als der kolossale gothisch seyn sollende nonsense. Mit seinen Ställen, Reitbahn, Ballhaus, Statuen und Bildergallerie, Gewächshäusern und Gärten bildet er eine kleine Stadt. Seit 300 Jahren, ein auch in England seltner Fall, vererbte sich diese Besitzung regelmäßig in derselben Familie fort, so daß es auch nicht zu verwundern ist, wie bei einer Million Reve- nüen nach unserm Gelde, ein Zusammenfluß von Pracht hier entstehen konnte, der bei uns die Kräfte jedes Partikuliers übersteigt, um so mehr, da, wäre auch das Geld hie und da in derselben Profusion vor- handen, doch keine seit Jahrhunderten darauf gerich- tete Cultur uns die Mittel zu einem so vollendeten Ganzen des raffinirten Luxus zur Hand läßt.
Das eigentliche Schloß ist ein regelmäßiges Viereck und die bel etage, welches auf dem Lande immer die de plein pied ist, bildet eine ununterbrochene Reihe, das ganze Viereck umschließender Zimmer. Diese Zim- mer sind mit kostbaren Gemälden geschmückt, und außerdem reich in schweren Stoffen meublirt, Decke und Thürembrasuren von weißer Stuckatur mit Gold, oder aus seltnen geschnitzten Hölzern, Alles eben so einfach als gediegen. In dem einen Zimmer war eine merkwürdige Sammlung von Miniatur-Portraits der Familie, vom ersten Russel (der Familienname der Herzöge von Bedford) bis auf den jetzigen Herzog, in ununterbrochener Linie gesammelt. Unter solchen Umständen kann man wohl ein wenig auf seine Fa- milie und seinen Adel stolz seyn.
als der koloſſale gothiſch ſeyn ſollende nonsense. Mit ſeinen Ställen, Reitbahn, Ballhaus, Statuen und Bildergallerie, Gewächshäuſern und Gärten bildet er eine kleine Stadt. Seit 300 Jahren, ein auch in England ſeltner Fall, vererbte ſich dieſe Beſitzung regelmäßig in derſelben Familie fort, ſo daß es auch nicht zu verwundern iſt, wie bei einer Million Reve- nüen nach unſerm Gelde, ein Zuſammenfluß von Pracht hier entſtehen konnte, der bei uns die Kräfte jedes Partikuliers überſteigt, um ſo mehr, da, wäre auch das Geld hie und da in derſelben Profuſion vor- handen, doch keine ſeit Jahrhunderten darauf gerich- tete Cultur uns die Mittel zu einem ſo vollendeten Ganzen des raffinirten Luxus zur Hand läßt.
Das eigentliche Schloß iſt ein regelmäßiges Viereck und die bel etage, welches auf dem Lande immer die de plein pied iſt, bildet eine ununterbrochene Reihe, das ganze Viereck umſchließender Zimmer. Dieſe Zim- mer ſind mit koſtbaren Gemälden geſchmückt, und außerdem reich in ſchweren Stoffen meublirt, Decke und Thürembraſuren von weißer Stuckatur mit Gold, oder aus ſeltnen geſchnitzten Hölzern, Alles eben ſo einfach als gediegen. In dem einen Zimmer war eine merkwürdige Sammlung von Miniatur-Portraits der Familie, vom erſten Ruſſel (der Familienname der Herzöge von Bedford) bis auf den jetzigen Herzog, in ununterbrochener Linie geſammelt. Unter ſolchen Umſtänden kann man wohl ein wenig auf ſeine Fa- milie und ſeinen Adel ſtolz ſeyn.
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als der koloſſale gothiſch ſeyn ſollende nonsense. Mit
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eine kleine Stadt. Seit 300 Jahren, ein auch in
England ſeltner Fall, vererbte ſich dieſe Beſitzung
regelmäßig in derſelben Familie fort, ſo daß es auch
nicht zu verwundern iſt, wie bei einer Million Reve-
nüen nach unſerm Gelde, ein Zuſammenfluß von
Pracht hier entſtehen konnte, der bei uns die Kräfte
jedes Partikuliers überſteigt, um ſo mehr, da, wäre
auch das Geld hie und da in derſelben Profuſion vor-
handen, doch keine ſeit Jahrhunderten darauf gerich-
tete Cultur uns die Mittel zu einem ſo vollendeten
Ganzen des raffinirten Luxus zur Hand läßt.
Das eigentliche Schloß iſt ein regelmäßiges Viereck
und die bel etage, welches auf dem Lande immer die
de plein pied iſt, bildet eine ununterbrochene Reihe,
das ganze Viereck umſchließender Zimmer. Dieſe Zim-
mer ſind mit koſtbaren Gemälden geſchmückt, und
außerdem reich in ſchweren Stoffen meublirt, Decke
und Thürembraſuren von weißer Stuckatur mit Gold,
oder aus ſeltnen geſchnitzten Hölzern, Alles eben ſo
einfach als gediegen. In dem einen Zimmer war eine
merkwürdige Sammlung von Miniatur-Portraits der
Familie, vom erſten Ruſſel (der Familienname der
Herzöge von Bedford) bis auf den jetzigen Herzog,
in ununterbrochener Linie geſammelt. Unter ſolchen
Umſtänden kann man wohl ein wenig auf ſeine Fa-
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/261>, abgerufen am 25.11.2024.
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