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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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mer in England, wo über alles, Geld, und viel
Geld
, nöthig ist, Respectabilität und Hochachtung
zu erlangen." Die Aristokratie kam bei dieser Be-
merkung zwar nicht in Consideration, aber wahr ist
es, daß auch sie, ohne Geld, bald nichts mehr seyn
würde, obgleich sie jetzt, mit nicht geringem Dünkel,
in England die adliche Geburt hoch über bloßen
Reichthum gestellt hat.

Lady M ...., die auch zugegen war, unterhielt
wie gewöhnlich die Gesellschaft mit vielem Witz, nach-
her erzählte sie mir eine spaßhafte Anekdote von den
Wirthinnen selbst. Nur die eine derselben, sagte sie
(ich weiß nicht mehr recht ob die größere oder klei-
nere) besitzt das große Vermögen, die andre kaum
ein Drittheil davon; um aber wo möglich beides an
den Mann zu bringen, begaben sich die Schwestern
vor vielen Jahren schon nach London. Einem frem-
den Ambassadeur wurde die gute Partie, vielleicht
im geheimen Auftrag der Damen selbst, vorgeschla-
gen, und, wie Fama sagt, soll er seinen Antrag ohne
Zaudern gemacht haben. Er wurde mit Verwunde-
rung, aber höchst erfreut angenommen, denn er hatte,
ganz unerwartet, die Aermere gewählt und sich
schon mehreremal mündlich von ihren Reizen völlig be-
siegt erklärt. Dies hatte jedoch seinen Grund nur
in einem ihm gemachten irrigen Bericht, und ganz
kurz vor Thorschluß, ward ihm erst die Wahrheit
kund. Entrüstet über das gefährliche qui pro quo,
schrieb er sogleich den Damen, daß er sich in seinen

mer in England, wo über alles, Geld, und viel
Geld
, nöthig iſt, Reſpectabilität und Hochachtung
zu erlangen.“ Die Ariſtokratie kam bei dieſer Be-
merkung zwar nicht in Conſideration, aber wahr iſt
es, daß auch ſie, ohne Geld, bald nichts mehr ſeyn
würde, obgleich ſie jetzt, mit nicht geringem Dünkel,
in England die adliche Geburt hoch über bloßen
Reichthum geſtellt hat.

Lady M ...., die auch zugegen war, unterhielt
wie gewöhnlich die Geſellſchaft mit vielem Witz, nach-
her erzählte ſie mir eine ſpaßhafte Anekdote von den
Wirthinnen ſelbſt. Nur die eine derſelben, ſagte ſie
(ich weiß nicht mehr recht ob die größere oder klei-
nere) beſitzt das große Vermögen, die andre kaum
ein Drittheil davon; um aber wo möglich beides an
den Mann zu bringen, begaben ſich die Schweſtern
vor vielen Jahren ſchon nach London. Einem frem-
den Ambaſſadeur wurde die gute Partie, vielleicht
im geheimen Auftrag der Damen ſelbſt, vorgeſchla-
gen, und, wie Fama ſagt, ſoll er ſeinen Antrag ohne
Zaudern gemacht haben. Er wurde mit Verwunde-
rung, aber höchſt erfreut angenommen, denn er hatte,
ganz unerwartet, die Aermere gewählt und ſich
ſchon mehreremal mündlich von ihren Reizen völlig be-
ſiegt erklärt. Dies hatte jedoch ſeinen Grund nur
in einem ihm gemachten irrigen Bericht, und ganz
kurz vor Thorſchluß, ward ihm erſt die Wahrheit
kund. Entrüſtet über das gefährliche qui pro quo,
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[158/0180] mer in England, wo über alles, Geld, und viel Geld, nöthig iſt, Reſpectabilität und Hochachtung zu erlangen.“ Die Ariſtokratie kam bei dieſer Be- merkung zwar nicht in Conſideration, aber wahr iſt es, daß auch ſie, ohne Geld, bald nichts mehr ſeyn würde, obgleich ſie jetzt, mit nicht geringem Dünkel, in England die adliche Geburt hoch über bloßen Reichthum geſtellt hat. Lady M ...., die auch zugegen war, unterhielt wie gewöhnlich die Geſellſchaft mit vielem Witz, nach- her erzählte ſie mir eine ſpaßhafte Anekdote von den Wirthinnen ſelbſt. Nur die eine derſelben, ſagte ſie (ich weiß nicht mehr recht ob die größere oder klei- nere) beſitzt das große Vermögen, die andre kaum ein Drittheil davon; um aber wo möglich beides an den Mann zu bringen, begaben ſich die Schweſtern vor vielen Jahren ſchon nach London. Einem frem- den Ambaſſadeur wurde die gute Partie, vielleicht im geheimen Auftrag der Damen ſelbſt, vorgeſchla- gen, und, wie Fama ſagt, ſoll er ſeinen Antrag ohne Zaudern gemacht haben. Er wurde mit Verwunde- rung, aber höchſt erfreut angenommen, denn er hatte, ganz unerwartet, die Aermere gewählt und ſich ſchon mehreremal mündlich von ihren Reizen völlig be- ſiegt erklärt. Dies hatte jedoch ſeinen Grund nur in einem ihm gemachten irrigen Bericht, und ganz kurz vor Thorſchluß, ward ihm erſt die Wahrheit kund. Entrüſtet über das gefährliche qui pro quo, ſchrieb er ſogleich den Damen, daß er ſich in ſeinen

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/180>, abgerufen am 22.11.2024.