Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

schend nach. Die Zierathen sind so sparsam und pas-
send angebracht, das Ganze so wohnlich und zweck-
mäßig gehalten, und dem, scheinbar ältesten Theile,
das Ansehn von Vernachlässigung und Unbewohnt-
heit so gut gegeben -- daß ich wenigstens vollkom-
men der Absicht des Erbauers entsprach, indem ich
die Gebäude, für jetzt erst wieder bewohnbar ge-
machte, und, soweit als es unsere Gewohnheiten ver-
langen, modernisirte Ueberreste einer alten Abtey an-
sah. Die Rückseite des Wohnhauses nehmen Pflan-
zenhäuser, und ein höchst nett gehaltner, umschlosse-
ner Blumengarten ein, die beide mit den Zimmern
zusammenhängen, so daß man fortwährend unter
Blumen, tropischen Gewächsen und reifenden Früch-
ten lebt, ohne deshalb das Haus verlassen zu dür-
fen. Auch das Clima ist das günstigste, was man
sich für Vegetation wünschen kann; feucht und so
warm daß nicht nur, wie in England, Azalien,
Rhododendron und alle Sorten Immergrün, son-
dern selbst Camelien, in einer vortheilhaften Lage,
hier im Freien durchgewintert werden können. Da-
turen, Granaten, Magnolien, Lyriodendron etc. er-
reichen die größte Schönheit, und die letztern drei
werden nie bedeckt. Die Gegend bietet große Ferne,
außerordentliche Varietät, und dennoch ein am Ho-
rizont von Bergcolossen wohlgeschlossenes Ganze dar.
Die Bayen von Bantry und Glengariff zeigen ein
Meer im Kleinen, dessen Küsten, sich durch und
übereinander schiebend, die Leere des großen Oceans
nie erblicken lassen; landeinwärts aber scheint das

ſchend nach. Die Zierathen ſind ſo ſparſam und paſ-
ſend angebracht, das Ganze ſo wohnlich und zweck-
mäßig gehalten, und dem, ſcheinbar älteſten Theile,
das Anſehn von Vernachläſſigung und Unbewohnt-
heit ſo gut gegeben — daß ich wenigſtens vollkom-
men der Abſicht des Erbauers entſprach, indem ich
die Gebäude, für jetzt erſt wieder bewohnbar ge-
machte, und, ſoweit als es unſere Gewohnheiten ver-
langen, moderniſirte Ueberreſte einer alten Abtey an-
ſah. Die Rückſeite des Wohnhauſes nehmen Pflan-
zenhäuſer, und ein höchſt nett gehaltner, umſchloſſe-
ner Blumengarten ein, die beide mit den Zimmern
zuſammenhängen, ſo daß man fortwährend unter
Blumen, tropiſchen Gewächſen und reifenden Früch-
ten lebt, ohne deshalb das Haus verlaſſen zu dür-
fen. Auch das Clima iſt das günſtigſte, was man
ſich für Vegetation wünſchen kann; feucht und ſo
warm daß nicht nur, wie in England, Azalien,
Rhododendron und alle Sorten Immergrün, ſon-
dern ſelbſt Camelien, in einer vortheilhaften Lage,
hier im Freien durchgewintert werden können. Da-
turen, Granaten, Magnolien, Lyriodendron ꝛc. er-
reichen die größte Schönheit, und die letztern drei
werden nie bedeckt. Die Gegend bietet große Ferne,
außerordentliche Varietät, und dennoch ein am Ho-
rizont von Bergcoloſſen wohlgeſchloſſenes Ganze dar.
Die Bayen von Bantry und Glengariff zeigen ein
Meer im Kleinen, deſſen Küſten, ſich durch und
übereinander ſchiebend, die Leere des großen Oceans
nie erblicken laſſen; landeinwärts aber ſcheint das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0340" n="316"/>
&#x017F;chend nach. Die Zierathen &#x017F;ind &#x017F;o &#x017F;par&#x017F;am und pa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;end angebracht, das Ganze &#x017F;o wohnlich und zweck-<lb/>
mäßig gehalten, und dem, &#x017F;cheinbar <choice><sic>a&#x0307;lte&#x017F;ten</sic><corr>älte&#x017F;ten</corr></choice> Theile,<lb/>
das An&#x017F;ehn von Vernachlä&#x017F;&#x017F;igung und Unbewohnt-<lb/>
heit &#x017F;o gut gegeben &#x2014; daß <hi rendition="#g">ich</hi> wenig&#x017F;tens vollkom-<lb/>
men der Ab&#x017F;icht des Erbauers ent&#x017F;prach, indem ich<lb/>
die Gebäude, für jetzt er&#x017F;t wieder bewohnbar ge-<lb/>
machte, und, &#x017F;oweit als es un&#x017F;ere Gewohnheiten ver-<lb/>
langen, moderni&#x017F;irte Ueberre&#x017F;te einer alten Abtey an-<lb/>
&#x017F;ah. Die Rück&#x017F;eite des Wohnhau&#x017F;es nehmen Pflan-<lb/>
zenhäu&#x017F;er, und ein höch&#x017F;t nett gehaltner, um&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
ner Blumengarten ein, die beide mit den Zimmern<lb/>
zu&#x017F;ammenhängen, &#x017F;o daß man fortwährend unter<lb/>
Blumen, tropi&#x017F;chen Gewäch&#x017F;en und reifenden Früch-<lb/>
ten lebt, ohne deshalb das Haus verla&#x017F;&#x017F;en zu dür-<lb/>
fen. Auch das Clima i&#x017F;t das gün&#x017F;tig&#x017F;te, was man<lb/>
&#x017F;ich für Vegetation wün&#x017F;chen kann; feucht und &#x017F;o<lb/>
warm daß nicht nur, wie in England, Azalien,<lb/>
Rhododendron und alle Sorten Immergrün, &#x017F;on-<lb/>
dern &#x017F;elb&#x017F;t Camelien, in einer vortheilhaften Lage,<lb/>
hier im Freien durchgewintert werden können. Da-<lb/>
turen, Granaten, Magnolien, Lyriodendron &#xA75B;c. er-<lb/>
reichen die größte Schönheit, und die letztern drei<lb/>
werden nie bedeckt. Die Gegend bietet große Ferne,<lb/>
außerordentliche <choice><sic>Varieta&#x0307;t</sic><corr>Varietät</corr></choice>, und dennoch ein am Ho-<lb/>
rizont von Bergcolo&#x017F;&#x017F;en wohlge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enes Ganze dar.<lb/>
Die Bayen von Bantry und Glengariff zeigen ein<lb/>
Meer im Kleinen, de&#x017F;&#x017F;en Kü&#x017F;ten, &#x017F;ich durch und<lb/>
übereinander &#x017F;chiebend, die Leere des großen Oceans<lb/>
nie erblicken la&#x017F;&#x017F;en; landeinwärts aber &#x017F;cheint das<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316/0340] ſchend nach. Die Zierathen ſind ſo ſparſam und paſ- ſend angebracht, das Ganze ſo wohnlich und zweck- mäßig gehalten, und dem, ſcheinbar älteſten Theile, das Anſehn von Vernachläſſigung und Unbewohnt- heit ſo gut gegeben — daß ich wenigſtens vollkom- men der Abſicht des Erbauers entſprach, indem ich die Gebäude, für jetzt erſt wieder bewohnbar ge- machte, und, ſoweit als es unſere Gewohnheiten ver- langen, moderniſirte Ueberreſte einer alten Abtey an- ſah. Die Rückſeite des Wohnhauſes nehmen Pflan- zenhäuſer, und ein höchſt nett gehaltner, umſchloſſe- ner Blumengarten ein, die beide mit den Zimmern zuſammenhängen, ſo daß man fortwährend unter Blumen, tropiſchen Gewächſen und reifenden Früch- ten lebt, ohne deshalb das Haus verlaſſen zu dür- fen. Auch das Clima iſt das günſtigſte, was man ſich für Vegetation wünſchen kann; feucht und ſo warm daß nicht nur, wie in England, Azalien, Rhododendron und alle Sorten Immergrün, ſon- dern ſelbſt Camelien, in einer vortheilhaften Lage, hier im Freien durchgewintert werden können. Da- turen, Granaten, Magnolien, Lyriodendron ꝛc. er- reichen die größte Schönheit, und die letztern drei werden nie bedeckt. Die Gegend bietet große Ferne, außerordentliche Varietät, und dennoch ein am Ho- rizont von Bergcoloſſen wohlgeſchloſſenes Ganze dar. Die Bayen von Bantry und Glengariff zeigen ein Meer im Kleinen, deſſen Küſten, ſich durch und übereinander ſchiebend, die Leere des großen Oceans nie erblicken laſſen; landeinwärts aber ſcheint das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/340
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/340>, abgerufen am 04.05.2024.