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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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immer ihr Hauptvorwurf seyn. Nur in dieser Rich-
tung mag es uns dann fort und fort glücken, aus
dem was geschah und ist, zu der Erkenntniß der
Ursachen zu kommen, warum die Dinge sich so und
nicht anders gestalteten, und von Factum zu Factum
zurückgehend den Grund-Gesetzen uns zu nähern,
hieraus aber auch die Norm für die Folge aufzufin-
den. Muß nun auch die erste Ursache alles Seyns
unerforschlich bleiben, so wäre es ja wohl hinläng-
lich, wenn wir nur klar und deutlich ergründeten,
was die Kräfte unsres Wesens ursprünglich wa-
ren, was sie schon geworden, und welcher Richtung
sie beim fernern Werden nachzustreben haben. Hier
wird sich nun vor allem der Gedanke aufdringen,
daß nur im Element der Freiheit, beim ungehinder-
ten Austausch der Idee weitere Ausbildung gedeihen
kann. Zu diesem Behuf war ohne Zweifel die glück-
lichste Erfindung, von und für uns, die der Buch-
druckerkunst, lebendig geboren, weil die schon hin-
länglich gereifte Stimmung der Menschheit sich so-
gleich des unermeßlichen Hülfsmittels zu den größten
Zwecken bedienen konnte. Sie allein hat es seitdem
möglich gemacht, jene ungeheure Macht ins Leben
zu rufen, der auf die Länge nichts mehr wird wider-
stehen können: die allgemeine Meinung. Un-
ter dieser verstehe ich nicht: den Wahn Vieler, son-
dern die Meinung der Besten, die sich, indem sie
ein Organ gefunden, zu Allen zu dringen, am Ende
Bahn brechen muß, um jeden Wahn zu zerstören.
Ohne die Buchdruckerkunst gab es keinen Luther --

immer ihr Hauptvorwurf ſeyn. Nur in dieſer Rich-
tung mag es uns dann fort und fort glücken, aus
dem was geſchah und iſt, zu der Erkenntniß der
Urſachen zu kommen, warum die Dinge ſich ſo und
nicht anders geſtalteten, und von Factum zu Factum
zurückgehend den Grund-Geſetzen uns zu nähern,
hieraus aber auch die Norm für die Folge aufzufin-
den. Muß nun auch die erſte Urſache alles Seyns
unerforſchlich bleiben, ſo wäre es ja wohl hinläng-
lich, wenn wir nur klar und deutlich ergründeten,
was die Kräfte unſres Weſens urſprünglich wa-
ren, was ſie ſchon geworden, und welcher Richtung
ſie beim fernern Werden nachzuſtreben haben. Hier
wird ſich nun vor allem der Gedanke aufdringen,
daß nur im Element der Freiheit, beim ungehinder-
ten Austauſch der Idee weitere Ausbildung gedeihen
kann. Zu dieſem Behuf war ohne Zweifel die glück-
lichſte Erfindung, von und für uns, die der Buch-
druckerkunſt, lebendig geboren, weil die ſchon hin-
länglich gereifte Stimmung der Menſchheit ſich ſo-
gleich des unermeßlichen Hülfsmittels zu den größten
Zwecken bedienen konnte. Sie allein hat es ſeitdem
möglich gemacht, jene ungeheure Macht ins Leben
zu rufen, der auf die Länge nichts mehr wird wider-
ſtehen können: die allgemeine Meinung. Un-
ter dieſer verſtehe ich nicht: den Wahn Vieler, ſon-
dern die Meinung der Beſten, die ſich, indem ſie
ein Organ gefunden, zu Allen zu dringen, am Ende
Bahn brechen muß, um jeden Wahn zu zerſtören.
Ohne die Buchdruckerkunſt gab es keinen Luther —

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[231/0253] immer ihr Hauptvorwurf ſeyn. Nur in dieſer Rich- tung mag es uns dann fort und fort glücken, aus dem was geſchah und iſt, zu der Erkenntniß der Urſachen zu kommen, warum die Dinge ſich ſo und nicht anders geſtalteten, und von Factum zu Factum zurückgehend den Grund-Geſetzen uns zu nähern, hieraus aber auch die Norm für die Folge aufzufin- den. Muß nun auch die erſte Urſache alles Seyns unerforſchlich bleiben, ſo wäre es ja wohl hinläng- lich, wenn wir nur klar und deutlich ergründeten, was die Kräfte unſres Weſens urſprünglich wa- ren, was ſie ſchon geworden, und welcher Richtung ſie beim fernern Werden nachzuſtreben haben. Hier wird ſich nun vor allem der Gedanke aufdringen, daß nur im Element der Freiheit, beim ungehinder- ten Austauſch der Idee weitere Ausbildung gedeihen kann. Zu dieſem Behuf war ohne Zweifel die glück- lichſte Erfindung, von und für uns, die der Buch- druckerkunſt, lebendig geboren, weil die ſchon hin- länglich gereifte Stimmung der Menſchheit ſich ſo- gleich des unermeßlichen Hülfsmittels zu den größten Zwecken bedienen konnte. Sie allein hat es ſeitdem möglich gemacht, jene ungeheure Macht ins Leben zu rufen, der auf die Länge nichts mehr wird wider- ſtehen können: die allgemeine Meinung. Un- ter dieſer verſtehe ich nicht: den Wahn Vieler, ſon- dern die Meinung der Beſten, die ſich, indem ſie ein Organ gefunden, zu Allen zu dringen, am Ende Bahn brechen muß, um jeden Wahn zu zerſtören. Ohne die Buchdruckerkunſt gab es keinen Luther —

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/253>, abgerufen am 22.11.2024.