Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Curieuse Reise-Beschreibung. VII. Cap.
herein. Jch stund auf, und grüssete sie mit grö-
ster Bescheidenheit. Garbon trat an Tisch, nahm
das Pappier, wovon ich dieses abgeschrieben,
und schloß es wieder in das Postement der Ver-
schwiegenheit.

Als Garbon bemühet war, einen Brief zu le-
sen, besahe ich die Statuen, welche ferner auf
dem Liebes-Saal stunden, und waren fol-
gende;

Die Freundschafft, solche war eine Frau
mit Myrthen und Granaten gekrönt, mit ihrem
rechten Arm umfassete sie einen dürren Baum,
darum eine Wein-Rebe sich geschlungen, auf ih-
rem Kleide stunden viel Sprüche, die ich nicht
verstehen konte.

Die Frölichkeit ward vorgestellet durch ein
jung tantzend Mädgen, die einen Krantz mit
Blumen um den Kopff hatte, ihr Rock war mit
vielerley Blumen gestickt, in ihrer rechten Hand
hatte sie einen Wein-Römer, und in der lincken
eine Schaale.

Die Schönheit war eine Frau, die ihren
Kopff eines Theils mit Wolcken bedeckt hatte,
sonst aber gantz nackend war; in der rechten Hand
hatte sie einen Compaß (Magnet-Nadel) und
Senck-Bley, und in der lincken eine Lilie.

Die Ehe wurde durch einen jungen Mann
vorgestellet, der ein Joch um den Hals hatte, ei-
nen Trau-Ring am Finger, einen Apffel in der
Hand, und Fessel an den Beinen, womit er auf
eine Schlange trat.

Hier

Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. VII. Cap.
herein. Jch ſtund auf, und gruͤſſete ſie mit groͤ-
ſter Beſcheidenheit. Garbon trat an Tiſch, nahm
das Pappier, wovon ich dieſes abgeſchrieben,
und ſchloß es wieder in das Poſtement der Ver-
ſchwiegenheit.

Als Garbon bemuͤhet war, einen Brief zu le-
ſen, beſahe ich die Statuen, welche ferner auf
dem Liebes-Saal ſtunden, und waren fol-
gende;

Die Freundſchafft, ſolche war eine Frau
mit Myrthen und Granaten gekroͤnt, mit ihrem
rechten Arm umfaſſete ſie einen duͤrren Baum,
darum eine Wein-Rebe ſich geſchlungen, auf ih-
rem Kleide ſtunden viel Spruͤche, die ich nicht
verſtehen konte.

Die Froͤlichkeit ward vorgeſtellet durch ein
jung tantzend Maͤdgen, die einen Krantz mit
Blumen um den Kopff hatte, ihr Rock war mit
vielerley Blumen geſtickt, in ihrer rechten Hand
hatte ſie einen Wein-Roͤmer, und in der lincken
eine Schaale.

Die Schoͤnheit war eine Frau, die ihren
Kopff eines Theils mit Wolcken bedeckt hatte,
ſonſt aber gantz nackend war; in der rechten Hand
hatte ſie einen Compaß (Magnet-Nadel) und
Senck-Bley, und in der lincken eine Lilie.

Die Ehe wurde durch einen jungen Mann
vorgeſtellet, der ein Joch um den Hals hatte, ei-
nen Trau-Ring am Finger, einen Apffel in der
Hand, und Feſſel an den Beinen, womit er auf
eine Schlange trat.

Hier
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div n="1">
              <div n="2">
                <p><pb facs="#f0225" n="191"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Curieu&#x017F;e</hi> Rei&#x017F;e-Be&#x017F;chreibung. <hi rendition="#aq">VII. Cap.</hi></hi></fw><lb/>
herein. Jch &#x017F;tund auf, und gru&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete &#x017F;ie mit gro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ter Be&#x017F;cheidenheit. <hi rendition="#aq">Garbon</hi> trat an Ti&#x017F;ch, nahm<lb/>
das Pappier, wovon ich die&#x017F;es abge&#x017F;chrieben,<lb/>
und &#x017F;chloß es wieder in das <hi rendition="#aq">Po&#x017F;tement</hi> der Ver-<lb/>
&#x017F;chwiegenheit.</p><lb/>
                <p>Als <hi rendition="#aq">Garbon</hi> bemu&#x0364;het war, einen Brief zu le-<lb/>
&#x017F;en, be&#x017F;ahe ich die <hi rendition="#aq">Statue</hi>n, welche ferner auf<lb/>
dem Liebes-Saal &#x017F;tunden, und waren fol-<lb/>
gende;</p><lb/>
                <p>Die <hi rendition="#fr">Freund&#x017F;chafft,</hi> &#x017F;olche war eine Frau<lb/>
mit Myrthen und Granaten gekro&#x0364;nt, mit ihrem<lb/>
rechten Arm umfa&#x017F;&#x017F;ete &#x017F;ie einen du&#x0364;rren Baum,<lb/>
darum eine Wein-Rebe &#x017F;ich ge&#x017F;chlungen, auf ih-<lb/>
rem Kleide &#x017F;tunden viel Spru&#x0364;che, die ich nicht<lb/>
ver&#x017F;tehen konte.</p><lb/>
                <p>Die <hi rendition="#fr">Fro&#x0364;lichkeit</hi> ward vorge&#x017F;tellet durch ein<lb/>
jung tantzend Ma&#x0364;dgen, die einen Krantz mit<lb/>
Blumen um den Kopff hatte, ihr Rock war mit<lb/>
vielerley Blumen ge&#x017F;tickt, in ihrer rechten Hand<lb/>
hatte &#x017F;ie einen Wein-Ro&#x0364;mer, und in der lincken<lb/>
eine Schaale.</p><lb/>
                <p>Die <hi rendition="#fr">Scho&#x0364;nheit</hi> war eine Frau, die ihren<lb/>
Kopff eines Theils mit Wolcken bedeckt hatte,<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t aber gantz nackend war; in der rechten Hand<lb/>
hatte &#x017F;ie einen <hi rendition="#aq">Compaß</hi> (Magnet-Nadel) und<lb/>
Senck-Bley, und in der lincken eine Lilie.</p><lb/>
                <p>Die <hi rendition="#fr">Ehe</hi> wurde durch einen jungen Mann<lb/>
vorge&#x017F;tellet, der ein Joch um den Hals hatte, ei-<lb/>
nen Trau-Ring am Finger, einen Apffel in der<lb/>
Hand, und Fe&#x017F;&#x017F;el an den Beinen, womit er auf<lb/>
eine Schlange trat.</p><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">Hier</fw><lb/>
              </div>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0225] Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. VII. Cap. herein. Jch ſtund auf, und gruͤſſete ſie mit groͤ- ſter Beſcheidenheit. Garbon trat an Tiſch, nahm das Pappier, wovon ich dieſes abgeſchrieben, und ſchloß es wieder in das Poſtement der Ver- ſchwiegenheit. Als Garbon bemuͤhet war, einen Brief zu le- ſen, beſahe ich die Statuen, welche ferner auf dem Liebes-Saal ſtunden, und waren fol- gende; Die Freundſchafft, ſolche war eine Frau mit Myrthen und Granaten gekroͤnt, mit ihrem rechten Arm umfaſſete ſie einen duͤrren Baum, darum eine Wein-Rebe ſich geſchlungen, auf ih- rem Kleide ſtunden viel Spruͤche, die ich nicht verſtehen konte. Die Froͤlichkeit ward vorgeſtellet durch ein jung tantzend Maͤdgen, die einen Krantz mit Blumen um den Kopff hatte, ihr Rock war mit vielerley Blumen geſtickt, in ihrer rechten Hand hatte ſie einen Wein-Roͤmer, und in der lincken eine Schaale. Die Schoͤnheit war eine Frau, die ihren Kopff eines Theils mit Wolcken bedeckt hatte, ſonſt aber gantz nackend war; in der rechten Hand hatte ſie einen Compaß (Magnet-Nadel) und Senck-Bley, und in der lincken eine Lilie. Die Ehe wurde durch einen jungen Mann vorgeſtellet, der ein Joch um den Hals hatte, ei- nen Trau-Ring am Finger, einen Apffel in der Hand, und Feſſel an den Beinen, womit er auf eine Schlange trat. Hier

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/posos_krinkekesmes_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/posos_krinkekesmes_1721/225
Zitationshilfe: Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/posos_krinkekesmes_1721/225>, abgerufen am 27.05.2024.