wieder die Feder, um die merkwürdige Schickung auf- zuzeichnen, die ich erlebte! Als ich vorigen Monat nach M . . . . reiste, ward ich, grade wie der Fremde in den Kleinstädtern, immediat vor dem sogenannten Chausseehause schrecklich umgeworfen, und brach den rechten Arm. Mein erster Ausruf -- ich gestehe es zu meiner Beschämung -- war ein garstiger Fluch! mein zweiter aber schon Dank, brünstiger Dank dem Schöpfer, daß ich nur den Arm und nicht den Hals gebrochen hatte! Bei solchen Gelegenheiten erkennt man deutlich die unergründlichen Wege, und die schützende, uns immer zur rechten Zeit Hülfe brin- gende Hand der Vorsehung. Hing nicht mein Leben an einem Haare, und wollte mir Gott nicht hier ein- dringlich beweisen, daß es nur von ihm abhing, meine Augen auf ewig zu schließen, oder mein junges Leben noch zu schonen, das vielleicht, denn was ist Gott unmöglich! noch zu großen und wichtigen Dingen be- stimmt ist? Ja ihr Philosophen, innig und jubilirend fühle ich es: Nur der Glaube macht selig!
3., Als ich bei Torgau beinahe in der Elbe er- soff etc.
Gewiß ist es, daß man nicht eher ins Wasser ge- hen sollte, als bis man schwimmen kann, wie schon ein griechischer Weise sehr richtig bemerkt hat. Ich war so unvorsichtig, mich ohne diese Kenntniß gestern zu baden, (denn von dem rebellischen Turnen und Leibesübungen dieser Art hielt ich mich immer fern) und wäre, da ich einen Krampf in der Wade bekam,
wieder die Feder, um die merkwürdige Schickung auf- zuzeichnen, die ich erlebte! Als ich vorigen Monat nach M . . . . reiste, ward ich, grade wie der Fremde in den Kleinſtädtern, immediat vor dem ſogenannten Chauſſeehauſe ſchrecklich umgeworfen, und brach den rechten Arm. Mein erſter Ausruf — ich geſtehe es zu meiner Beſchämung — war ein garſtiger Fluch! mein zweiter aber ſchon Dank, brünſtiger Dank dem Schöpfer, daß ich nur den Arm und nicht den Hals gebrochen hatte! Bei ſolchen Gelegenheiten erkennt man deutlich die unergründlichen Wege, und die ſchützende, uns immer zur rechten Zeit Hülfe brin- gende Hand der Vorſehung. Hing nicht mein Leben an einem Haare, und wollte mir Gott nicht hier ein- dringlich beweiſen, daß es nur von ihm abhing, meine Augen auf ewig zu ſchließen, oder mein junges Leben noch zu ſchonen, das vielleicht, denn was iſt Gott unmöglich! noch zu großen und wichtigen Dingen be- ſtimmt iſt? Ja ihr Philoſophen, innig und jubilirend fühle ich es: Nur der Glaube macht ſelig!
3., Als ich bei Torgau beinahe in der Elbe er- ſoff ꝛc.
Gewiß iſt es, daß man nicht eher ins Waſſer ge- hen ſollte, als bis man ſchwimmen kann, wie ſchon ein griechiſcher Weiſe ſehr richtig bemerkt hat. Ich war ſo unvorſichtig, mich ohne dieſe Kenntniß geſtern zu baden, (denn von dem rebelliſchen Turnen und Leibesübungen dieſer Art hielt ich mich immer fern) und wäre, da ich einen Krampf in der Wade bekam,
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wieder die Feder, um die merkwürdige Schickung auf-
zuzeichnen, die ich erlebte! Als ich vorigen Monat
nach M . . . . reiste, ward ich, grade wie der Fremde
in den Kleinſtädtern, immediat vor dem ſogenannten
Chauſſeehauſe ſchrecklich umgeworfen, und brach den
rechten Arm. Mein erſter Ausruf — ich geſtehe es
zu meiner Beſchämung — war ein garſtiger Fluch!
mein zweiter aber ſchon Dank, brünſtiger Dank dem
Schöpfer, daß ich nur den Arm und nicht den Hals
gebrochen hatte! Bei ſolchen Gelegenheiten erkennt
man deutlich die unergründlichen Wege, und
die ſchützende, uns immer zur rechten Zeit Hülfe brin-
gende Hand der Vorſehung. Hing nicht mein Leben
an einem Haare, und wollte mir Gott nicht hier ein-
dringlich beweiſen, daß es nur von ihm abhing, meine
Augen auf ewig zu ſchließen, oder mein junges Leben
noch zu ſchonen, das vielleicht, denn was iſt Gott
unmöglich! noch zu großen und wichtigen Dingen be-
ſtimmt iſt? Ja ihr Philoſophen, innig und jubilirend
fühle ich es: Nur der Glaube macht ſelig!
3., Als ich bei Torgau beinahe in der Elbe er-
ſoff ꝛc.
Gewiß iſt es, daß man nicht eher ins Waſſer ge-
hen ſollte, als bis man ſchwimmen kann, wie ſchon
ein griechiſcher Weiſe ſehr richtig bemerkt hat. Ich
war ſo unvorſichtig, mich ohne dieſe Kenntniß geſtern
zu baden, (denn von dem rebelliſchen Turnen und
Leibesübungen dieſer Art hielt ich mich immer fern)
und wäre, da ich einen Krampf in der Wade bekam,
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/74>, abgerufen am 24.11.2024.
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