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Preuß, Hugo: Franz Lieber, ein Bürger zweier Welten. Berlin, 1886.

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in einigen Bemerkungen seiner Briefe. "Diese Gewissenlosigkeit", schreibt er, "einen braven Mann in Fesseln schmachten zu lassen, empört mich, falls nicht gar Grausamkeit beabsichtigt ist ... Der arme Junge ist ganz zerbrochenen Herzens." Und am 6. April 1825: "Gestern besuchte ich den armen Lieber in dem Gefängniß zu Köpenick. O mein Gott!"

Endlich jedoch hatten Niebuhr's unermüdliche Bemühungen Erfolg. Zum großen Staunen der solcher Milde nicht gewohnten Zeitgenossen ward Lieber Ende April 1825 nach nur 10 monatlicher Gefangenschaft entlassen. Und einige Wochen später publicirte er unter dem Pseudonym Arnold Franz die Frucht seiner Gefängnißarbeit: ein Büchlein enthaltend vierzehn "Wein- und Wonnelieder", in Göthe'schem Styl und gewidmet den Componisten Zelter und C. M. v. Weber. Im Jammer des Gefängnißlebens, bei der fürchterlichen Aussicht, vielleicht sein Lebenlang, oder doch viele Jahre in den düstern Mauern vertrauern zu müssen, war die allgemeine deutsche Jugendkrankheit, die unbezwingliche Dichtlust, bei Lieber zum akuten Ausbruch gekommen, und in der verzweifeltsten Situation seines Lebens, in Gefangenschaft und hoffnungsloser Noth träumte und sang er von Wein und Wonne, von Lust und Liebe. Diese durch nichts zu trübende Klarheit der Seele charakterisirt den Jüngling, und ist dem Manne treu geblieben in allen Stürmen des Lebens.

Die Geschichte dieser Leiden und Verfolgungen zeigt, daß es nicht Leichtsinn, nicht Abenteuerlust war, was schließlich Lieber - wie so viele seiner Leidensgenossen damals und später - in die Fremde trieb. Wie gern hätte er die Mahnung unseres nationalsten Dichters befolgt: "An's Vaterland, an's theure, schließ' dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen!" Aber das Vaterland schien damals kaltherzig seine

in einigen Bemerkungen seiner Briefe. „Diese Gewissenlosigkeit“, schreibt er, „einen braven Mann in Fesseln schmachten zu lassen, empört mich, falls nicht gar Grausamkeit beabsichtigt ist … Der arme Junge ist ganz zerbrochenen Herzens.“ Und am 6. April 1825: „Gestern besuchte ich den armen Lieber in dem Gefängniß zu Köpenick. O mein Gott!“

Endlich jedoch hatten Niebuhr’s unermüdliche Bemühungen Erfolg. Zum großen Staunen der solcher Milde nicht gewohnten Zeitgenossen ward Lieber Ende April 1825 nach nur 10 monatlicher Gefangenschaft entlassen. Und einige Wochen später publicirte er unter dem Pseudonym Arnold Franz die Frucht seiner Gefängnißarbeit: ein Büchlein enthaltend vierzehn „Wein- und Wonnelieder“, in Göthe’schem Styl und gewidmet den Componisten Zelter und C. M. v. Weber. Im Jammer des Gefängnißlebens, bei der fürchterlichen Aussicht, vielleicht sein Lebenlang, oder doch viele Jahre in den düstern Mauern vertrauern zu müssen, war die allgemeine deutsche Jugendkrankheit, die unbezwingliche Dichtlust, bei Lieber zum akuten Ausbruch gekommen, und in der verzweifeltsten Situation seines Lebens, in Gefangenschaft und hoffnungsloser Noth träumte und sang er von Wein und Wonne, von Lust und Liebe. Diese durch nichts zu trübende Klarheit der Seele charakterisirt den Jüngling, und ist dem Manne treu geblieben in allen Stürmen des Lebens.

Die Geschichte dieser Leiden und Verfolgungen zeigt, daß es nicht Leichtsinn, nicht Abenteuerlust war, was schließlich Lieber – wie so viele seiner Leidensgenossen damals und später – in die Fremde trieb. Wie gern hätte er die Mahnung unseres nationalsten Dichters befolgt: „An’s Vaterland, an’s theure, schließ’ dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen!“ Aber das Vaterland schien damals kaltherzig seine

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[21/0021] in einigen Bemerkungen seiner Briefe. „Diese Gewissenlosigkeit“, schreibt er, „einen braven Mann in Fesseln schmachten zu lassen, empört mich, falls nicht gar Grausamkeit beabsichtigt ist … Der arme Junge ist ganz zerbrochenen Herzens.“ Und am 6. April 1825: „Gestern besuchte ich den armen Lieber in dem Gefängniß zu Köpenick. O mein Gott!“ Endlich jedoch hatten Niebuhr’s unermüdliche Bemühungen Erfolg. Zum großen Staunen der solcher Milde nicht gewohnten Zeitgenossen ward Lieber Ende April 1825 nach nur 10 monatlicher Gefangenschaft entlassen. Und einige Wochen später publicirte er unter dem Pseudonym Arnold Franz die Frucht seiner Gefängnißarbeit: ein Büchlein enthaltend vierzehn „Wein- und Wonnelieder“, in Göthe’schem Styl und gewidmet den Componisten Zelter und C. M. v. Weber. Im Jammer des Gefängnißlebens, bei der fürchterlichen Aussicht, vielleicht sein Lebenlang, oder doch viele Jahre in den düstern Mauern vertrauern zu müssen, war die allgemeine deutsche Jugendkrankheit, die unbezwingliche Dichtlust, bei Lieber zum akuten Ausbruch gekommen, und in der verzweifeltsten Situation seines Lebens, in Gefangenschaft und hoffnungsloser Noth träumte und sang er von Wein und Wonne, von Lust und Liebe. Diese durch nichts zu trübende Klarheit der Seele charakterisirt den Jüngling, und ist dem Manne treu geblieben in allen Stürmen des Lebens. Die Geschichte dieser Leiden und Verfolgungen zeigt, daß es nicht Leichtsinn, nicht Abenteuerlust war, was schließlich Lieber – wie so viele seiner Leidensgenossen damals und später – in die Fremde trieb. Wie gern hätte er die Mahnung unseres nationalsten Dichters befolgt: „An’s Vaterland, an’s theure, schließ’ dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen!“ Aber das Vaterland schien damals kaltherzig seine

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Zitationshilfe: Preuß, Hugo: Franz Lieber, ein Bürger zweier Welten. Berlin, 1886, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuss_franz_1886/21>, abgerufen am 21.11.2024.