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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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gerechnet) und macht davon zwei Drittheil wenigstens,
von neuem zu brauchbaren Staatsbürgern. Jede
Regierung könnte sich, nach ihren lokalen Hülfsquel-
len, eine Art Botany bay verschaffen -- aber es wird
wohl noch lange dauern, ehe das Prinzip der Rache
aus den Gesetzen, und aus der Religion, ausgemerzt
seyn wird.

Man hat dem König wegen seiner denkwürdigen
(d. h. wegen ihrer Erfolglosigkeit denkwürdigen)
Reise nach Irland, am Eingang des Hafens ein
Monument gesetzt, das mit der gewöhnlichen Ge-
schmacklosigkeit, die in Großbritannien fast auf allen
öffentlichen Bauten wie ein Fluch zu ruhen scheint,
entworfen und ausgeführt ist. Es zeigt einen kur-
zen, lächerlichen Knüppel von Obelisk, der auf die
Kante eines natürlichen Felsens dergestalt auf vier
Kugeln gesetzt ist, daß es aussieht, als müßte jeder
Windstoß ihn in die See rollen. Man kann sich
nicht enthalten, zu wünschen, daß dies je eher je
lieber geschehen möchte. Wie ein Kelchdeckel ist oben
die Königskrone über die Spitze gestülpt, und das
Ganze, gegen die grandiosen Dimensionen des Ha-
fens und der umgebenden Gebäude, so klein und
mesquin, daß man es wohl als die Spielerei eines
Privatmannes, aber gewiß nicht für ein National-
Monument ansehen kann. Vielleicht war der Archi-
tekt ein mauvais plaisant, und gebrauchte es nur sa-
tyrisch. Als Epigramm ist es dann auch zu loben.

Die Straße von hier nach Dublin ist prächtig und
stets mit Wagen und Reitern bedeckt. Es wunderte

gerechnet) und macht davon zwei Drittheil wenigſtens,
von neuem zu brauchbaren Staatsbürgern. Jede
Regierung könnte ſich, nach ihren lokalen Hülfsquel-
len, eine Art Botany bay verſchaffen — aber es wird
wohl noch lange dauern, ehe das Prinzip der Rache
aus den Geſetzen, und aus der Religion, ausgemerzt
ſeyn wird.

Man hat dem König wegen ſeiner denkwürdigen
(d. h. wegen ihrer Erfolgloſigkeit denkwürdigen)
Reiſe nach Irland, am Eingang des Hafens ein
Monument geſetzt, das mit der gewöhnlichen Ge-
ſchmackloſigkeit, die in Großbritannien faſt auf allen
öffentlichen Bauten wie ein Fluch zu ruhen ſcheint,
entworfen und ausgeführt iſt. Es zeigt einen kur-
zen, lächerlichen Knüppel von Obelisk, der auf die
Kante eines natürlichen Felſens dergeſtalt auf vier
Kugeln geſetzt iſt, daß es ausſieht, als müßte jeder
Windſtoß ihn in die See rollen. Man kann ſich
nicht enthalten, zu wünſchen, daß dies je eher je
lieber geſchehen möchte. Wie ein Kelchdeckel iſt oben
die Königskrone über die Spitze geſtülpt, und das
Ganze, gegen die grandioſen Dimenſionen des Ha-
fens und der umgebenden Gebäude, ſo klein und
mesquin, daß man es wohl als die Spielerei eines
Privatmannes, aber gewiß nicht für ein National-
Monument anſehen kann. Vielleicht war der Archi-
tekt ein mauvais plaisant, und gebrauchte es nur ſa-
tyriſch. Als Epigramm iſt es dann auch zu loben.

Die Straße von hier nach Dublin iſt prächtig und
ſtets mit Wagen und Reitern bedeckt. Es wunderte

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[213/0237] gerechnet) und macht davon zwei Drittheil wenigſtens, von neuem zu brauchbaren Staatsbürgern. Jede Regierung könnte ſich, nach ihren lokalen Hülfsquel- len, eine Art Botany bay verſchaffen — aber es wird wohl noch lange dauern, ehe das Prinzip der Rache aus den Geſetzen, und aus der Religion, ausgemerzt ſeyn wird. Man hat dem König wegen ſeiner denkwürdigen (d. h. wegen ihrer Erfolgloſigkeit denkwürdigen) Reiſe nach Irland, am Eingang des Hafens ein Monument geſetzt, das mit der gewöhnlichen Ge- ſchmackloſigkeit, die in Großbritannien faſt auf allen öffentlichen Bauten wie ein Fluch zu ruhen ſcheint, entworfen und ausgeführt iſt. Es zeigt einen kur- zen, lächerlichen Knüppel von Obelisk, der auf die Kante eines natürlichen Felſens dergeſtalt auf vier Kugeln geſetzt iſt, daß es ausſieht, als müßte jeder Windſtoß ihn in die See rollen. Man kann ſich nicht enthalten, zu wünſchen, daß dies je eher je lieber geſchehen möchte. Wie ein Kelchdeckel iſt oben die Königskrone über die Spitze geſtülpt, und das Ganze, gegen die grandioſen Dimenſionen des Ha- fens und der umgebenden Gebäude, ſo klein und mesquin, daß man es wohl als die Spielerei eines Privatmannes, aber gewiß nicht für ein National- Monument anſehen kann. Vielleicht war der Archi- tekt ein mauvais plaisant, und gebrauchte es nur ſa- tyriſch. Als Epigramm iſt es dann auch zu loben. Die Straße von hier nach Dublin iſt prächtig und ſtets mit Wagen und Reitern bedeckt. Es wunderte

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/237>, abgerufen am 26.11.2024.