dieser Weigerung, mit dem Kopf so heftig auf das Pflaster, daß er bewußtlos fortgetragen werden mußte, was jedoch, als etwas ganz Gewöhnliches, gar nicht beachtet wurde. Die Hirnschädel der Ir- länder scheinen überhaupt von einer festern Masse als bei andern Nationen, wahrscheinlich weil sie von Jugend auf an die Schläge des Shileila gewöhnt sind. Während ich im Gasthof zu Mittag aß, hatte ich auch wieder von neuem Gelegenheit, mehreren solchen Kämpfen zuzusehen. Erst ballt sich gewöhn- lich ein Haufen, schreiend und lärmend, immer dich- ter zusammen -- dann im Nu schwirren hundert Shileila's in der Luft, und nun hört man die Püffe, welche größtentheils auf den Kopf applizirt werden, wie entferntes Gewehrfeuer bollern und knacken, bis eine Parthei den Sieg errungen hat. Da ich mich hier an der Quelle befand, kaufte ich mir, durch Vermittelung des Wirths, eines der schönsten Exemplare dieser Waffe, noch warm vom Gefecht. Sie ist so hart wie Eisen, und um ja den Zweck nicht zu verfehlen, überdieß am Ende noch mit Blei ausgegossen.
Der berühmte O'Connel residirt jetzt, ohngefähr 30 Meilen von hier, auf seiner einsamen Veste, in der wüstesten Gegend Irlands. Da ich lange gewünscht habe, ihn kennen zu lernen, schickte ich einen Boten, mit der nöthigen Nachfrage, von hier an ihn ab, und beschloß, bis die Antwort eintreffen könne, un- terdeß eine Exkursion nach Glengariff Bay zu ma-
dieſer Weigerung, mit dem Kopf ſo heftig auf das Pflaſter, daß er bewußtlos fortgetragen werden mußte, was jedoch, als etwas ganz Gewöhnliches, gar nicht beachtet wurde. Die Hirnſchädel der Ir- länder ſcheinen überhaupt von einer feſtern Maſſe als bei andern Nationen, wahrſcheinlich weil ſie von Jugend auf an die Schläge des Shileila gewöhnt ſind. Während ich im Gaſthof zu Mittag aß, hatte ich auch wieder von neuem Gelegenheit, mehreren ſolchen Kämpfen zuzuſehen. Erſt ballt ſich gewöhn- lich ein Haufen, ſchreiend und lärmend, immer dich- ter zuſammen — dann im Nu ſchwirren hundert Shileila’s in der Luft, und nun hört man die Püffe, welche größtentheils auf den Kopf applizirt werden, wie entferntes Gewehrfeuer bollern und knacken, bis eine Parthei den Sieg errungen hat. Da ich mich hier an der Quelle befand, kaufte ich mir, durch Vermittelung des Wirths, eines der ſchönſten Exemplare dieſer Waffe, noch warm vom Gefecht. Sie iſt ſo hart wie Eiſen, und um ja den Zweck nicht zu verfehlen, überdieß am Ende noch mit Blei ausgegoſſen.
Der berühmte O’Connel reſidirt jetzt, ohngefähr 30 Meilen von hier, auf ſeiner einſamen Veſte, in der wüſteſten Gegend Irlands. Da ich lange gewünſcht habe, ihn kennen zu lernen, ſchickte ich einen Boten, mit der nöthigen Nachfrage, von hier an ihn ab, und beſchloß, bis die Antwort eintreffen könne, un- terdeß eine Exkurſion nach Glengariff Bay zu ma-
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dieſer Weigerung, mit dem Kopf ſo heftig auf das
Pflaſter, daß er bewußtlos fortgetragen werden
mußte, was jedoch, als etwas ganz Gewöhnliches,
gar nicht beachtet wurde. Die Hirnſchädel der Ir-
länder ſcheinen überhaupt von einer feſtern Maſſe
als bei andern Nationen, wahrſcheinlich weil ſie von
Jugend auf an die Schläge des Shileila gewöhnt
ſind. Während ich im Gaſthof zu Mittag aß, hatte
ich auch wieder von neuem Gelegenheit, mehreren
ſolchen Kämpfen zuzuſehen. Erſt ballt ſich gewöhn-
lich ein Haufen, ſchreiend und lärmend, immer dich-
ter zuſammen — dann im Nu ſchwirren hundert
Shileila’s in der Luft, und nun hört man die
Püffe, welche größtentheils auf den Kopf applizirt
werden, wie entferntes Gewehrfeuer bollern und
knacken, bis eine Parthei den Sieg errungen hat.
Da ich mich hier an der Quelle befand, kaufte ich
mir, durch Vermittelung des Wirths, eines der
ſchönſten Exemplare dieſer Waffe, noch warm vom
Gefecht. Sie iſt ſo hart wie Eiſen, und um ja den
Zweck nicht zu verfehlen, überdieß am Ende noch
mit Blei ausgegoſſen.
Der berühmte O’Connel reſidirt jetzt, ohngefähr 30
Meilen von hier, auf ſeiner einſamen Veſte, in der
wüſteſten Gegend Irlands. Da ich lange gewünſcht
habe, ihn kennen zu lernen, ſchickte ich einen Boten,
mit der nöthigen Nachfrage, von hier an ihn ab,
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/334>, abgerufen am 04.12.2024.
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