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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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Du stehst, während weiter hin auf dem ebnen Spie-
gel hundert Fischerbarken und Schiffe durch einander
wimmeln, unter denen Du, besonders hervorstechend,
den vor Anker liegenden Cutter des Besitzers, und
zwei Dampfboote gewahr wirst, von denen das eine,
in weiter Ferne, mit einer ausgebreiteten schwarzen
Wolke segelt, das zweite, ganz nahe, nur eine schmale
weiße Säule gerade empor in die Luft haucht. Auf
der rechten Seite siehst Du eine tiefe Bucht sich in
das Land hineinziehen, die einen Archipel von kleinen
Inseln aller Art und Formen bildet; manche belaubt,
andere kahl, und glatt von den Wellen geschliffen,
einige mit Hütten bebaut, andere wie spitze Thürme
hervorragend. Wendest Du nun Dein Auge wieder
zurück zum Meeresarm, diesen auf derselben Seite
weiter verfolgend wie er sich allmählig verengt, so
erblickst Du mit Staunen die Aussicht durch eine
stupende Kettenbrücke geschlossen, jenes Riesenwerk,
das man mit Recht das ächte Wunder der Welt
nennt, und welches, der Natur Trotz bietend, zwei
von ihr durch Meeresfluthen getrennte Lander wie-
der vereinigt hat. Ich werde gleich Gelegenheit ha-
ben, sie Dir näher zu beschreiben, von hier sieht sie
aus, als sey sie von Spinnen in die Luft gewebt.
Hast Du bei diesem abentheuerlichen Anblick mensch-
lichen Wirkens
eine Zeit lang verweilt, so stellt
sich, Dir gegenüber, eins der mannichfaltigsten und
größten Schauspiele der Natur dar -- die ganze
Kette des Gebirges von Wales, das hier unmittelbar
aus dem Wasser emporsteigt, -- hell und nahe genug,

Du ſtehſt, während weiter hin auf dem ebnen Spie-
gel hundert Fiſcherbarken und Schiffe durch einander
wimmeln, unter denen Du, beſonders hervorſtechend,
den vor Anker liegenden Cutter des Beſitzers, und
zwei Dampfboote gewahr wirſt, von denen das eine,
in weiter Ferne, mit einer ausgebreiteten ſchwarzen
Wolke ſegelt, das zweite, ganz nahe, nur eine ſchmale
weiße Säule gerade empor in die Luft haucht. Auf
der rechten Seite ſiehſt Du eine tiefe Bucht ſich in
das Land hineinziehen, die einen Archipel von kleinen
Inſeln aller Art und Formen bildet; manche belaubt,
andere kahl, und glatt von den Wellen geſchliffen,
einige mit Hütten bebaut, andere wie ſpitze Thürme
hervorragend. Wendeſt Du nun Dein Auge wieder
zurück zum Meeresarm, dieſen auf derſelben Seite
weiter verfolgend wie er ſich allmählig verengt, ſo
erblickſt Du mit Staunen die Ausſicht durch eine
ſtupende Kettenbrücke geſchloſſen, jenes Rieſenwerk,
das man mit Recht das ächte Wunder der Welt
nennt, und welches, der Natur Trotz bietend, zwei
von ihr durch Meeresfluthen getrennte Lánder wie-
der vereinigt hat. Ich werde gleich Gelegenheit ha-
ben, ſie Dir näher zu beſchreiben, von hier ſieht ſie
aus, als ſey ſie von Spinnen in die Luft gewebt.
Haſt Du bei dieſem abentheuerlichen Anblick menſch-
lichen Wirkens
eine Zeit lang verweilt, ſo ſtellt
ſich, Dir gegenüber, eins der mannichfaltigſten und
größten Schauſpiele der Natur dar — die ganze
Kette des Gebirges von Wales, das hier unmittelbar
aus dem Waſſer emporſteigt, — hell und nahe genug,

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[91/0115] Du ſtehſt, während weiter hin auf dem ebnen Spie- gel hundert Fiſcherbarken und Schiffe durch einander wimmeln, unter denen Du, beſonders hervorſtechend, den vor Anker liegenden Cutter des Beſitzers, und zwei Dampfboote gewahr wirſt, von denen das eine, in weiter Ferne, mit einer ausgebreiteten ſchwarzen Wolke ſegelt, das zweite, ganz nahe, nur eine ſchmale weiße Säule gerade empor in die Luft haucht. Auf der rechten Seite ſiehſt Du eine tiefe Bucht ſich in das Land hineinziehen, die einen Archipel von kleinen Inſeln aller Art und Formen bildet; manche belaubt, andere kahl, und glatt von den Wellen geſchliffen, einige mit Hütten bebaut, andere wie ſpitze Thürme hervorragend. Wendeſt Du nun Dein Auge wieder zurück zum Meeresarm, dieſen auf derſelben Seite weiter verfolgend wie er ſich allmählig verengt, ſo erblickſt Du mit Staunen die Ausſicht durch eine ſtupende Kettenbrücke geſchloſſen, jenes Rieſenwerk, das man mit Recht das ächte Wunder der Welt nennt, und welches, der Natur Trotz bietend, zwei von ihr durch Meeresfluthen getrennte Lánder wie- der vereinigt hat. Ich werde gleich Gelegenheit ha- ben, ſie Dir näher zu beſchreiben, von hier ſieht ſie aus, als ſey ſie von Spinnen in die Luft gewebt. Haſt Du bei dieſem abentheuerlichen Anblick menſch- lichen Wirkens eine Zeit lang verweilt, ſo ſtellt ſich, Dir gegenüber, eins der mannichfaltigſten und größten Schauſpiele der Natur dar — die ganze Kette des Gebirges von Wales, das hier unmittelbar aus dem Waſſer emporſteigt, — hell und nahe genug,

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/115>, abgerufen am 28.04.2024.