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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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incurablen Narren, kostet ihm seine Freiheit, und
verdammt ihn für sein Leben zur Gesellschaft der
gemeinsten Wahnsinnigen! Was ist doch der un-
glückliche Mensch im Conflict mit physischen Uebeln,
und wo ist dann die Freiheit des Willens!

Spaßhafter war ein fremder Narr, ein deutscher
Pedant und Reisebeschreiber, der sich mit anschloß,
um das Haus zu besehen, wo er eigentlich hinein
gehörte. Er konnte mit seinen Noten kaum fertig
werden. Jeden der Eingesperrten redete er weit-
schweifig an, und brachte sogleich seine Antwort sorg-
fältig zu Papier, ohngeachtet sie manchmal nicht die
artigste für ihn war. Kaum hatte er meine Unter-
redung mit B. G. bemerkt, als er auf mich zustürzte,
und dringend bat, ihm doch mitzutheilen, was der
Herr, wie er bemerkt, in mein Taschenbuch geschrie-
ben. Ich erzählte ihm kurz die Geschichte. O vor-
trefflich, höchst merkwürdig, rief er, vielleicht dennoch
wirklich ein Verwandter der Stuarts. B. G. -- ich
muß deshalb gleich nachschlagen, vielleicht ein Staats-
geheimniß, wer kann wissen? Ist er in der That
ein Verwandter, wie sehr ist seine Narrheit zu ent-
schuldigen! Sehr merkwürdig, ein reicher Stoff, ich
empfehle mich unterthänigst, und damit stolperte er
so tölpisch, so unbeholfen, albern, und doch so mit sich
selbst zufrieden von dannen, daß man sich fast ver-
wunderte, ihn nicht gleich wieder einfangen zu sehen.
Beim Zuhausefahren begegneten mir abermals eine
Menge Leichenzüge, was freilich in einem Gouffre
wie London, wo der Tod immerwährend hart arbei-

incurablen Narren, koſtet ihm ſeine Freiheit, und
verdammt ihn für ſein Leben zur Geſellſchaft der
gemeinſten Wahnſinnigen! Was iſt doch der un-
glückliche Menſch im Conflict mit phyſiſchen Uebeln,
und wo iſt dann die Freiheit des Willens!

Spaßhafter war ein fremder Narr, ein deutſcher
Pedant und Reiſebeſchreiber, der ſich mit anſchloß,
um das Haus zu beſehen, wo er eigentlich hinein
gehörte. Er konnte mit ſeinen Noten kaum fertig
werden. Jeden der Eingeſperrten redete er weit-
ſchweifig an, und brachte ſogleich ſeine Antwort ſorg-
fältig zu Papier, ohngeachtet ſie manchmal nicht die
artigſte für ihn war. Kaum hatte er meine Unter-
redung mit B. G. bemerkt, als er auf mich zuſtürzte,
und dringend bat, ihm doch mitzutheilen, was der
Herr, wie er bemerkt, in mein Taſchenbuch geſchrie-
ben. Ich erzählte ihm kurz die Geſchichte. O vor-
trefflich, höchſt merkwürdig, rief er, vielleicht dennoch
wirklich ein Verwandter der Stuarts. B. G. — ich
muß deshalb gleich nachſchlagen, vielleicht ein Staats-
geheimniß, wer kann wiſſen? Iſt er in der That
ein Verwandter, wie ſehr iſt ſeine Narrheit zu ent-
ſchuldigen! Sehr merkwürdig, ein reicher Stoff, ich
empfehle mich unterthänigſt, und damit ſtolperte er
ſo tölpiſch, ſo unbeholfen, albern, und doch ſo mit ſich
ſelbſt zufrieden von dannen, daß man ſich faſt ver-
wunderte, ihn nicht gleich wieder einfangen zu ſehen.
Beim Zuhauſefahren begegneten mir abermals eine
Menge Leichenzüge, was freilich in einem Gouffre
wie London, wo der Tod immerwährend hart arbei-

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[109/0125] incurablen Narren, koſtet ihm ſeine Freiheit, und verdammt ihn für ſein Leben zur Geſellſchaft der gemeinſten Wahnſinnigen! Was iſt doch der un- glückliche Menſch im Conflict mit phyſiſchen Uebeln, und wo iſt dann die Freiheit des Willens! Spaßhafter war ein fremder Narr, ein deutſcher Pedant und Reiſebeſchreiber, der ſich mit anſchloß, um das Haus zu beſehen, wo er eigentlich hinein gehörte. Er konnte mit ſeinen Noten kaum fertig werden. Jeden der Eingeſperrten redete er weit- ſchweifig an, und brachte ſogleich ſeine Antwort ſorg- fältig zu Papier, ohngeachtet ſie manchmal nicht die artigſte für ihn war. Kaum hatte er meine Unter- redung mit B. G. bemerkt, als er auf mich zuſtürzte, und dringend bat, ihm doch mitzutheilen, was der Herr, wie er bemerkt, in mein Taſchenbuch geſchrie- ben. Ich erzählte ihm kurz die Geſchichte. O vor- trefflich, höchſt merkwürdig, rief er, vielleicht dennoch wirklich ein Verwandter der Stuarts. B. G. — ich muß deshalb gleich nachſchlagen, vielleicht ein Staats- geheimniß, wer kann wiſſen? Iſt er in der That ein Verwandter, wie ſehr iſt ſeine Narrheit zu ent- ſchuldigen! Sehr merkwürdig, ein reicher Stoff, ich empfehle mich unterthänigſt, und damit ſtolperte er ſo tölpiſch, ſo unbeholfen, albern, und doch ſo mit ſich ſelbſt zufrieden von dannen, daß man ſich faſt ver- wunderte, ihn nicht gleich wieder einfangen zu ſehen. Beim Zuhauſefahren begegneten mir abermals eine Menge Leichenzüge, was freilich in einem Gouffre wie London, wo der Tod immerwährend hart arbei-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/125>, abgerufen am 24.11.2024.