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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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Dir gestern beschrieb, die Farbe an, die zu meiner
Stimmung, wie zur Umgebung, am besten paßte.
Ich wünschte, noch des langsamen Reitens vom vori-
gen Tage her überdrüßig, zu gehen, als ich aber, der
Nässe wegen, meine hohen Ueberschuhe verlangte, fand
es sich, daß der Führer einen derselben verloren, ein
häusliches Unglück, das wichtig genug für mich war,
um es hier zu erwähnen, denn, wie man zu sagen
pflegt: "ohne Bacchus friert Venus," so wird auch
eine romantische Gegend weit besser mit trockenen
Füßen als mit nassen genossen. Ich beschloß daher
den Mann zurückzuschicken, um, wo möglich, wenig-
stens für die nächsten Tage, meiner trauernden Gal-
losche ihre so lange treue Gefährtin wiederzuschaffen,
für heute aber den ganzen Weg, durch dick und dünn,
zu Fuß zurückzulegen.

Es fing sanft an zu regnen, ein Berg nach dem
andern verschleierte sich, und ich wanderte melancho-
lisch, sehnsüchtig nach dem verlornen Paradies,
den Regionen zu, wo die Erde, gleich einem Gerippe,
nur ihre Knochen erblicken läßt. Unterdessen ward
der Regen immer stärker, und einzelne Windstöße
verkündeten bald ein ernstliches Unwetter. Ich hatte
den hohen Berg zu erklimmen, der inmitten der er-
sten Wegehälfte von hier aus liegt, und schon kamen
mir Ströme Wassers entgegen, die gleich kleinen Cas-
kaden, in allen Bergfurchen herabschossen. Da ich den
Luxus so badeartiger Durchnässüng im Freien, selten
genieße, so wadete ich, mit wahrem Wohlbehagen, in

Dir geſtern beſchrieb, die Farbe an, die zu meiner
Stimmung, wie zur Umgebung, am beſten paßte.
Ich wünſchte, noch des langſamen Reitens vom vori-
gen Tage her überdrüßig, zu gehen, als ich aber, der
Näſſe wegen, meine hohen Ueberſchuhe verlangte, fand
es ſich, daß der Führer einen derſelben verloren, ein
häusliches Unglück, das wichtig genug für mich war,
um es hier zu erwähnen, denn, wie man zu ſagen
pflegt: „ohne Bacchus friert Venus,“ ſo wird auch
eine romantiſche Gegend weit beſſer mit trockenen
Füßen als mit naſſen genoſſen. Ich beſchloß daher
den Mann zurückzuſchicken, um, wo möglich, wenig-
ſtens für die nächſten Tage, meiner trauernden Gal-
loſche ihre ſo lange treue Gefährtin wiederzuſchaffen,
für heute aber den ganzen Weg, durch dick und dünn,
zu Fuß zurückzulegen.

Es fing ſanft an zu regnen, ein Berg nach dem
andern verſchleierte ſich, und ich wanderte melancho-
liſch, ſehnſüchtig nach dem verlornen Paradies,
den Regionen zu, wo die Erde, gleich einem Gerippe,
nur ihre Knochen erblicken läßt. Unterdeſſen ward
der Regen immer ſtärker, und einzelne Windſtöße
verkündeten bald ein ernſtliches Unwetter. Ich hatte
den hohen Berg zu erklimmen, der inmitten der er-
ſten Wegehälfte von hier aus liegt, und ſchon kamen
mir Ströme Waſſers entgegen, die gleich kleinen Cas-
kaden, in allen Bergfurchen herabſchoſſen. Da ich den
Luxus ſo badeartiger Durchnäſſüng im Freien, ſelten
genieße, ſo wadete ich, mit wahrem Wohlbehagen, in

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[320/0344] Dir geſtern beſchrieb, die Farbe an, die zu meiner Stimmung, wie zur Umgebung, am beſten paßte. Ich wünſchte, noch des langſamen Reitens vom vori- gen Tage her überdrüßig, zu gehen, als ich aber, der Näſſe wegen, meine hohen Ueberſchuhe verlangte, fand es ſich, daß der Führer einen derſelben verloren, ein häusliches Unglück, das wichtig genug für mich war, um es hier zu erwähnen, denn, wie man zu ſagen pflegt: „ohne Bacchus friert Venus,“ ſo wird auch eine romantiſche Gegend weit beſſer mit trockenen Füßen als mit naſſen genoſſen. Ich beſchloß daher den Mann zurückzuſchicken, um, wo möglich, wenig- ſtens für die nächſten Tage, meiner trauernden Gal- loſche ihre ſo lange treue Gefährtin wiederzuſchaffen, für heute aber den ganzen Weg, durch dick und dünn, zu Fuß zurückzulegen. Es fing ſanft an zu regnen, ein Berg nach dem andern verſchleierte ſich, und ich wanderte melancho- liſch, ſehnſüchtig nach dem verlornen Paradies, den Regionen zu, wo die Erde, gleich einem Gerippe, nur ihre Knochen erblicken läßt. Unterdeſſen ward der Regen immer ſtärker, und einzelne Windſtöße verkündeten bald ein ernſtliches Unwetter. Ich hatte den hohen Berg zu erklimmen, der inmitten der er- ſten Wegehälfte von hier aus liegt, und ſchon kamen mir Ströme Waſſers entgegen, die gleich kleinen Cas- kaden, in allen Bergfurchen herabſchoſſen. Da ich den Luxus ſo badeartiger Durchnäſſüng im Freien, ſelten genieße, ſo wadete ich, mit wahrem Wohlbehagen, in

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/344>, abgerufen am 05.12.2024.