Kuppel von Haidekraut, deren Ribben zierlich von Wurzeln geflochten sind. Oft wird bei Festen das Ganze mit Immergrün und Blumen geschmückt, und Abends mit bunten Lampen erleuchtet. In dem da- neben liegenden Park, den manche schöne Parthieen auszeichnen, findet man die Ruinen einer römischen Villa, die erst vor acht Jahren zufällig entdeckt wur- de, und zwar durch das plötzliche Einsinken eines Baumes. Einige Bäder sind noch wohl erhalten, so wie zwei Mosaik-Böden, die aber nur eine ziemlich grobe Arbeit darbieten, und mit pompejischen Aus- grabungen keinen Vergleich aushalten. Die Wände sind zum Theil noch mit zwei Zoll dicken, roth und blau gefärbten Stuck bekleidet, und die Heizröhren von Ziegeln erbaut, deren Qualität und Dauer un- übertreffbar ist. Eine Viertelstunde davon verfolgt man deutlich die alte römische Straße, die auch noch zum Theil benutzt wird, und sich von den englischen Wegen dadurch hauptsächlich unterscheidet, daß sie, gleich einer norddeutschen Chaussee, in schnurgerader Linie geführt ist. Hoffentlich aber war der Geschmack der Römer zu gut, um sie auch mit unabsehbaren Rei- hen lombardischer Pappeln einzufassen, wie es bei je- nen der Fall ist, deren doppelte Monotonie deshalb eine wahre Marter für den armen Reisenden wird. Welcher Unterschied mit einer englischen Landstraße, die man in sanften Biegungen um die Berge windet, tiefe Thäler vermeidet und alte Bäume schont, statt, um der fixen Idee der geraden Linie zu folgen, sie
Kuppel von Haidekraut, deren Ribben zierlich von Wurzeln geflochten ſind. Oft wird bei Feſten das Ganze mit Immergrün und Blumen geſchmückt, und Abends mit bunten Lampen erleuchtet. In dem da- neben liegenden Park, den manche ſchöne Parthieen auszeichnen, findet man die Ruinen einer römiſchen Villa, die erſt vor acht Jahren zufällig entdeckt wur- de, und zwar durch das plötzliche Einſinken eines Baumes. Einige Bäder ſind noch wohl erhalten, ſo wie zwei Moſaik-Böden, die aber nur eine ziemlich grobe Arbeit darbieten, und mit pompejiſchen Aus- grabungen keinen Vergleich aushalten. Die Wände ſind zum Theil noch mit zwei Zoll dicken, roth und blau gefärbten Stuck bekleidet, und die Heizröhren von Ziegeln erbaut, deren Qualität und Dauer un- übertreffbar iſt. Eine Viertelſtunde davon verfolgt man deutlich die alte römiſche Straße, die auch noch zum Theil benutzt wird, und ſich von den engliſchen Wegen dadurch hauptſächlich unterſcheidet, daß ſie, gleich einer norddeutſchen Chauſſee, in ſchnurgerader Linie geführt iſt. Hoffentlich aber war der Geſchmack der Römer zu gut, um ſie auch mit unabſehbaren Rei- hen lombardiſcher Pappeln einzufaſſen, wie es bei je- nen der Fall iſt, deren doppelte Monotonie deshalb eine wahre Marter für den armen Reiſenden wird. Welcher Unterſchied mit einer engliſchen Landſtraße, die man in ſanften Biegungen um die Berge windet, tiefe Thäler vermeidet und alte Bäume ſchont, ſtatt, um der fixen Idee der geraden Linie zu folgen, ſie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0032"n="8"/>
Kuppel von Haidekraut, deren Ribben zierlich von<lb/>
Wurzeln geflochten ſind. Oft wird bei Feſten das<lb/>
Ganze mit Immergrün und Blumen geſchmückt, und<lb/>
Abends mit bunten Lampen erleuchtet. In dem da-<lb/>
neben liegenden Park, den manche ſchöne Parthieen<lb/>
auszeichnen, findet man die Ruinen einer römiſchen<lb/>
Villa, die erſt vor acht Jahren zufällig entdeckt wur-<lb/>
de, und zwar durch das plötzliche Einſinken eines<lb/>
Baumes. Einige Bäder ſind noch wohl erhalten, ſo<lb/>
wie zwei Moſaik-Böden, die aber nur eine ziemlich<lb/>
grobe Arbeit darbieten, und mit pompejiſchen Aus-<lb/>
grabungen keinen Vergleich aushalten. Die Wände<lb/>ſind zum Theil noch mit zwei Zoll dicken, roth und<lb/>
blau gefärbten Stuck bekleidet, und die Heizröhren<lb/>
von Ziegeln erbaut, deren Qualität und Dauer un-<lb/>
übertreffbar iſt. Eine Viertelſtunde davon verfolgt<lb/>
man deutlich die alte römiſche Straße, die auch noch<lb/>
zum Theil benutzt wird, und ſich von den engliſchen<lb/>
Wegen dadurch hauptſächlich unterſcheidet, daß ſie,<lb/>
gleich einer norddeutſchen Chauſſee, in ſchnurgerader<lb/>
Linie geführt iſt. Hoffentlich aber war der Geſchmack<lb/>
der Römer zu gut, um ſie auch mit unabſehbaren Rei-<lb/>
hen lombardiſcher Pappeln einzufaſſen, wie es bei je-<lb/>
nen der Fall iſt, deren doppelte Monotonie deshalb<lb/>
eine wahre Marter für den armen Reiſenden wird.<lb/>
Welcher Unterſchied mit einer engliſchen Landſtraße,<lb/>
die man in ſanften Biegungen um die Berge windet,<lb/>
tiefe Thäler vermeidet und alte Bäume ſchont, ſtatt,<lb/>
um der fixen Idee der geraden Linie zu folgen, ſie<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[8/0032]
Kuppel von Haidekraut, deren Ribben zierlich von
Wurzeln geflochten ſind. Oft wird bei Feſten das
Ganze mit Immergrün und Blumen geſchmückt, und
Abends mit bunten Lampen erleuchtet. In dem da-
neben liegenden Park, den manche ſchöne Parthieen
auszeichnen, findet man die Ruinen einer römiſchen
Villa, die erſt vor acht Jahren zufällig entdeckt wur-
de, und zwar durch das plötzliche Einſinken eines
Baumes. Einige Bäder ſind noch wohl erhalten, ſo
wie zwei Moſaik-Böden, die aber nur eine ziemlich
grobe Arbeit darbieten, und mit pompejiſchen Aus-
grabungen keinen Vergleich aushalten. Die Wände
ſind zum Theil noch mit zwei Zoll dicken, roth und
blau gefärbten Stuck bekleidet, und die Heizröhren
von Ziegeln erbaut, deren Qualität und Dauer un-
übertreffbar iſt. Eine Viertelſtunde davon verfolgt
man deutlich die alte römiſche Straße, die auch noch
zum Theil benutzt wird, und ſich von den engliſchen
Wegen dadurch hauptſächlich unterſcheidet, daß ſie,
gleich einer norddeutſchen Chauſſee, in ſchnurgerader
Linie geführt iſt. Hoffentlich aber war der Geſchmack
der Römer zu gut, um ſie auch mit unabſehbaren Rei-
hen lombardiſcher Pappeln einzufaſſen, wie es bei je-
nen der Fall iſt, deren doppelte Monotonie deshalb
eine wahre Marter für den armen Reiſenden wird.
Welcher Unterſchied mit einer engliſchen Landſtraße,
die man in ſanften Biegungen um die Berge windet,
tiefe Thäler vermeidet und alte Bäume ſchont, ſtatt,
um der fixen Idee der geraden Linie zu folgen, ſie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/32>, abgerufen am 11.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.