Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

fortgeschritten, so wurde diese, wenn gleich auf andre
Weise, fast noch in den Zimmern überboten. Ich
glaubte mich völlig in versunkene Jahrhunderte ver-
setzt, als ich in die gigantische baronial hall trat,
ganz wie sie Walter Scott beschreibt, die Wände mit
geschnitzten Cederholz getäfelt, mit allen Arten rit-
terlicher Waffen angefüllt, geräumig genug um alle
Vasallen auf einmal zu speisen, und ich dann vor
mir einen Camin aus Marmor erblickte, in dem ich
ganz bequem mit dem Hute auf dem Kopf, noch ne-
ben dem Feuer stehen konnte, das auf einem 300
Jahre alten eisernen, seltsam gestalteten Roste, von
der Form eines Korbes, wie ein Scheiterhaufen auf-
loderte. Seitwärts war, der alten Sitte getreu, auf
einer Unterlage, gleichfalls von Cedernholz, mitten
auf dem steinernen Fußboden, den nur zum Theil
verschlossene hautelisse Teppiche deckten, eine Klafter
ungespaltenes Eichenholz aufgeschichtet. Durch einen
in braun gekleideten Diener, dessen Tracht, mit gold-
nen Kniegürteln, Achselschnüren und Besatz hinläng-
lich alterthümlich aussah, wurde von Zeit zu Zeit
dem mächtigen Feuer, vermöge eines drei Fuß lan-
gen Klotzes, neue Nahrung gegeben. Hier war über-
all der Unterschied zwischen der ächten alten Feudal-
größe, und der nur in moderner Spielerei nachge-
ahmten eben so schlagend, als zwischen den bemoos-
ten Trümmern der verwitterten Burg auf ihrer Fel-
senspitze, und der gestern aufgebauten Ruine im Lust-
garten eines reich gewordnen Lieferanten. Fast alles
in den Zimmer war alt, prächtig und originell, nir-

fortgeſchritten, ſo wurde dieſe, wenn gleich auf andre
Weiſe, faſt noch in den Zimmern überboten. Ich
glaubte mich völlig in verſunkene Jahrhunderte ver-
ſetzt, als ich in die gigantiſche baronial hall trat,
ganz wie ſie Walter Scott beſchreibt, die Wände mit
geſchnitzten Cederholz getäfelt, mit allen Arten rit-
terlicher Waffen angefüllt, geräumig genug um alle
Vaſallen auf einmal zu ſpeiſen, und ich dann vor
mir einen Camin aus Marmor erblickte, in dem ich
ganz bequem mit dem Hute auf dem Kopf, noch ne-
ben dem Feuer ſtehen konnte, das auf einem 300
Jahre alten eiſernen, ſeltſam geſtalteten Roſte, von
der Form eines Korbes, wie ein Scheiterhaufen auf-
loderte. Seitwärts war, der alten Sitte getreu, auf
einer Unterlage, gleichfalls von Cedernholz, mitten
auf dem ſteinernen Fußboden, den nur zum Theil
verſchloſſene hautelisse Teppiche deckten, eine Klafter
ungeſpaltenes Eichenholz aufgeſchichtet. Durch einen
in braun gekleideten Diener, deſſen Tracht, mit gold-
nen Kniegürteln, Achſelſchnüren und Beſatz hinläng-
lich alterthümlich ausſah, wurde von Zeit zu Zeit
dem mächtigen Feuer, vermöge eines drei Fuß lan-
gen Klotzes, neue Nahrung gegeben. Hier war über-
all der Unterſchied zwiſchen der ächten alten Feudal-
größe, und der nur in moderner Spielerei nachge-
ahmten eben ſo ſchlagend, als zwiſchen den bemoos-
ten Trümmern der verwitterten Burg auf ihrer Fel-
ſenſpitze, und der geſtern aufgebauten Ruine im Luſt-
garten eines reich gewordnen Lieferanten. Faſt alles
in den Zimmer war alt, prächtig und originell, nir-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0275" n="229"/>
fortge&#x017F;chritten, &#x017F;o wurde die&#x017F;e, wenn gleich auf andre<lb/>
Wei&#x017F;e, fa&#x017F;t noch in den Zimmern überboten. Ich<lb/>
glaubte mich völlig in ver&#x017F;unkene Jahrhunderte ver-<lb/>
&#x017F;etzt, als ich in die giganti&#x017F;che <hi rendition="#aq">baronial hall</hi> trat,<lb/>
ganz wie &#x017F;ie Walter Scott be&#x017F;chreibt, die Wände mit<lb/>
ge&#x017F;chnitzten Cederholz getäfelt, mit allen Arten rit-<lb/>
terlicher Waffen angefüllt, geräumig genug um alle<lb/>
Va&#x017F;allen auf einmal zu &#x017F;pei&#x017F;en, und ich dann vor<lb/>
mir einen Camin aus Marmor erblickte, in dem ich<lb/>
ganz bequem mit dem Hute auf dem Kopf, noch ne-<lb/>
ben dem Feuer &#x017F;tehen konnte, das auf einem 300<lb/>
Jahre alten ei&#x017F;ernen, &#x017F;elt&#x017F;am ge&#x017F;talteten Ro&#x017F;te, von<lb/>
der Form eines Korbes, wie ein Scheiterhaufen auf-<lb/>
loderte. Seitwärts war, der alten Sitte getreu, auf<lb/>
einer Unterlage, gleichfalls von Cedernholz, mitten<lb/>
auf dem &#x017F;teinernen Fußboden, den nur zum Theil<lb/>
ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene <hi rendition="#aq">hautelisse</hi> Teppiche deckten, eine Klafter<lb/>
unge&#x017F;paltenes Eichenholz aufge&#x017F;chichtet. Durch einen<lb/>
in braun gekleideten Diener, de&#x017F;&#x017F;en Tracht, mit gold-<lb/>
nen Kniegürteln, Ach&#x017F;el&#x017F;chnüren und Be&#x017F;atz hinläng-<lb/>
lich alterthümlich aus&#x017F;ah, wurde von Zeit zu Zeit<lb/>
dem mächtigen Feuer, vermöge eines drei Fuß lan-<lb/>
gen Klotzes, neue Nahrung gegeben. Hier war über-<lb/>
all der Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen der ächten alten Feudal-<lb/>
größe, und der nur in moderner Spielerei nachge-<lb/>
ahmten eben &#x017F;o &#x017F;chlagend, als zwi&#x017F;chen den bemoos-<lb/>
ten Trümmern der verwitterten Burg auf ihrer Fel-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;pitze, und der ge&#x017F;tern aufgebauten Ruine im Lu&#x017F;t-<lb/>
garten eines reich gewordnen Lieferanten. Fa&#x017F;t alles<lb/>
in den Zimmer war alt, prächtig und originell, nir-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[229/0275] fortgeſchritten, ſo wurde dieſe, wenn gleich auf andre Weiſe, faſt noch in den Zimmern überboten. Ich glaubte mich völlig in verſunkene Jahrhunderte ver- ſetzt, als ich in die gigantiſche baronial hall trat, ganz wie ſie Walter Scott beſchreibt, die Wände mit geſchnitzten Cederholz getäfelt, mit allen Arten rit- terlicher Waffen angefüllt, geräumig genug um alle Vaſallen auf einmal zu ſpeiſen, und ich dann vor mir einen Camin aus Marmor erblickte, in dem ich ganz bequem mit dem Hute auf dem Kopf, noch ne- ben dem Feuer ſtehen konnte, das auf einem 300 Jahre alten eiſernen, ſeltſam geſtalteten Roſte, von der Form eines Korbes, wie ein Scheiterhaufen auf- loderte. Seitwärts war, der alten Sitte getreu, auf einer Unterlage, gleichfalls von Cedernholz, mitten auf dem ſteinernen Fußboden, den nur zum Theil verſchloſſene hautelisse Teppiche deckten, eine Klafter ungeſpaltenes Eichenholz aufgeſchichtet. Durch einen in braun gekleideten Diener, deſſen Tracht, mit gold- nen Kniegürteln, Achſelſchnüren und Beſatz hinläng- lich alterthümlich ausſah, wurde von Zeit zu Zeit dem mächtigen Feuer, vermöge eines drei Fuß lan- gen Klotzes, neue Nahrung gegeben. Hier war über- all der Unterſchied zwiſchen der ächten alten Feudal- größe, und der nur in moderner Spielerei nachge- ahmten eben ſo ſchlagend, als zwiſchen den bemoos- ten Trümmern der verwitterten Burg auf ihrer Fel- ſenſpitze, und der geſtern aufgebauten Ruine im Luſt- garten eines reich gewordnen Lieferanten. Faſt alles in den Zimmer war alt, prächtig und originell, nir-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/275
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/275>, abgerufen am 17.05.2024.