Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

stange hat, sich im Gleichgewicht erhält. Eine Art
Spaten von den Südsee-Inseln war so schön ge-
schnitzt, daß kein Londner Künstler es besser machen
könnte. Die Versteinerungen aller Art, sowohl von
noch existirenden als antediluvianischen Thieren und
Pflanzen, sind außerordentlich zahlreich und schön,
und das große, fast ganz erhaltene versteinerte Cro-
codill (das ich früher schon anführte), ist allerdings
einzig in seiner Art. Etwas sehr Eigenthümliches
war auch eine Conglomeration, die sich durch den
Ablauf der Kohlenwerke hier in der Nähe, in einer
viereckigen hölzernen Rinne vor vielen Jahren ge-
bildet hatte.

Man sah nämlich darauf sechs schwarze und einen
gelben Streifen, wie an einem angeschnittenen Baum-
kuchen, fortwährend abwechseln, welches daher ent-
standen ist, daß an den Wochentagen, wo im
Werke gearbeitet wurde, der Abfluß von den Kohlen
schwarz gefärbt war, am Sonntag aber, dem Ruhe-
tag, das Wasser, welches viel Ocker enthält, in seiner
natürlichen gelblichen Farbe floß. Diese Abwechselung
geht mit der größtmöglichsten Regelmäßigkeit sieben
Wochen hindurch fort, und bildet jetzt geschliffen eine
sehr nette Zeichnung. Die Herren ließen es sich nicht
nehmen, mich mit dem gewöhnlichen Gefolge wieder
nach meinem Gasthof zurück zu bringen, wo, als ich
fortfuhr, ein furchtbares Hurrah erschallte, und meh-
rere der Jüngeren beiderlei Geschlechts mich nicht
eher verließen, als bis es ihrer Lunge unmöglich
wurde, es den Pferden länger gleich zu thun. Auf

ſtange hat, ſich im Gleichgewicht erhält. Eine Art
Spaten von den Südſee-Inſeln war ſo ſchön ge-
ſchnitzt, daß kein Londner Künſtler es beſſer machen
könnte. Die Verſteinerungen aller Art, ſowohl von
noch exiſtirenden als antediluvianiſchen Thieren und
Pflanzen, ſind außerordentlich zahlreich und ſchön,
und das große, faſt ganz erhaltene verſteinerte Cro-
codill (das ich früher ſchon anführte), iſt allerdings
einzig in ſeiner Art. Etwas ſehr Eigenthümliches
war auch eine Conglomeration, die ſich durch den
Ablauf der Kohlenwerke hier in der Nähe, in einer
viereckigen hölzernen Rinne vor vielen Jahren ge-
bildet hatte.

Man ſah nämlich darauf ſechs ſchwarze und einen
gelben Streifen, wie an einem angeſchnittenen Baum-
kuchen, fortwährend abwechſeln, welches daher ent-
ſtanden iſt, daß an den Wochentagen, wo im
Werke gearbeitet wurde, der Abfluß von den Kohlen
ſchwarz gefärbt war, am Sonntag aber, dem Ruhe-
tag, das Waſſer, welches viel Ocker enthält, in ſeiner
natürlichen gelblichen Farbe floß. Dieſe Abwechſelung
geht mit der größtmöglichſten Regelmäßigkeit ſieben
Wochen hindurch fort, und bildet jetzt geſchliffen eine
ſehr nette Zeichnung. Die Herren ließen es ſich nicht
nehmen, mich mit dem gewöhnlichen Gefolge wieder
nach meinem Gaſthof zurück zu bringen, wo, als ich
fortfuhr, ein furchtbares Hurrah erſchallte, und meh-
rere der Jüngeren beiderlei Geſchlechts mich nicht
eher verließen, als bis es ihrer Lunge unmöglich
wurde, es den Pferden länger gleich zu thun. Auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0224" n="208"/>
&#x017F;tange hat, &#x017F;ich im Gleichgewicht erhält. Eine Art<lb/>
Spaten von den Süd&#x017F;ee-In&#x017F;eln war &#x017F;o &#x017F;chön ge-<lb/>
&#x017F;chnitzt, daß kein Londner Kün&#x017F;tler es be&#x017F;&#x017F;er machen<lb/>
könnte. Die Ver&#x017F;teinerungen aller Art, &#x017F;owohl von<lb/>
noch exi&#x017F;tirenden als antediluviani&#x017F;chen Thieren und<lb/>
Pflanzen, &#x017F;ind außerordentlich zahlreich und &#x017F;chön,<lb/>
und das große, fa&#x017F;t ganz erhaltene ver&#x017F;teinerte Cro-<lb/>
codill (das ich früher &#x017F;chon anführte), i&#x017F;t allerdings<lb/>
einzig in &#x017F;einer Art. Etwas &#x017F;ehr Eigenthümliches<lb/>
war auch eine Conglomeration, die &#x017F;ich durch den<lb/>
Ablauf der Kohlenwerke hier in der Nähe, in einer<lb/>
viereckigen hölzernen Rinne vor vielen Jahren ge-<lb/>
bildet hatte.</p><lb/>
          <p>Man &#x017F;ah nämlich darauf &#x017F;echs &#x017F;chwarze und einen<lb/>
gelben Streifen, wie an einem ange&#x017F;chnittenen Baum-<lb/>
kuchen, fortwährend abwech&#x017F;eln, welches daher ent-<lb/>
&#x017F;tanden i&#x017F;t, daß an den Wochentagen, wo im<lb/>
Werke gearbeitet wurde, der Abfluß von den Kohlen<lb/>
&#x017F;chwarz gefärbt war, am Sonntag aber, dem Ruhe-<lb/>
tag, das Wa&#x017F;&#x017F;er, welches viel Ocker enthält, in &#x017F;einer<lb/>
natürlichen gelblichen Farbe floß. Die&#x017F;e Abwech&#x017F;elung<lb/>
geht mit der größtmöglich&#x017F;ten Regelmäßigkeit &#x017F;ieben<lb/>
Wochen hindurch fort, und bildet jetzt ge&#x017F;chliffen eine<lb/>
&#x017F;ehr nette Zeichnung. Die Herren ließen es &#x017F;ich nicht<lb/>
nehmen, mich mit dem gewöhnlichen Gefolge wieder<lb/>
nach meinem Ga&#x017F;thof zurück zu bringen, wo, als ich<lb/>
fortfuhr, ein furchtbares Hurrah er&#x017F;challte, und meh-<lb/>
rere der Jüngeren beiderlei Ge&#x017F;chlechts mich nicht<lb/>
eher verließen, als bis es ihrer Lunge unmöglich<lb/>
wurde, es den Pferden länger gleich zu thun. Auf<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0224] ſtange hat, ſich im Gleichgewicht erhält. Eine Art Spaten von den Südſee-Inſeln war ſo ſchön ge- ſchnitzt, daß kein Londner Künſtler es beſſer machen könnte. Die Verſteinerungen aller Art, ſowohl von noch exiſtirenden als antediluvianiſchen Thieren und Pflanzen, ſind außerordentlich zahlreich und ſchön, und das große, faſt ganz erhaltene verſteinerte Cro- codill (das ich früher ſchon anführte), iſt allerdings einzig in ſeiner Art. Etwas ſehr Eigenthümliches war auch eine Conglomeration, die ſich durch den Ablauf der Kohlenwerke hier in der Nähe, in einer viereckigen hölzernen Rinne vor vielen Jahren ge- bildet hatte. Man ſah nämlich darauf ſechs ſchwarze und einen gelben Streifen, wie an einem angeſchnittenen Baum- kuchen, fortwährend abwechſeln, welches daher ent- ſtanden iſt, daß an den Wochentagen, wo im Werke gearbeitet wurde, der Abfluß von den Kohlen ſchwarz gefärbt war, am Sonntag aber, dem Ruhe- tag, das Waſſer, welches viel Ocker enthält, in ſeiner natürlichen gelblichen Farbe floß. Dieſe Abwechſelung geht mit der größtmöglichſten Regelmäßigkeit ſieben Wochen hindurch fort, und bildet jetzt geſchliffen eine ſehr nette Zeichnung. Die Herren ließen es ſich nicht nehmen, mich mit dem gewöhnlichen Gefolge wieder nach meinem Gaſthof zurück zu bringen, wo, als ich fortfuhr, ein furchtbares Hurrah erſchallte, und meh- rere der Jüngeren beiderlei Geſchlechts mich nicht eher verließen, als bis es ihrer Lunge unmöglich wurde, es den Pferden länger gleich zu thun. Auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/224
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/224>, abgerufen am 04.05.2024.