Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

den Damen sehen ließen. Die hiesigen Jagdpferde
sind vielleicht nicht ganz so schnell als die besten eng-
lischen, aber unübertreffbare Springer, wozu man sie
von Jugend auf anhält. Sie nahen sich einer Mauer
mit der größten Ruhe, und setzen während des
Sprungs mit den Vorder- und Hinterfüßen, gleich
den Hunden, auf. Ist noch ein Graben auf der an-
dern Seite, so überspringen sie auch diesen, indem sie
sich auf der Höhe der Mauer, oder des Walls, einen
neuen elan geben. Man läßt ihnen dabei in der
Regel nicht viel Luft mit dem Zügel, und thut über-
haupt am besten, einem gut dressirten Pferde dieser
Art so wenig Hülfe als möglich zu geben, sondern
nur mit steter leichter Anlegung an den Zügel, ihm
die Sache ganz selbst zu überlassen.

Ich weiß nicht ob diese Reitdetails sehr unterrich-
tend für Dich seyn werden, aber da meine Briefe an
Dich zugleich mein Tagebuch sind (denn wo sollte
ich die Zeit zu dem andern noch hernehmen) so mußt
Du Dir gefallen lassen, von Allem unterhalten zu
werden, was Dir, oder auch mir selbst, Interesse zu
gewähren im Stande ist.



Du weißt, meine Entschlüsse sind oft sehr plötzlicher
Natur -- Du pflegst sie meine Pistolenschüsse zu
nennen. Einen solchen habe ich eben ausgeführt.

den Damen ſehen ließen. Die hieſigen Jagdpferde
ſind vielleicht nicht ganz ſo ſchnell als die beſten eng-
liſchen, aber unübertreffbare Springer, wozu man ſie
von Jugend auf anhält. Sie nahen ſich einer Mauer
mit der größten Ruhe, und ſetzen während des
Sprungs mit den Vorder- und Hinterfüßen, gleich
den Hunden, auf. Iſt noch ein Graben auf der an-
dern Seite, ſo überſpringen ſie auch dieſen, indem ſie
ſich auf der Höhe der Mauer, oder des Walls, einen
neuen élan geben. Man läßt ihnen dabei in der
Regel nicht viel Luft mit dem Zügel, und thut über-
haupt am beſten, einem gut dreſſirten Pferde dieſer
Art ſo wenig Hülfe als möglich zu geben, ſondern
nur mit ſteter leichter Anlegung an den Zügel, ihm
die Sache ganz ſelbſt zu überlaſſen.

Ich weiß nicht ob dieſe Reitdetails ſehr unterrich-
tend für Dich ſeyn werden, aber da meine Briefe an
Dich zugleich mein Tagebuch ſind (denn wo ſollte
ich die Zeit zu dem andern noch hernehmen) ſo mußt
Du Dir gefallen laſſen, von Allem unterhalten zu
werden, was Dir, oder auch mir ſelbſt, Intereſſe zu
gewähren im Stande iſt.



Du weißt, meine Entſchlüſſe ſind oft ſehr plötzlicher
Natur — Du pflegſt ſie meine Piſtolenſchüſſe zu
nennen. Einen ſolchen habe ich eben ausgeführt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0287" n="263"/>
den Damen &#x017F;ehen ließen. Die hie&#x017F;igen Jagdpferde<lb/>
&#x017F;ind vielleicht nicht ganz &#x017F;o &#x017F;chnell als die be&#x017F;ten eng-<lb/>
li&#x017F;chen, aber unübertreffbare Springer, wozu man &#x017F;ie<lb/>
von Jugend auf anhält. Sie nahen &#x017F;ich einer Mauer<lb/>
mit der größten Ruhe, und &#x017F;etzen während des<lb/>
Sprungs mit den Vorder- und Hinterfüßen, gleich<lb/>
den Hunden, auf. I&#x017F;t noch ein Graben auf der an-<lb/>
dern Seite, &#x017F;o über&#x017F;pringen &#x017F;ie auch die&#x017F;en, indem &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich auf der Höhe der Mauer, oder des Walls, einen<lb/>
neuen <hi rendition="#aq">élan</hi> geben. Man läßt ihnen dabei in der<lb/>
Regel nicht viel Luft mit dem Zügel, und thut über-<lb/>
haupt am be&#x017F;ten, einem gut dre&#x017F;&#x017F;irten Pferde die&#x017F;er<lb/>
Art &#x017F;o wenig Hülfe als möglich zu geben, &#x017F;ondern<lb/>
nur mit &#x017F;teter leichter Anlegung an den Zügel, ihm<lb/>
die Sache ganz &#x017F;elb&#x017F;t zu überla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Ich weiß nicht ob die&#x017F;e Reitdetails &#x017F;ehr unterrich-<lb/>
tend für Dich &#x017F;eyn werden, aber da meine Briefe an<lb/>
Dich zugleich <hi rendition="#g">mein</hi> Tagebuch &#x017F;ind (denn wo &#x017F;ollte<lb/>
ich die Zeit zu dem andern noch hernehmen) &#x017F;o mußt<lb/>
Du Dir gefallen la&#x017F;&#x017F;en, von Allem unterhalten zu<lb/>
werden, was Dir, oder auch mir &#x017F;elb&#x017F;t, Intere&#x017F;&#x017F;e zu<lb/>
gewähren im Stande i&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Gallway, den 19<hi rendition="#sup">ten</hi> Abends.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Du weißt, meine Ent&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind oft &#x017F;ehr plötzlicher<lb/>
Natur &#x2014; Du pfleg&#x017F;t &#x017F;ie meine Pi&#x017F;tolen&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;e zu<lb/>
nennen. Einen &#x017F;olchen habe ich eben ausgeführt.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0287] den Damen ſehen ließen. Die hieſigen Jagdpferde ſind vielleicht nicht ganz ſo ſchnell als die beſten eng- liſchen, aber unübertreffbare Springer, wozu man ſie von Jugend auf anhält. Sie nahen ſich einer Mauer mit der größten Ruhe, und ſetzen während des Sprungs mit den Vorder- und Hinterfüßen, gleich den Hunden, auf. Iſt noch ein Graben auf der an- dern Seite, ſo überſpringen ſie auch dieſen, indem ſie ſich auf der Höhe der Mauer, oder des Walls, einen neuen élan geben. Man läßt ihnen dabei in der Regel nicht viel Luft mit dem Zügel, und thut über- haupt am beſten, einem gut dreſſirten Pferde dieſer Art ſo wenig Hülfe als möglich zu geben, ſondern nur mit ſteter leichter Anlegung an den Zügel, ihm die Sache ganz ſelbſt zu überlaſſen. Ich weiß nicht ob dieſe Reitdetails ſehr unterrich- tend für Dich ſeyn werden, aber da meine Briefe an Dich zugleich mein Tagebuch ſind (denn wo ſollte ich die Zeit zu dem andern noch hernehmen) ſo mußt Du Dir gefallen laſſen, von Allem unterhalten zu werden, was Dir, oder auch mir ſelbſt, Intereſſe zu gewähren im Stande iſt. Gallway, den 19ten Abends. Du weißt, meine Entſchlüſſe ſind oft ſehr plötzlicher Natur — Du pflegſt ſie meine Piſtolenſchüſſe zu nennen. Einen ſolchen habe ich eben ausgeführt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/287
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/287>, abgerufen am 25.11.2024.