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Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721.

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Curieuse Reise-Beschreibung. V. Cap.
hierinn unterrichtet zu werden; Hiebey senden"
wir auch was unsre Gegen-Meinung ist."

So die Seele ein denckend Wesen ist, so"
hat sie nichts Cörperliches.
Daraus folgt,"
daß sie auch untheilbar sey, daher kan sie auch nur"
durch das Dencken etwas leiden. Denn ein"
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cken nichts thun noch leiden. Hieraus folgt,"
daß es unverständlich und unbegreifflich ist, das"
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könne."

Man kan begreiffen, daß das Dencken und"
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Die Seele denckt, der Leib empfindet und"
leidet, so lange als sie beysammen seyn."

Einige sagen, daß die Seele urtheilen könne,"
wo und auf welcher Stelle der Leib empfindet"
oder Schmertz fühlet, wie man aber in seinen"
Urtheil betrogen werde, das ist klar genug."

Daher gehört das Dencken vor die See-"
le, und das Empfinden, Leiden oder"
Schmertz vor den Leib;
wie dieses berühm-"
te Medici und Chirurgi begreiffen."

Denn der Leib hat nichts von der Seele an"
sich, daher kan er auch nicht dencken. Das"
Thun und Leiden ist sein Proprium, so lange er"
mit der Seele oder mit dem Leibe vereinigt ist;"

denn
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Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. V. Cap.
hierinn unterrichtet zu werden; Hiebey ſenden„
wir auch was unſre Gegen-Meinung iſt.„

So die Seele ein denckend Weſen iſt, ſo„
hat ſie nichts Coͤrperliches.
Daraus folgt,„
daß ſie auch untheilbar ſey, daher kan ſie auch nur„
durch das Dencken etwas leiden. Denn ein„
uncoͤrperlichs Weſen das kan auſſer den Den-„
cken nichts thun noch leiden. Hieraus folgt,„
daß es unverſtaͤndlich und unbegreifflich iſt, das„
ein uncoͤrperliches und untheilbares vor ſich„
ſelbſt beſtehendes Weſen, als die Seele iſt, et-„
was thun, empfinden oder Schmertz leiden„
koͤnne.„

Man kan begreiffen, daß das Dencken und„
Leiden oder Empfinden beſondre und abgeſon-„
derte Sachen, thun oder leiden ſeyn, und hat ein„
iedes einen beſondern Anfang, und unterſchie-„
denes Subjectum.

Die Seele denckt, der Leib empfindet und„
leidet, ſo lange als ſie beyſammen ſeyn.„

Einige ſagen, daß die Seele urtheilen koͤnne,„
wo und auf welcher Stelle der Leib empfindet„
oder Schmertz fuͤhlet, wie man aber in ſeinen„
Urtheil betrogen werde, das iſt klar genug.„

Daher gehoͤrt das Dencken vor die See-„
le, und das Empfinden, Leiden oder„
Schmertz vor den Leib;
wie dieſes beruͤhm-„
te Medici und Chirurgi begreiffen.„

Denn der Leib hat nichts von der Seele an„
ſich, daher kan er auch nicht dencken. Das„
Thun und Leiden iſt ſein Proprium, ſo lange er„
mit der Seele oder mit dem Leibe vereinigt iſt;„

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[87/0111] Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. V. Cap. hierinn unterrichtet zu werden; Hiebey ſenden„ wir auch was unſre Gegen-Meinung iſt.„ So die Seele ein denckend Weſen iſt, ſo„ hat ſie nichts Coͤrperliches. Daraus folgt,„ daß ſie auch untheilbar ſey, daher kan ſie auch nur„ durch das Dencken etwas leiden. Denn ein„ uncoͤrperlichs Weſen das kan auſſer den Den-„ cken nichts thun noch leiden. Hieraus folgt,„ daß es unverſtaͤndlich und unbegreifflich iſt, das„ ein uncoͤrperliches und untheilbares vor ſich„ ſelbſt beſtehendes Weſen, als die Seele iſt, et-„ was thun, empfinden oder Schmertz leiden„ koͤnne.„ Man kan begreiffen, daß das Dencken und„ Leiden oder Empfinden beſondre und abgeſon-„ derte Sachen, thun oder leiden ſeyn, und hat ein„ iedes einen beſondern Anfang, und unterſchie-„ denes Subjectum.„ Die Seele denckt, der Leib empfindet und„ leidet, ſo lange als ſie beyſammen ſeyn.„ Einige ſagen, daß die Seele urtheilen koͤnne,„ wo und auf welcher Stelle der Leib empfindet„ oder Schmertz fuͤhlet, wie man aber in ſeinen„ Urtheil betrogen werde, das iſt klar genug.„ Daher gehoͤrt das Dencken vor die See-„ le, und das Empfinden, Leiden oder„ Schmertz vor den Leib; wie dieſes beruͤhm-„ te Medici und Chirurgi begreiffen.„ Denn der Leib hat nichts von der Seele an„ ſich, daher kan er auch nicht dencken. Das„ Thun und Leiden iſt ſein Proprium, ſo lange er„ mit der Seele oder mit dem Leibe vereinigt iſt;„ denn F 4

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Zitationshilfe: Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/posos_krinkekesmes_1721/111>, abgerufen am 19.05.2024.