen Mädchen auf<lb/>
die Kniee fällt, und herzbrechend um ſein Leben fleht,<lb/>
während ſich der Liebhaber ſchleunig hinter dem<lb/>
Bette verſteckt. Da öffnen ſich die Thüren, und der<lb/>
Polizeiminiſter tritt mit Fackeln ein, um dem zit-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[14/0030]
bei der Gurgel, und zwingt ſie die Taſſe ſelbſt aus-
zutrinken, welches dieſe, obgleich in großer Verwun-
derung über die ſeltſamen Sitten der Engländer,
ſich doch zuletzt ganz gern gefallen läßt. Das ſtumme
Spiel Liſtons dabei und wie er, ſeines Verſprechens
ſich plötzlich erinnernd, nachher, krampfhaft lachend,
bloßen Spaß daraus machen will, iſt höchſt drollig.
Endlich kömmt 10 Uhr heran, und nach vielen bur-
lesken Zwiſchenſcenen legt Herr Jackſon ſich, mit
Degen und Piſtolen, und in ſeinen Sammthoſen ins
Bett, deſſen Vorhänge er dicht zuzieht. Unglücklicher-
weiſe hat die Tochter vom Hauſe eine Liebſchaft,
und bevor noch der Fremde das Logis bezogen, ih-
rem Liebhaber bereits in demſelben Zimmer ein Ren-
dezvous gegeben. Um die Entdeckung zu vermeiden,
kömmt ſie jetzt leiſe hereingeſchlichen, löſcht das Licht
behutſam aus, und geht ans Fenſter, in welches ihr
Amant ſchon hereinſteigt. So wie dieſer in die Mitte
des Zimmers ſpringt und zu ſprechen anfängt, hört
man ſeltſame Angſttöne im Bette, und eine Piſtole fällt
mit Gepraſſel heraus, bald nachher die andere,
der Vorhang thut ſich auf, Liſton verſucht einen
ſchwachen Stoß mit dem Degen, der aber ſeiner zit-
ternden Hand ebenfalls entfällt, worauf er ſich eben-
falls herausſtürzt und in ſeinem abentheuerlichen
Coſtüme vor dem eben ſo erſchrockenen Mädchen auf
die Kniee fällt, und herzbrechend um ſein Leben fleht,
während ſich der Liebhaber ſchleunig hinter dem
Bette verſteckt. Da öffnen ſich die Thüren, und der
Polizeiminiſter tritt mit Fackeln ein, um dem zit-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/30>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.