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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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man unverhältnißmäßige Opfer für ihre Hinwegschaf-
fung oder neue Acquisitionen brächte.

Meine Pferde sind heute glücklich abgesegelt, wie-
wohl sich der schöne Hyperion wie wahnsinnig dabei
anstellte, und den Kasten, in den er gesperrt war,
nebst den eisernen Schienen, den Halftern und Rie-
men, alles wie Glas zersprengte. Er wäre bei ei-
nem Haar ins Meer gefallen, und wird unterwegs
wahrscheinlich noch manche Noth machen, obschon wir
ihn wie ein wildes Thier gebunden haben. Man
kann es übrigens den armen Geschöpfen nicht verden-
ken, daß ihnen angst wird, wenn der große Krahn
sie wie ein Riesenarm ergreift und im weiten Bogen
in der Luft vom Quai über's Wasser in das Schiff
versetzt. Manche leiden es indeß mit der größten
Ruhe, denn auch unter den Pferden giebt es Stoiker.

Es hielte mich nun eigentlich nichts mehr in London
auf, aber Lady R ... ist hier, und allein, und so an-
ziehend! Einer solchen Freundin aus dem Wege zu
gehen, wäre Unrecht, um so mehr, da ich nicht daran
denke, in sie verliebt zu seyn. Aber ist nicht auch
die wirkliche, bloße Freundschaft einer schönen Frau
etwas sehr Süßes? Ich habe gefunden, daß sich viele
Männer alle Verhältnisse verderben, weil sie sich im
nähern Verkehr mit Weibern immer sogleich verbun-
den glauben, die Verliebten zu spielen, und dadurch
die Frau, mit der sie zu thun haben, von Hause aus
sur le qui vive setzen, und die allmählige, rücksichts-
lose Vertraulichkeit und Unbefangenheit verhindern,

man unverhältnißmäßige Opfer für ihre Hinwegſchaf-
fung oder neue Acquiſitionen brächte.

Meine Pferde ſind heute glücklich abgeſegelt, wie-
wohl ſich der ſchöne Hyperion wie wahnſinnig dabei
anſtellte, und den Kaſten, in den er geſperrt war,
nebſt den eiſernen Schienen, den Halftern und Rie-
men, alles wie Glas zerſprengte. Er wäre bei ei-
nem Haar ins Meer gefallen, und wird unterwegs
wahrſcheinlich noch manche Noth machen, obſchon wir
ihn wie ein wildes Thier gebunden haben. Man
kann es übrigens den armen Geſchöpfen nicht verden-
ken, daß ihnen angſt wird, wenn der große Krahn
ſie wie ein Rieſenarm ergreift und im weiten Bogen
in der Luft vom Quai über’s Waſſer in das Schiff
verſetzt. Manche leiden es indeß mit der größten
Ruhe, denn auch unter den Pferden giebt es Stoiker.

Es hielte mich nun eigentlich nichts mehr in London
auf, aber Lady R … iſt hier, und allein, und ſo an-
ziehend! Einer ſolchen Freundin aus dem Wege zu
gehen, wäre Unrecht, um ſo mehr, da ich nicht daran
denke, in ſie verliebt zu ſeyn. Aber iſt nicht auch
die wirkliche, bloße Freundſchaft einer ſchönen Frau
etwas ſehr Süßes? Ich habe gefunden, daß ſich viele
Männer alle Verhältniſſe verderben, weil ſie ſich im
nähern Verkehr mit Weibern immer ſogleich verbun-
den glauben, die Verliebten zu ſpielen, und dadurch
die Frau, mit der ſie zu thun haben, von Hauſe aus
sur le qui vive ſetzen, und die allmählige, rückſichts-
loſe Vertraulichkeit und Unbefangenheit verhindern,

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[167/0183] man unverhältnißmäßige Opfer für ihre Hinwegſchaf- fung oder neue Acquiſitionen brächte. Meine Pferde ſind heute glücklich abgeſegelt, wie- wohl ſich der ſchöne Hyperion wie wahnſinnig dabei anſtellte, und den Kaſten, in den er geſperrt war, nebſt den eiſernen Schienen, den Halftern und Rie- men, alles wie Glas zerſprengte. Er wäre bei ei- nem Haar ins Meer gefallen, und wird unterwegs wahrſcheinlich noch manche Noth machen, obſchon wir ihn wie ein wildes Thier gebunden haben. Man kann es übrigens den armen Geſchöpfen nicht verden- ken, daß ihnen angſt wird, wenn der große Krahn ſie wie ein Rieſenarm ergreift und im weiten Bogen in der Luft vom Quai über’s Waſſer in das Schiff verſetzt. Manche leiden es indeß mit der größten Ruhe, denn auch unter den Pferden giebt es Stoiker. Es hielte mich nun eigentlich nichts mehr in London auf, aber Lady R … iſt hier, und allein, und ſo an- ziehend! Einer ſolchen Freundin aus dem Wege zu gehen, wäre Unrecht, um ſo mehr, da ich nicht daran denke, in ſie verliebt zu ſeyn. Aber iſt nicht auch die wirkliche, bloße Freundſchaft einer ſchönen Frau etwas ſehr Süßes? Ich habe gefunden, daß ſich viele Männer alle Verhältniſſe verderben, weil ſie ſich im nähern Verkehr mit Weibern immer ſogleich verbun- den glauben, die Verliebten zu ſpielen, und dadurch die Frau, mit der ſie zu thun haben, von Hauſe aus sur le qui vive ſetzen, und die allmählige, rückſichts- loſe Vertraulichkeit und Unbefangenheit verhindern,

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/183>, abgerufen am 24.11.2024.