Was Du von H. sagst: "qu'il se sent miserable, parcequ'il n'est fier que par orgeuil, et liberal que par bassesse," ist schlagend, und es wird leider auf gar zu viele Liberale passen!
Ich schrieb Dir in der bewußten Angelegenheit, Du möchtest dabei nur an Dich selbst denken, und Du erwiederst: Ich wäre ja Dein Selbst. Du Gute! ja ein Selbst werden wir bleiben, wo wir auch sind, und hätten die Menschen Schutzgeister, die unsern müßten gemeinschaftlich wirken -- aber es gibt hier wohl keinen andern Schutzgeist, als die moralische Kraft, welche in uns selbst liegt!
Und in M.. sieht es so traurig aus? Es stürmt, schreibst Du, und die Gewässer drohen Verderben! Doch seitdem sind 14 Tage verflossen, und ehe dieser Brief bei Dir ankömmt, schon 4 Wochen -- ich darf also hoffen, Du liesest ihn im Grünen, wo Alles um Dich blüht und der Zephyr fächelt, statt dem Heulen des häßlichen Sturms. Ich sagte meinem alten B.. dt: in M. wären abscheuliche Stürme. "Ja, ja," erwiederte er, "das sind die von Brighton." Wenn Du das gewußt hättest, liebe Julie, so wären sie Dir gewiß angenehmer vorgekommen; sie brachten Dir ja die jüngsten Nachrichten von Deinem Freunde. Wer doch mit ihnen segeln könnte!
Unserm verehrten Premier bitte ich, meinen innig- sten Dank zu Füßen zu legen. Wären doch alle unsers Standes ihm gleich, wie viel populairer würde dieser seyn, wären doch alle Minister überall so edel
Was Du von H. ſagſt: „qu’il se sent misérable, parcequ’il n’est fier que par orgeuil, et liberal que par bassesse,“ iſt ſchlagend, und es wird leider auf gar zu viele Liberale paſſen!
Ich ſchrieb Dir in der bewußten Angelegenheit, Du möchteſt dabei nur an Dich ſelbſt denken, und Du erwiederſt: Ich wäre ja Dein Selbſt. Du Gute! ja ein Selbſt werden wir bleiben, wo wir auch ſind, und hätten die Menſchen Schutzgeiſter, die unſern müßten gemeinſchaftlich wirken — aber es gibt hier wohl keinen andern Schutzgeiſt, als die moraliſche Kraft, welche in uns ſelbſt liegt!
Und in M.. ſieht es ſo traurig aus? Es ſtürmt, ſchreibſt Du, und die Gewäſſer drohen Verderben! Doch ſeitdem ſind 14 Tage verfloſſen, und ehe dieſer Brief bei Dir ankömmt, ſchon 4 Wochen — ich darf alſo hoffen, Du lieſeſt ihn im Grünen, wo Alles um Dich blüht und der Zephyr fächelt, ſtatt dem Heulen des häßlichen Sturms. Ich ſagte meinem alten B.. dt: in M. wären abſcheuliche Stürme. „Ja, ja,“ erwiederte er, „das ſind die von Brighton.“ Wenn Du das gewußt hätteſt, liebe Julie, ſo wären ſie Dir gewiß angenehmer vorgekommen; ſie brachten Dir ja die jüngſten Nachrichten von Deinem Freunde. Wer doch mit ihnen ſegeln könnte!
Unſerm verehrten Premier bitte ich, meinen innig- ſten Dank zu Füßen zu legen. Wären doch alle unſers Standes ihm gleich, wie viel populairer würde dieſer ſeyn, wären doch alle Miniſter überall ſo edel
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Was Du von H. ſagſt: „qu’il se sent misérable,
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que par bassesse,“ iſt ſchlagend, und es wird leider
auf gar zu viele Liberale paſſen!
Ich ſchrieb Dir in der bewußten Angelegenheit,
Du möchteſt dabei nur an Dich ſelbſt denken, und
Du erwiederſt: Ich wäre ja Dein Selbſt. Du
Gute! ja ein Selbſt werden wir bleiben, wo wir
auch ſind, und hätten die Menſchen Schutzgeiſter,
die unſern müßten gemeinſchaftlich wirken — aber
es gibt hier wohl keinen andern Schutzgeiſt, als die
moraliſche Kraft, welche in uns ſelbſt liegt!
Und in M.. ſieht es ſo traurig aus? Es ſtürmt,
ſchreibſt Du, und die Gewäſſer drohen Verderben!
Doch ſeitdem ſind 14 Tage verfloſſen, und ehe dieſer
Brief bei Dir ankömmt, ſchon 4 Wochen — ich darf
alſo hoffen, Du lieſeſt ihn im Grünen, wo Alles um
Dich blüht und der Zephyr fächelt, ſtatt dem Heulen
des häßlichen Sturms. Ich ſagte meinem alten
B.. dt: in M. wären abſcheuliche Stürme. „Ja,
ja,“ erwiederte er, „das ſind die von Brighton.“ Wenn
Du das gewußt hätteſt, liebe Julie, ſo wären ſie
Dir gewiß angenehmer vorgekommen; ſie brachten
Dir ja die jüngſten Nachrichten von Deinem Freunde.
Wer doch mit ihnen ſegeln könnte!
Unſerm verehrten Premier bitte ich, meinen innig-
ſten Dank zu Füßen zu legen. Wären doch alle
unſers Standes ihm gleich, wie viel populairer würde
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/18>, abgerufen am 24.11.2024.
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