Ueber so viele Fehler tröstet mich schlecht die große bosse des Causalitäts-Organs, welches uns unter andern zwingt, die Unzulänglichkeit der mensch- lichen Existenz immer recht bitter vor Augen zu be- halten, indem es das Vermögen ausübt, sich selbst und den eignen Geist als ein Fremdes zu betrachten und zu analysiren, sich zugleich mit den andern Men- schen als ein Objekt zu beurtheilen, und dabei will- kürlich von allem zu abstrahiren, was durch Erzie- hung, Schicksal u. s. w. auf diese Wesen Einfluß gehabt hat und noch hat -- oder um schulgerechter zu sprechen: welches von allem die Ursache ergründen will, die Verbindung zwischen Ursach und Wirkung genau erforscht, und bei Allem den Menschen zu fra- gen zwingt: Warum? eine ... lästige Eigen- schaft, die man auch im gewöhnlichen Leben Ver- nunft zu nennen pflegt.
Leider ist Eventualität bei mir weit schwächer, als jenes Organ. Dieses, welches man das Reali- tätsvermögen nennen könnte, ist ebenfalls ziemlich schwer zu definiren, und sein geringes Volumen bei mir verurtheilt mich, wie ich fürchte, zu einer Art Poeten, der nur im Traume sehen und leben darf, was er in der Welt selbst nicht erreichen kann.
Eventualität ist nicht Thatkraft, obgleich ihr Mangel eine auf denselben Zweck fortwährend ge- richtete Thatkraft verhindert, denn wo sie nicht ist, entsteht eine Abwesenheit des Interesses und der Auf- merksamkeit auf das was geschieht, ein Mangel des praktischen Gesellschaftssinnes. Man hat bemerkt,
Ueber ſo viele Fehler tröſtet mich ſchlecht die große bosse des Cauſalitäts-Organs, welches uns unter andern zwingt, die Unzulänglichkeit der menſch- lichen Exiſtenz immer recht bitter vor Augen zu be- halten, indem es das Vermögen ausübt, ſich ſelbſt und den eignen Geiſt als ein Fremdes zu betrachten und zu analyſiren, ſich zugleich mit den andern Men- ſchen als ein Objekt zu beurtheilen, und dabei will- kürlich von allem zu abſtrahiren, was durch Erzie- hung, Schickſal u. ſ. w. auf dieſe Weſen Einfluß gehabt hat und noch hat — oder um ſchulgerechter zu ſprechen: welches von allem die Urſache ergründen will, die Verbindung zwiſchen Urſach und Wirkung genau erforſcht, und bei Allem den Menſchen zu fra- gen zwingt: Warum? eine … läſtige Eigen- ſchaft, die man auch im gewöhnlichen Leben Ver- nunft zu nennen pflegt.
Leider iſt Eventualität bei mir weit ſchwächer, als jenes Organ. Dieſes, welches man das Reali- tätsvermögen nennen könnte, iſt ebenfalls ziemlich ſchwer zu definiren, und ſein geringes Volumen bei mir verurtheilt mich, wie ich fürchte, zu einer Art Poeten, der nur im Traume ſehen und leben darf, was er in der Welt ſelbſt nicht erreichen kann.
Eventualität iſt nicht Thatkraft, obgleich ihr Mangel eine auf denſelben Zweck fortwährend ge- richtete Thatkraft verhindert, denn wo ſie nicht iſt, entſteht eine Abweſenheit des Intereſſes und der Auf- merkſamkeit auf das was geſchieht, ein Mangel des praktiſchen Geſellſchaftsſinnes. Man hat bemerkt,
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Ueber ſo viele Fehler tröſtet mich ſchlecht die
große bosse des Cauſalitäts-Organs, welches uns
unter andern zwingt, die Unzulänglichkeit der menſch-
lichen Exiſtenz immer recht bitter vor Augen zu be-
halten, indem es das Vermögen ausübt, ſich ſelbſt
und den eignen Geiſt als ein Fremdes zu betrachten
und zu analyſiren, ſich zugleich mit den andern Men-
ſchen als ein Objekt zu beurtheilen, und dabei will-
kürlich von allem zu abſtrahiren, was durch Erzie-
hung, Schickſal u. ſ. w. auf dieſe Weſen Einfluß
gehabt hat und noch hat — oder um ſchulgerechter
zu ſprechen: welches von allem die Urſache ergründen
will, die Verbindung zwiſchen Urſach und Wirkung
genau erforſcht, und bei Allem den Menſchen zu fra-
gen zwingt: Warum? eine … läſtige Eigen-
ſchaft, die man auch im gewöhnlichen Leben Ver-
nunft zu nennen pflegt.
Leider iſt Eventualität bei mir weit ſchwächer,
als jenes Organ. Dieſes, welches man das Reali-
tätsvermögen nennen könnte, iſt ebenfalls ziemlich
ſchwer zu definiren, und ſein geringes Volumen bei
mir verurtheilt mich, wie ich fürchte, zu einer Art
Poeten, der nur im Traume ſehen und leben darf,
was er in der Welt ſelbſt nicht erreichen kann.
Eventualität iſt nicht Thatkraft, obgleich ihr
Mangel eine auf denſelben Zweck fortwährend ge-
richtete Thatkraft verhindert, denn wo ſie nicht iſt,
entſteht eine Abweſenheit des Intereſſes und der Auf-
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/104>, abgerufen am 24.11.2024.
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