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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

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ihm auch nach vieler Mühe, es von einem Bra-
minen, der sich zur christlichen Religion wandte,
zu erfahren. Diesem Baldäus sind wir die
ganze folgende Beschreibung schuldig.

1) Geben die Braminen vor, welches die
Hindistaner auch größestentheils glauben, daß die-
ser Gott Vistnou, bereits neunmal leibliche Ge-
stalt an sich genommen, und daß er noch einmal
im Fleisch erscheinen werde. Das erstemal ver-
wandelte er sich in einen großen Seehund, Na-
mens Matja, um den Vedam einen gewissen
Dämon zu entreissen, der es aus dem Dewaaol
gestohlen, und sich damit in den Abgrund des
Meers versteckt hatte.
2) Das zweytemal verwandelte er sich in
eine Kourma oder Schildkröte, in deren Ge-
stalt er unter die Welt kam, als er sich mit dem
Gewicht des Berges Merowa, oder Maha-
Meru, der in die See geworfen wurde, hinab-
senkete, um das Amortam, oder das Ambrosia
zu finden. Dieses Amortam sollte als ein Gegen-
gift dienen, wider einen gewissen heftigen Gift.
3) Das drittemal verwandelte sich dieser
Gott in ein Schwein, um einen sehr langen
Riesen zu verfolgen, der den Erdboden wie ein
Blatt Papier zusammengewickelt hatte, und
selbigen auf den Schultern trug; da er aber
nicht vermögend war, denselben wieder gerade
hinzustellen, so bediente er sich eines kleinen Hei-
ligen,

ihm auch nach vieler Muͤhe, es von einem Bra-
minen, der ſich zur chriſtlichen Religion wandte,
zu erfahren. Dieſem Baldaͤus ſind wir die
ganze folgende Beſchreibung ſchuldig.

1) Geben die Braminen vor, welches die
Hindiſtaner auch groͤßeſtentheils glauben, daß die-
ſer Gott Viſtnou, bereits neunmal leibliche Ge-
ſtalt an ſich genommen, und daß er noch einmal
im Fleiſch erſcheinen werde. Das erſtemal ver-
wandelte er ſich in einen großen Seehund, Na-
mens Matja, um den Vedam einen gewiſſen
Daͤmon zu entreiſſen, der es aus dem Dewaaol
geſtohlen, und ſich damit in den Abgrund des
Meers verſteckt hatte.
2) Das zweytemal verwandelte er ſich in
eine Kourma oder Schildkroͤte, in deren Ge-
ſtalt er unter die Welt kam, als er ſich mit dem
Gewicht des Berges Merowa, oder Maha-
Meru, der in die See geworfen wurde, hinab-
ſenkete, um das Amortam, oder das Ambroſia
zu finden. Dieſes Amortam ſollte als ein Gegen-
gift dienen, wider einen gewiſſen heftigen Gift.
3) Das drittemal verwandelte ſich dieſer
Gott in ein Schwein, um einen ſehr langen
Rieſen zu verfolgen, der den Erdboden wie ein
Blatt Papier zuſammengewickelt hatte, und
ſelbigen auf den Schultern trug; da er aber
nicht vermoͤgend war, denſelben wieder gerade
hinzuſtellen, ſo bediente er ſich eines kleinen Hei-
ligen,
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[464/0490] ihm auch nach vieler Muͤhe, es von einem Bra- minen, der ſich zur chriſtlichen Religion wandte, zu erfahren. Dieſem Baldaͤus ſind wir die ganze folgende Beſchreibung ſchuldig. 1) Geben die Braminen vor, welches die Hindiſtaner auch groͤßeſtentheils glauben, daß die- ſer Gott Viſtnou, bereits neunmal leibliche Ge- ſtalt an ſich genommen, und daß er noch einmal im Fleiſch erſcheinen werde. Das erſtemal ver- wandelte er ſich in einen großen Seehund, Na- mens Matja, um den Vedam einen gewiſſen Daͤmon zu entreiſſen, der es aus dem Dewaaol geſtohlen, und ſich damit in den Abgrund des Meers verſteckt hatte. 2) Das zweytemal verwandelte er ſich in eine Kourma oder Schildkroͤte, in deren Ge- ſtalt er unter die Welt kam, als er ſich mit dem Gewicht des Berges Merowa, oder Maha- Meru, der in die See geworfen wurde, hinab- ſenkete, um das Amortam, oder das Ambroſia zu finden. Dieſes Amortam ſollte als ein Gegen- gift dienen, wider einen gewiſſen heftigen Gift. 3) Das drittemal verwandelte ſich dieſer Gott in ein Schwein, um einen ſehr langen Rieſen zu verfolgen, der den Erdboden wie ein Blatt Papier zuſammengewickelt hatte, und ſelbigen auf den Schultern trug; da er aber nicht vermoͤgend war, denſelben wieder gerade hinzuſtellen, ſo bediente er ſich eines kleinen Hei- ligen,

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/490>, abgerufen am 02.06.2024.