Worüber ich lachen, und mich zugleich ärgern mußte, ist, daß Du mir, wie es Deine Art ist, wieder fast nichts von meinem lieben M ..... schen Details schreibst, dagegen aber lange Excerpte aus einer afrikanischen Reisebeschreibung schickst, die ich längst hier im Original gelesen. Ich vergelte Dir gewiß nächstens Gleiches mit Gleichem. Ohnedem studiere ich eben jetzt ein sehr interessantes Werk: das preußische Exercier-Reglement von 1805, woraus ich Dir, sobald es mir an anderem Stoff fehlen sollte, die geistreichsten Auszüge mittheilen kann. O, Du gutes Lamm, mit diesen afrikanischen Neuigkeiten sollst Du noch oft "geschoren" werden, um so mehr, da die letzte Schur schon gar lange vorbei ist, und Du fast so tief in der Wolle sitzen mußt, als die Jo- hanniterritter in B ...., wenn sie, ihr doppeltes Kreuz zur Schau tragend, auf ihren Wollsäcken den Meist- bietenden erwarten. Der Sitz des hiesigen Lord- Kanzlers ist zwar auch ein Wollsack, aber etwas vor- nehmerer Natur, mehr dem goldnen Vließe ver- wandt, wie jener dem Kartoffelsack, auf dem man ein Gericht Armeritter verzehrt.
Ich mache jetzt fast täglich Parkercursionen mit R ...., um seine Anwesenheit in England so nütz- lich als möglich zu machen, denn einen guten Gärt- ner bringt ein kurzer Aufenthalt hier weiter in sei- nem Fach, als zehnjähriges Studium zu Hause. Es giebt aber schon in der Nähe von London eine große Anzahl höchst interessanter Besitzungen, zu denen
Briefe eines Verstorbenen III. 13
Worüber ich lachen, und mich zugleich ärgern mußte, iſt, daß Du mir, wie es Deine Art iſt, wieder faſt nichts von meinem lieben M ..... ſchen Details ſchreibſt, dagegen aber lange Excerpte aus einer afrikaniſchen Reiſebeſchreibung ſchickſt, die ich längſt hier im Original geleſen. Ich vergelte Dir gewiß nächſtens Gleiches mit Gleichem. Ohnedem ſtudiere ich eben jetzt ein ſehr intereſſantes Werk: das preußiſche Exercier-Reglement von 1805, woraus ich Dir, ſobald es mir an anderem Stoff fehlen ſollte, die geiſtreichſten Auszüge mittheilen kann. O, Du gutes Lamm, mit dieſen afrikaniſchen Neuigkeiten ſollſt Du noch oft „geſchoren“ werden, um ſo mehr, da die letzte Schur ſchon gar lange vorbei iſt, und Du faſt ſo tief in der Wolle ſitzen mußt, als die Jo- hanniterritter in B ...., wenn ſie, ihr doppeltes Kreuz zur Schau tragend, auf ihren Wollſäcken den Meiſt- bietenden erwarten. Der Sitz des hieſigen Lord- Kanzlers iſt zwar auch ein Wollſack, aber etwas vor- nehmerer Natur, mehr dem goldnen Vließe ver- wandt, wie jener dem Kartoffelſack, auf dem man ein Gericht Armeritter verzehrt.
Ich mache jetzt faſt täglich Parkercurſionen mit R ...., um ſeine Anweſenheit in England ſo nütz- lich als möglich zu machen, denn einen guten Gärt- ner bringt ein kurzer Aufenthalt hier weiter in ſei- nem Fach, als zehnjähriges Studium zu Hauſe. Es giebt aber ſchon in der Nähe von London eine große Anzahl höchſt intereſſanter Beſitzungen, zu denen
Briefe eines Verſtorbenen III. 13
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0237"n="193"/><p>Worüber ich lachen, und mich zugleich ärgern<lb/>
mußte, iſt, daß Du mir, wie es Deine Art iſt,<lb/>
wieder faſt nichts von meinem lieben M ..... ſchen<lb/>
Details ſchreibſt, dagegen aber lange Excerpte aus<lb/>
einer <hirendition="#g">afrikaniſchen</hi> Reiſebeſchreibung ſchickſt, die<lb/>
ich längſt hier im Original geleſen. Ich vergelte Dir<lb/>
gewiß nächſtens Gleiches mit Gleichem. Ohnedem<lb/>ſtudiere ich eben jetzt ein ſehr intereſſantes Werk:<lb/>
das preußiſche Exercier-Reglement von 1805, woraus<lb/>
ich Dir, ſobald es mir an anderem Stoff fehlen ſollte,<lb/>
die geiſtreichſten Auszüge mittheilen kann. O, Du<lb/>
gutes Lamm, mit dieſen afrikaniſchen Neuigkeiten<lb/>ſollſt Du noch oft „geſchoren“ werden, um ſo mehr,<lb/>
da die letzte Schur ſchon gar lange vorbei iſt, und<lb/>
Du faſt ſo tief in der Wolle ſitzen mußt, als die Jo-<lb/>
hanniterritter in B ...., wenn ſie, ihr doppeltes Kreuz<lb/>
zur Schau tragend, auf ihren Wollſäcken den Meiſt-<lb/>
bietenden erwarten. Der Sitz des hieſigen Lord-<lb/>
Kanzlers iſt zwar auch ein Wollſack, aber etwas vor-<lb/>
nehmerer Natur, mehr dem goldnen Vließe ver-<lb/>
wandt, wie jener dem Kartoffelſack, auf dem man<lb/>
ein Gericht Armeritter verzehrt.</p><lb/><p>Ich mache jetzt faſt täglich Parkercurſionen mit<lb/>
R ...., um ſeine Anweſenheit in England ſo nütz-<lb/>
lich als möglich zu machen, denn einen guten Gärt-<lb/>
ner bringt ein kurzer Aufenthalt hier weiter in ſei-<lb/>
nem Fach, als zehnjähriges Studium zu Hauſe. Es<lb/>
giebt aber ſchon in der Nähe von London eine große<lb/>
Anzahl höchſt intereſſanter Beſitzungen, zu denen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Briefe eines Verſtorbenen <hirendition="#aq">III.</hi> 13</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[193/0237]
Worüber ich lachen, und mich zugleich ärgern
mußte, iſt, daß Du mir, wie es Deine Art iſt,
wieder faſt nichts von meinem lieben M ..... ſchen
Details ſchreibſt, dagegen aber lange Excerpte aus
einer afrikaniſchen Reiſebeſchreibung ſchickſt, die
ich längſt hier im Original geleſen. Ich vergelte Dir
gewiß nächſtens Gleiches mit Gleichem. Ohnedem
ſtudiere ich eben jetzt ein ſehr intereſſantes Werk:
das preußiſche Exercier-Reglement von 1805, woraus
ich Dir, ſobald es mir an anderem Stoff fehlen ſollte,
die geiſtreichſten Auszüge mittheilen kann. O, Du
gutes Lamm, mit dieſen afrikaniſchen Neuigkeiten
ſollſt Du noch oft „geſchoren“ werden, um ſo mehr,
da die letzte Schur ſchon gar lange vorbei iſt, und
Du faſt ſo tief in der Wolle ſitzen mußt, als die Jo-
hanniterritter in B ...., wenn ſie, ihr doppeltes Kreuz
zur Schau tragend, auf ihren Wollſäcken den Meiſt-
bietenden erwarten. Der Sitz des hieſigen Lord-
Kanzlers iſt zwar auch ein Wollſack, aber etwas vor-
nehmerer Natur, mehr dem goldnen Vließe ver-
wandt, wie jener dem Kartoffelſack, auf dem man
ein Gericht Armeritter verzehrt.
Ich mache jetzt faſt täglich Parkercurſionen mit
R ...., um ſeine Anweſenheit in England ſo nütz-
lich als möglich zu machen, denn einen guten Gärt-
ner bringt ein kurzer Aufenthalt hier weiter in ſei-
nem Fach, als zehnjähriges Studium zu Hauſe. Es
giebt aber ſchon in der Nähe von London eine große
Anzahl höchſt intereſſanter Beſitzungen, zu denen
Briefe eines Verſtorbenen III. 13
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/237>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.