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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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das hier etwas zeitig eingenommen wird ergötzte ich
mich an den vielen persischen Merkwürdigkeiten, wel-
che die Salons zieren. Sehr auffallend war mir ein
prachtvolles Manuscript mit Miniaturen, deren Far-
benpracht selbst die besten Sachen dieser Art aus dem
europäischen Mittelalter übertreffen, und die in der
Zeichnung oft richtiger sind. Das Buch enthält die
Geschichte der Familie Tamerlans, und soll in Per-
sien zweitausend L. St. gekostet haben. Es ist ein
Präsent des Schachs.

Mit kostbaren Metallen eingelegte Thüren, So-
pha's und Teppiche aus eigenthümlichen Sammtzeu-
gen mit Gold und Silber durchwürkt, vor allem aber
eine goldne Schüssel mit dem vollkommensten bunten
Email incrustirt, und mehrere äußerst künstlich gear-
beitete Bijour zeigen, daß die Perser, wenn sie uns
in Vielem nachstehen, uns auch in Manchem sehr
übertreffen.

Das Wetter hatte sich ein wenig aufgeheitert, und
lockte mich zu einem einsamen Spaziergang. Herr-
liche Bäume, ein kleiner Fluß, und ein Wäldchen,
dessen Boden und Bäume mit Schlingelkraut ganz
bedeckt waren, und in dessen dichten Schatten eine
merkwürdige Quelle entspringt, die mit Gewalt aus
der Erde Eingeweiden hervorsprudelnd, fünfhundert
Kannen in der Sekunde dem Flusse zuführt, waren
die Hauptzierden des Parks. Als ich zurückkam, war
es zwei Uhr, die Stunde des Luncheon, worauf mir Sir

das hier etwas zeitig eingenommen wird ergötzte ich
mich an den vielen perſiſchen Merkwürdigkeiten, wel-
che die Salons zieren. Sehr auffallend war mir ein
prachtvolles Manuſcript mit Miniaturen, deren Far-
benpracht ſelbſt die beſten Sachen dieſer Art aus dem
europäiſchen Mittelalter übertreffen, und die in der
Zeichnung oft richtiger ſind. Das Buch enthält die
Geſchichte der Familie Tamerlans, und ſoll in Per-
ſien zweitauſend L. St. gekoſtet haben. Es iſt ein
Präſent des Schachs.

Mit koſtbaren Metallen eingelegte Thüren, So-
pha’s und Teppiche aus eigenthümlichen Sammtzeu-
gen mit Gold und Silber durchwürkt, vor allem aber
eine goldne Schüſſel mit dem vollkommenſten bunten
Email incruſtirt, und mehrere äußerſt künſtlich gear-
beitete Bijour zeigen, daß die Perſer, wenn ſie uns
in Vielem nachſtehen, uns auch in Manchem ſehr
übertreffen.

Das Wetter hatte ſich ein wenig aufgeheitert, und
lockte mich zu einem einſamen Spaziergang. Herr-
liche Bäume, ein kleiner Fluß, und ein Wäldchen,
deſſen Boden und Bäume mit Schlingelkraut ganz
bedeckt waren, und in deſſen dichten Schatten eine
merkwürdige Quelle entſpringt, die mit Gewalt aus
der Erde Eingeweiden hervorſprudelnd, fünfhundert
Kannen in der Sekunde dem Fluſſe zuführt, waren
die Hauptzierden des Parks. Als ich zurückkam, war
es zwei Uhr, die Stunde des Luncheon, worauf mir Sir

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[274/0290] das hier etwas zeitig eingenommen wird ergötzte ich mich an den vielen perſiſchen Merkwürdigkeiten, wel- che die Salons zieren. Sehr auffallend war mir ein prachtvolles Manuſcript mit Miniaturen, deren Far- benpracht ſelbſt die beſten Sachen dieſer Art aus dem europäiſchen Mittelalter übertreffen, und die in der Zeichnung oft richtiger ſind. Das Buch enthält die Geſchichte der Familie Tamerlans, und ſoll in Per- ſien zweitauſend L. St. gekoſtet haben. Es iſt ein Präſent des Schachs. Mit koſtbaren Metallen eingelegte Thüren, So- pha’s und Teppiche aus eigenthümlichen Sammtzeu- gen mit Gold und Silber durchwürkt, vor allem aber eine goldne Schüſſel mit dem vollkommenſten bunten Email incruſtirt, und mehrere äußerſt künſtlich gear- beitete Bijour zeigen, daß die Perſer, wenn ſie uns in Vielem nachſtehen, uns auch in Manchem ſehr übertreffen. Das Wetter hatte ſich ein wenig aufgeheitert, und lockte mich zu einem einſamen Spaziergang. Herr- liche Bäume, ein kleiner Fluß, und ein Wäldchen, deſſen Boden und Bäume mit Schlingelkraut ganz bedeckt waren, und in deſſen dichten Schatten eine merkwürdige Quelle entſpringt, die mit Gewalt aus der Erde Eingeweiden hervorſprudelnd, fünfhundert Kannen in der Sekunde dem Fluſſe zuführt, waren die Hauptzierden des Parks. Als ich zurückkam, war es zwei Uhr, die Stunde des Luncheon, worauf mir Sir

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/290>, abgerufen am 13.05.2024.