etwas offner Platz mit schönen, einzeln durch den Wald gehauenen Prospekten.
Nicht weit davon, hinter sehr hohen Bäumen, steht eine Säule von 120 Fuß Höhe, dem Stifter der Fa- milie des Besitzers gewidmet, einem Londner Kauf- mann und Lord Mayor von London zur Zeit Hein- rich des III., dessen Statur die Säule krönt. Eine bequeme Wendeltreppe führt im Innern des thurm- artigen Gebäudes bis auf die Spitze, von wo man eben das früher beschriebene Panorama der 15 Graf- schaften staunend überblickt. Durch immer wildere Felsenschluchten gelangt man von hier, in tiefster Ein- samkeit, zu einer lieblichen Cottage, am Ende eines freundlichen Wiesenthals gelegen, wo früher mehrere seltne Thiere und Vögel gehalten wurden, die jedoch jetzt nur noch ausgestopft ein Zimmer der Hütte be- wohnen. Als die dort als Aufseherin angestellte junge Person sie uns zeigte, bediente sie sich der lächerlichen Phrase: Alle diese Thiere, die Sie hier sehen, pfleg- ten sonst zu leben (used to live before). Das Ge- wächshaus, von Felsenstücken und Baumästen aufgebaut, so wie den gothischen Thurm, eine Art Lusthaus, übergehe ich, und geleite Dich wieder einen langen, langen Weg erst durch Wald, dann über Wiesenhügel und durch eine schmale Schlucht, hierauf wieder mühsam einen Berg hinan, zu der prachtvollen Ruine, dem schauerlich gelegnen rothen Schloß. Weithin erstrecken sich die verwitterten Mauern und in den Felsen gehauenen Wälle dieser Burg, zu deren Innern man nur durch einen zwei
etwas offner Platz mit ſchönen, einzeln durch den Wald gehauenen Proſpekten.
Nicht weit davon, hinter ſehr hohen Bäumen, ſteht eine Säule von 120 Fuß Höhe, dem Stifter der Fa- milie des Beſitzers gewidmet, einem Londner Kauf- mann und Lord Mayor von London zur Zeit Hein- rich des III., deſſen Statur die Säule krönt. Eine bequeme Wendeltreppe führt im Innern des thurm- artigen Gebäudes bis auf die Spitze, von wo man eben das früher beſchriebene Panorama der 15 Graf- ſchaften ſtaunend überblickt. Durch immer wildere Felſenſchluchten gelangt man von hier, in tiefſter Ein- ſamkeit, zu einer lieblichen Cottage, am Ende eines freundlichen Wieſenthals gelegen, wo früher mehrere ſeltne Thiere und Vögel gehalten wurden, die jedoch jetzt nur noch ausgeſtopft ein Zimmer der Hütte be- wohnen. Als die dort als Aufſeherin angeſtellte junge Perſon ſie uns zeigte, bediente ſie ſich der lächerlichen Phraſe: Alle dieſe Thiere, die Sie hier ſehen, pfleg- ten ſonſt zu leben (used to live before). Das Ge- wächshaus, von Felſenſtücken und Baumäſten aufgebaut, ſo wie den gothiſchen Thurm, eine Art Luſthaus, übergehe ich, und geleite Dich wieder einen langen, langen Weg erſt durch Wald, dann über Wieſenhügel und durch eine ſchmale Schlucht, hierauf wieder mühſam einen Berg hinan, zu der prachtvollen Ruine, dem ſchauerlich gelegnen rothen Schloß. Weithin erſtrecken ſich die verwitterten Mauern und in den Felſen gehauenen Wälle dieſer Burg, zu deren Innern man nur durch einen zwei
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etwas offner Platz mit ſchönen, einzeln durch den
Wald gehauenen Proſpekten.
Nicht weit davon, hinter ſehr hohen Bäumen, ſteht
eine Säule von 120 Fuß Höhe, dem Stifter der Fa-
milie des Beſitzers gewidmet, einem Londner Kauf-
mann und Lord Mayor von London zur Zeit Hein-
rich des III., deſſen Statur die Säule krönt. Eine
bequeme Wendeltreppe führt im Innern des thurm-
artigen Gebäudes bis auf die Spitze, von wo man
eben das früher beſchriebene Panorama der 15 Graf-
ſchaften ſtaunend überblickt. Durch immer wildere
Felſenſchluchten gelangt man von hier, in tiefſter Ein-
ſamkeit, zu einer lieblichen Cottage, am Ende eines
freundlichen Wieſenthals gelegen, wo früher mehrere
ſeltne Thiere und Vögel gehalten wurden, die jedoch
jetzt nur noch ausgeſtopft ein Zimmer der Hütte be-
wohnen. Als die dort als Aufſeherin angeſtellte junge
Perſon ſie uns zeigte, bediente ſie ſich der lächerlichen
Phraſe: Alle dieſe Thiere, die Sie hier ſehen, pfleg-
ten ſonſt zu leben (used to live before). Das Ge-
wächshaus, von Felſenſtücken und Baumäſten
aufgebaut, ſo wie den gothiſchen Thurm, eine
Art Luſthaus, übergehe ich, und geleite Dich wieder
einen langen, langen Weg erſt durch Wald, dann
über Wieſenhügel und durch eine ſchmale Schlucht,
hierauf wieder mühſam einen Berg hinan, zu der
prachtvollen Ruine, dem ſchauerlich gelegnen rothen
Schloß. Weithin erſtrecken ſich die verwitterten
Mauern und in den Felſen gehauenen Wälle dieſer
Burg, zu deren Innern man nur durch einen zwei
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/307>, abgerufen am 22.11.2024.
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