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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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nahe natürlicher Größe als Stern -- alles, wie sie
sagte, Geschenke der Bourbon'schen Familie. So
weit war das Ganze in der That höchst lächerlich,
aber nun denke Dir auch beide Damen wieder mit
der angenehmen aisance, und dem Tone der großen
Welt de l'ancien regime, verbindlich und unterhal-
tend ohne alle Affectation, französisch wenigstens eben
so gut sprechend, als irgend eine vornehme Englän-
derin meiner Bekanntschaft, und dabei von jenem
wesentlich höflichen, unbefangenen und, ich möchte
sagen, naiv heitern Wesen der guten Gesellschaft da-
maliger Zeit, das in unserm ernsten, industriellen
Jahrhunderte des Geschäftlebens fast ganz zu Grabe
getragen worden zu seyn scheint, und mich bei diesen
gutmüthigen Alten wahrhaft rührend ansprach. Auch
konnte ich nicht ohne lebhafte Theilnahme die unun-
terbrochene und doch so ganz natürlich erscheinende
zarte Rücksicht bemerken, mit der die Jüngere ihre
schon etwas infirmere ältere Freundin behandelte,
und jedem ihrer kleinen Bedürfnisse sorgsam zuvor
kam. Dergleichen liegt mehr in der Art, wie es ge-
than wird, in scheinbar unbedeutenden Dingen, ent-
geht aber dem Gefühlvollen nicht.

Ich debütirte damit, ihnen zu sagen, daß ich mich
glücklich schätzte, ein Compliment an sie ausrichten zu
können, das mein Großvater, der vor 50 Jahren
ihnen aufzuwarten die Ehre gehabt hätte, mir an
die schönen Einsiedlerinnen aufgetragen habe. Diese
hatten nun zwar seitdem ihre Schönheit, aber keines-
wegs ihr gutes Gedächtniß verloren, erinnerten sich

nahe natürlicher Größe als Stern — alles, wie ſie
ſagte, Geſchenke der Bourbon’ſchen Familie. So
weit war das Ganze in der That höchſt lächerlich,
aber nun denke Dir auch beide Damen wieder mit
der angenehmen aisance, und dem Tone der großen
Welt de l’ancien régime, verbindlich und unterhal-
tend ohne alle Affectation, franzöſiſch wenigſtens eben
ſo gut ſprechend, als irgend eine vornehme Englän-
derin meiner Bekanntſchaft, und dabei von jenem
weſentlich höflichen, unbefangenen und, ich möchte
ſagen, naiv heitern Weſen der guten Geſellſchaft da-
maliger Zeit, das in unſerm ernſten, induſtriellen
Jahrhunderte des Geſchäftlebens faſt ganz zu Grabe
getragen worden zu ſeyn ſcheint, und mich bei dieſen
gutmüthigen Alten wahrhaft rührend anſprach. Auch
konnte ich nicht ohne lebhafte Theilnahme die unun-
terbrochene und doch ſo ganz natürlich erſcheinende
zarte Rückſicht bemerken, mit der die Jüngere ihre
ſchon etwas infirmere ältere Freundin behandelte,
und jedem ihrer kleinen Bedürfniſſe ſorgſam zuvor
kam. Dergleichen liegt mehr in der Art, wie es ge-
than wird, in ſcheinbar unbedeutenden Dingen, ent-
geht aber dem Gefühlvollen nicht.

Ich debütirte damit, ihnen zu ſagen, daß ich mich
glücklich ſchätzte, ein Compliment an ſie ausrichten zu
können, das mein Großvater, der vor 50 Jahren
ihnen aufzuwarten die Ehre gehabt hätte, mir an
die ſchönen Einſiedlerinnen aufgetragen habe. Dieſe
hatten nun zwar ſeitdem ihre Schönheit, aber keines-
wegs ihr gutes Gedächtniß verloren, erinnerten ſich

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[21/0045] nahe natürlicher Größe als Stern — alles, wie ſie ſagte, Geſchenke der Bourbon’ſchen Familie. So weit war das Ganze in der That höchſt lächerlich, aber nun denke Dir auch beide Damen wieder mit der angenehmen aisance, und dem Tone der großen Welt de l’ancien régime, verbindlich und unterhal- tend ohne alle Affectation, franzöſiſch wenigſtens eben ſo gut ſprechend, als irgend eine vornehme Englän- derin meiner Bekanntſchaft, und dabei von jenem weſentlich höflichen, unbefangenen und, ich möchte ſagen, naiv heitern Weſen der guten Geſellſchaft da- maliger Zeit, das in unſerm ernſten, induſtriellen Jahrhunderte des Geſchäftlebens faſt ganz zu Grabe getragen worden zu ſeyn ſcheint, und mich bei dieſen gutmüthigen Alten wahrhaft rührend anſprach. Auch konnte ich nicht ohne lebhafte Theilnahme die unun- terbrochene und doch ſo ganz natürlich erſcheinende zarte Rückſicht bemerken, mit der die Jüngere ihre ſchon etwas infirmere ältere Freundin behandelte, und jedem ihrer kleinen Bedürfniſſe ſorgſam zuvor kam. Dergleichen liegt mehr in der Art, wie es ge- than wird, in ſcheinbar unbedeutenden Dingen, ent- geht aber dem Gefühlvollen nicht. Ich debütirte damit, ihnen zu ſagen, daß ich mich glücklich ſchätzte, ein Compliment an ſie ausrichten zu können, das mein Großvater, der vor 50 Jahren ihnen aufzuwarten die Ehre gehabt hätte, mir an die ſchönen Einſiedlerinnen aufgetragen habe. Dieſe hatten nun zwar ſeitdem ihre Schönheit, aber keines- wegs ihr gutes Gedächtniß verloren, erinnerten ſich

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/45>, abgerufen am 24.11.2024.