Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

brächte. Unser R. hat dieses Kunststück wirklich rea-
lisirt, und trug den Schnellrock lange mit großer
Vorliebe. Die verschiednen Maschinen sind im höch-
sten Grade ingenieus, aber der Gestank dabei und
die ungesunde Luft, wie der Staub bei manchen
Operationen, müssen für die armen Arbeiter, die
übrigens gleich Negern alle blaugefärbt aussahen,
sehr ungesund seyn. Der junge Mann, welcher mir
die Fabrik zeigte, sagte jedoch, daß Baumwollen-
Manufakturen noch weit ungesunder wegen des fei-
nen Staubes wären, daher auch selten ein Arbeiter
daselbst 50 Jahr erreiche, hier aber habe man Bei-
spiele von 60. Die gothischen Kirchen, welche gestern
in der Ferne so viel Effekt machten, boten nichts
Merkwürdiges in der Nähe dar, und die Stadt selbst,
in der man, des Tag und Nacht nie ununterbroche-
nen Rauches wegen, in einem ewigen Nebel lebt,
ist der unangenehmste Aufenthalt, den man sich den-
ken kann.



Meine Reise fortsetzend, machte ich den ersten
Halt in Templenewsome, einem Schlosse aus Elisa-
beths Zeiten, der verwittweten Markise Hertford ge-
hörig. Das Schloß hat die Eigenthümlichkeit, daß
statt der Zinnen, eine Steingalerie von Buchstaben
rund um das Dach läuft, die einen Spruch aus der
Bibel enthält. Der Park ist traurig, und das

brächte. Unſer R. hat dieſes Kunſtſtück wirklich rea-
liſirt, und trug den Schnellrock lange mit großer
Vorliebe. Die verſchiednen Maſchinen ſind im höch-
ſten Grade ingenieus, aber der Geſtank dabei und
die ungeſunde Luft, wie der Staub bei manchen
Operationen, müſſen für die armen Arbeiter, die
übrigens gleich Negern alle blaugefärbt ausſahen,
ſehr ungeſund ſeyn. Der junge Mann, welcher mir
die Fabrik zeigte, ſagte jedoch, daß Baumwollen-
Manufakturen noch weit ungeſunder wegen des fei-
nen Staubes wären, daher auch ſelten ein Arbeiter
daſelbſt 50 Jahr erreiche, hier aber habe man Bei-
ſpiele von 60. Die gothiſchen Kirchen, welche geſtern
in der Ferne ſo viel Effekt machten, boten nichts
Merkwürdiges in der Nähe dar, und die Stadt ſelbſt,
in der man, des Tag und Nacht nie ununterbroche-
nen Rauches wegen, in einem ewigen Nebel lebt,
iſt der unangenehmſte Aufenthalt, den man ſich den-
ken kann.



Meine Reiſe fortſetzend, machte ich den erſten
Halt in Templenewſome, einem Schloſſe aus Eliſa-
beths Zeiten, der verwittweten Markiſe Hertford ge-
hörig. Das Schloß hat die Eigenthümlichkeit, daß
ſtatt der Zinnen, eine Steingalerie von Buchſtaben
rund um das Dach läuft, die einen Spruch aus der
Bibel enthält. Der Park iſt traurig, und das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0242" n="226"/>
brächte. Un&#x017F;er R. hat die&#x017F;es Kun&#x017F;t&#x017F;tück wirklich rea-<lb/>
li&#x017F;irt, und trug den Schnellrock lange mit großer<lb/>
Vorliebe. Die ver&#x017F;chiednen Ma&#x017F;chinen &#x017F;ind im höch-<lb/>
&#x017F;ten Grade ingenieus, aber der Ge&#x017F;tank dabei und<lb/>
die unge&#x017F;unde Luft, wie der Staub bei manchen<lb/>
Operationen, mü&#x017F;&#x017F;en für die armen Arbeiter, die<lb/>
übrigens gleich Negern alle blaugefärbt aus&#x017F;ahen,<lb/>
&#x017F;ehr unge&#x017F;und &#x017F;eyn. Der junge Mann, welcher mir<lb/>
die Fabrik zeigte, &#x017F;agte jedoch, daß Baumwollen-<lb/>
Manufakturen noch weit unge&#x017F;under wegen des fei-<lb/>
nen Staubes wären, daher auch &#x017F;elten ein Arbeiter<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t 50 Jahr erreiche, hier aber habe man Bei-<lb/>
&#x017F;piele von 60. Die gothi&#x017F;chen Kirchen, welche ge&#x017F;tern<lb/>
in der Ferne &#x017F;o viel Effekt machten, boten nichts<lb/>
Merkwürdiges in der Nähe dar, und die Stadt &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
in der man, des Tag und Nacht nie ununterbroche-<lb/>
nen Rauches wegen, in einem ewigen Nebel lebt,<lb/>
i&#x017F;t der unangenehm&#x017F;te Aufenthalt, den man &#x017F;ich den-<lb/>
ken kann.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Rotherham Abends.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Meine Rei&#x017F;e fort&#x017F;etzend, machte ich den er&#x017F;ten<lb/>
Halt in Templenew&#x017F;ome, einem Schlo&#x017F;&#x017F;e aus Eli&#x017F;a-<lb/>
beths Zeiten, der verwittweten Marki&#x017F;e Hertford ge-<lb/>
hörig. Das Schloß hat die Eigenthümlichkeit, daß<lb/>
&#x017F;tatt der Zinnen, eine Steingalerie von Buch&#x017F;taben<lb/>
rund um das Dach läuft, die einen Spruch aus der<lb/>
Bibel enthält. Der Park i&#x017F;t traurig, und das<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0242] brächte. Unſer R. hat dieſes Kunſtſtück wirklich rea- liſirt, und trug den Schnellrock lange mit großer Vorliebe. Die verſchiednen Maſchinen ſind im höch- ſten Grade ingenieus, aber der Geſtank dabei und die ungeſunde Luft, wie der Staub bei manchen Operationen, müſſen für die armen Arbeiter, die übrigens gleich Negern alle blaugefärbt ausſahen, ſehr ungeſund ſeyn. Der junge Mann, welcher mir die Fabrik zeigte, ſagte jedoch, daß Baumwollen- Manufakturen noch weit ungeſunder wegen des fei- nen Staubes wären, daher auch ſelten ein Arbeiter daſelbſt 50 Jahr erreiche, hier aber habe man Bei- ſpiele von 60. Die gothiſchen Kirchen, welche geſtern in der Ferne ſo viel Effekt machten, boten nichts Merkwürdiges in der Nähe dar, und die Stadt ſelbſt, in der man, des Tag und Nacht nie ununterbroche- nen Rauches wegen, in einem ewigen Nebel lebt, iſt der unangenehmſte Aufenthalt, den man ſich den- ken kann. Rotherham Abends. Meine Reiſe fortſetzend, machte ich den erſten Halt in Templenewſome, einem Schloſſe aus Eliſa- beths Zeiten, der verwittweten Markiſe Hertford ge- hörig. Das Schloß hat die Eigenthümlichkeit, daß ſtatt der Zinnen, eine Steingalerie von Buchſtaben rund um das Dach läuft, die einen Spruch aus der Bibel enthält. Der Park iſt traurig, und das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/242
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/242>, abgerufen am 24.11.2024.