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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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Der adlichen Gemeinde in Christo ist es vielleicht
angenehm, und ihre Herzen rührend, wenn ich ihnen
in hochgeehrtem Austrage hiermit melde, daß wir in
diesem laufenden Monat abermals so glücklich gewe-
sen sind, 71/2 verdammte Seelen zu dem allein selig-
machenden Glauben hinzuführen, was uns, im Gan-
zen, nicht mehr als 100 Rthlr. baar, und drei An-
stellungen gekostet hat. Da wir weltliche Rechnun-
gen über dieses Geschäft ablegen, so ist der Kürze
wegen beliebt worden, Kinder unter 12 Jahren als
halbe Seelen aufzuführen. *) Und so segne denn der
Himmel ferner unser frommes Bemühen, und den
uneigennützigen Eifer, mit dem die Neubekehrten in
Jesu Schoos eingezogen sind. Amen!

Noch kündige ich an, daß nächsten Sonntag Abends,
wiederum um 8 Uhr, in demselben Lokal bei Fräu-
lein S ..., Versammlung bei verschlossenen Thüren
und im Dunkeln gehalten werden wird, um, durch
keine äußern Gegenstände zerstreut, den heiligen, süß
durchschauernden Gefühlen hingebender Liebe, gänz-
lich freien Lauf lassen zu können. Wir hoffen auf
eine reichliche Gemeinde, besonders auch von Seiten

*) Dieser Gebrauch Seelen zu theilen, der Triumph poli-
tischer Chymie, entstand, glaube ich, auf dem Wiener
Congreß, wo der König von D ...... k einem berühm-
ten Diplomaten, der ihm versicherte "que S. M. avait
gagnee tous les coeurs"
so richtig antwortete: oui,
mais pas une ame! pas meme la moitie d'une
ame.

Anm. d. H.

Der adlichen Gemeinde in Chriſto iſt es vielleicht
angenehm, und ihre Herzen rührend, wenn ich ihnen
in hochgeehrtem Auſtrage hiermit melde, daß wir in
dieſem laufenden Monat abermals ſo glücklich gewe-
ſen ſind, 7½ verdammte Seelen zu dem allein ſelig-
machenden Glauben hinzuführen, was uns, im Gan-
zen, nicht mehr als 100 Rthlr. baar, und drei An-
ſtellungen gekoſtet hat. Da wir weltliche Rechnun-
gen über dieſes Geſchäft ablegen, ſo iſt der Kürze
wegen beliebt worden, Kinder unter 12 Jahren als
halbe Seelen aufzuführen. *) Und ſo ſegne denn der
Himmel ferner unſer frommes Bemühen, und den
uneigennützigen Eifer, mit dem die Neubekehrten in
Jeſu Schoos eingezogen ſind. Amen!

Noch kündige ich an, daß nächſten Sonntag Abends,
wiederum um 8 Uhr, in demſelben Lokal bei Fräu-
lein S …, Verſammlung bei verſchloſſenen Thüren
und im Dunkeln gehalten werden wird, um, durch
keine äußern Gegenſtände zerſtreut, den heiligen, ſüß
durchſchauernden Gefühlen hingebender Liebe, gänz-
lich freien Lauf laſſen zu können. Wir hoffen auf
eine reichliche Gemeinde, beſonders auch von Seiten

*) Dieſer Gebrauch Seelen zu theilen, der Triumph poli-
tiſcher Chymie, entſtand, glaube ich, auf dem Wiener
Congreß, wo der König von D ...... k einem berühm-
ten Diplomaten, der ihm verſicherte „que S. M. avait
gagnée tous les coeurs“
ſo richtig antwortete: oui,
mais pas une àme! pas mème la moitié d’une
âme.

Anm. d. H.
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[87/0111] Der adlichen Gemeinde in Chriſto iſt es vielleicht angenehm, und ihre Herzen rührend, wenn ich ihnen in hochgeehrtem Auſtrage hiermit melde, daß wir in dieſem laufenden Monat abermals ſo glücklich gewe- ſen ſind, 7½ verdammte Seelen zu dem allein ſelig- machenden Glauben hinzuführen, was uns, im Gan- zen, nicht mehr als 100 Rthlr. baar, und drei An- ſtellungen gekoſtet hat. Da wir weltliche Rechnun- gen über dieſes Geſchäft ablegen, ſo iſt der Kürze wegen beliebt worden, Kinder unter 12 Jahren als halbe Seelen aufzuführen. *) Und ſo ſegne denn der Himmel ferner unſer frommes Bemühen, und den uneigennützigen Eifer, mit dem die Neubekehrten in Jeſu Schoos eingezogen ſind. Amen! Noch kündige ich an, daß nächſten Sonntag Abends, wiederum um 8 Uhr, in demſelben Lokal bei Fräu- lein S …, Verſammlung bei verſchloſſenen Thüren und im Dunkeln gehalten werden wird, um, durch keine äußern Gegenſtände zerſtreut, den heiligen, ſüß durchſchauernden Gefühlen hingebender Liebe, gänz- lich freien Lauf laſſen zu können. Wir hoffen auf eine reichliche Gemeinde, beſonders auch von Seiten *) Dieſer Gebrauch Seelen zu theilen, der Triumph poli- tiſcher Chymie, entſtand, glaube ich, auf dem Wiener Congreß, wo der König von D ...... k einem berühm- ten Diplomaten, der ihm verſicherte „que S. M. avait gagnée tous les coeurs“ ſo richtig antwortete: oui, mais pas une àme! pas mème la moitié d’une âme. Anm. d. H.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/111>, abgerufen am 27.04.2024.