Zwei vortreffliche Albert Dürer, ein Schwesterpaar weiblicher Heiligen in phantastischer Landschaft dar- stellend, zogen mich besonders durch ihren originell deutschen Charakter an. Es sind zwei ächte Nürn- berger Hausfrauen, mit ihren vaterländischen Hauben angethan, und nach der Natur aufgefaßt, gutmüthig und geschäftig ihr Heiligenamt verrichtend. Ein Bild Luthers von Holbein verräth mehr Geist, und ist we- niger fett als gewöhnlich.
Bemerkenswerth ist noch ein Bild von van Dyk, den Herzog von Vieurville vorstellend, dem Gesandten Frankreichs bei Carl I., der mit chevalereskem Geiste den König auch in die Schlacht begleitete, und bei Newbury getödtet wurde. Die Tracht ist sonderbar, aber doch malerisch. Ein weißer juste-au-corps a la Henri quatre, mit einem schwarzen Mantel darüber, weite kurze schwarze Beinkleider über die Knie fal- lend, mit silbernen Metallspitzen daran, hellviolette Strümpfe mit goldenen Zwickeln, und weiße Schuhe mit goldenen Rosen. Auf dem Mantel ist der Stern des heiligen Geistes, viermal größer als jetzt üblich, gestickt und das blaue Band wird noch en sautoir, aber länger herunterhängend und bereits ähnlich der heutigen Mode, mit dem Kreuze seitwärts getragen. Dieses hängt fast unter dem Arm, schmaler und klei- ner als jetzt, an dem großen Bande.
Den Duc de Guise hätte ich mir anders vorgestellt, ein blasses Gesicht mit röthlichem Bart und Haar, mehr intriguant als großartig aussehend. Dem Cha-
Zwei vortreffliche Albert Dürer, ein Schweſterpaar weiblicher Heiligen in phantaſtiſcher Landſchaft dar- ſtellend, zogen mich beſonders durch ihren originell deutſchen Charakter an. Es ſind zwei ächte Nürn- berger Hausfrauen, mit ihren vaterländiſchen Hauben angethan, und nach der Natur aufgefaßt, gutmüthig und geſchäftig ihr Heiligenamt verrichtend. Ein Bild Luthers von Holbein verräth mehr Geiſt, und iſt we- niger fett als gewöhnlich.
Bemerkenswerth iſt noch ein Bild von van Dyk, den Herzog von Vieurville vorſtellend, dem Geſandten Frankreichs bei Carl I., der mit chevalereskem Geiſte den König auch in die Schlacht begleitete, und bei Newbury getödtet wurde. Die Tracht iſt ſonderbar, aber doch maleriſch. Ein weißer juste-au-corps à la Henri quatre, mit einem ſchwarzen Mantel darüber, weite kurze ſchwarze Beinkleider über die Knie fal- lend, mit ſilbernen Metallſpitzen daran, hellviolette Strümpfe mit goldenen Zwickeln, und weiße Schuhe mit goldenen Roſen. Auf dem Mantel iſt der Stern des heiligen Geiſtes, viermal größer als jetzt üblich, geſtickt und das blaue Band wird noch en sautoir, aber länger herunterhängend und bereits ähnlich der heutigen Mode, mit dem Kreuze ſeitwärts getragen. Dieſes hängt faſt unter dem Arm, ſchmaler und klei- ner als jetzt, an dem großen Bande.
Den Duc de Guiſe hätte ich mir anders vorgeſtellt, ein blaſſes Geſicht mit röthlichem Bart und Haar, mehr intriguant als großartig ausſehend. Dem Cha-
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Zwei vortreffliche Albert Dürer, ein Schweſterpaar
weiblicher Heiligen in phantaſtiſcher Landſchaft dar-
ſtellend, zogen mich beſonders durch ihren originell
deutſchen Charakter an. Es ſind zwei ächte Nürn-
berger Hausfrauen, mit ihren vaterländiſchen Hauben
angethan, und nach der Natur aufgefaßt, gutmüthig
und geſchäftig ihr Heiligenamt verrichtend. Ein Bild
Luthers von Holbein verräth mehr Geiſt, und iſt we-
niger fett als gewöhnlich.
Bemerkenswerth iſt noch ein Bild von van Dyk, den
Herzog von Vieurville vorſtellend, dem Geſandten
Frankreichs bei Carl I., der mit chevalereskem Geiſte
den König auch in die Schlacht begleitete, und bei
Newbury getödtet wurde. Die Tracht iſt ſonderbar,
aber doch maleriſch. Ein weißer juste-au-corps à la
Henri quatre, mit einem ſchwarzen Mantel darüber,
weite kurze ſchwarze Beinkleider über die Knie fal-
lend, mit ſilbernen Metallſpitzen daran, hellviolette
Strümpfe mit goldenen Zwickeln, und weiße Schuhe
mit goldenen Roſen. Auf dem Mantel iſt der Stern
des heiligen Geiſtes, viermal größer als jetzt üblich,
geſtickt und das blaue Band wird noch en sautoir,
aber länger herunterhängend und bereits ähnlich der
heutigen Mode, mit dem Kreuze ſeitwärts getragen.
Dieſes hängt faſt unter dem Arm, ſchmaler und klei-
ner als jetzt, an dem großen Bande.
Den Duc de Guiſe hätte ich mir anders vorgeſtellt,
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/346>, abgerufen am 22.11.2024.
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