Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

wurden sie immer nachläßiger in der Ausübung
ihrer Pflichten, und arteten endlich ganz aus.
Die Braminen wuchsen an Heucheley; die
Kutteri wurden stolz und eitel, suchten ihre
Macht durch unerlaubte Mittel zu erweitern;
die Kaufleute ergaben sich dem Betrug im Han-
del und Wandel; die Handwerksleute gingen
müßig, und übertheuerten die Leute mit ihrer
Arbeit. Alles dieß mißfiel dem Herrn, und
kam also zum drittenmale wieder auf den Berg
Meropurbati herab. Als er dem Brama be-
kannt gemacht hatte, was er an den Menschen
tadle, so kam dieser zurück, und ertheilte den
Menschen von dem bevorstehenden Gerichte
Nachricht, worauf sie sich ein wenig besserten.
Nach und nach fielen sie aber in ihre vorigen
Sünden zurück. Brama bat für sie. Allein
dieß war vergebens. Der Zorn des Herrn war
aber nicht mehr besänftigen. Er nahm den
Brama zu sich in seinen Schoos, damit er das
Uebel nicht erfahren solle. Er befahl hierauf
dem Vistney, die Welt zu verderben, welcher
auch für die Erhaltung der Welt bat. Der
Herr aber, der entschlossen war, seinen Zorn
nicht zurückzuhalten, befahl dem Rudderi,
dessen Amt es war, die Strafgerichte auszu-
üben, einen Sturm aus dem Innersten des
Erdbodens hervorzubringen, und die Nationen
wie ein Staub von der Erde zu jagen. Rud-
deri,
dem göttlichen Befehle zu folgen, setzte
alle Winde in Bewegung, welche alles erschüt-

terten.
F f 3

wurden ſie immer nachlaͤßiger in der Ausuͤbung
ihrer Pflichten, und arteten endlich ganz aus.
Die Braminen wuchſen an Heucheley; die
Kutteri wurden ſtolz und eitel, ſuchten ihre
Macht durch unerlaubte Mittel zu erweitern;
die Kaufleute ergaben ſich dem Betrug im Han-
del und Wandel; die Handwerksleute gingen
muͤßig, und uͤbertheuerten die Leute mit ihrer
Arbeit. Alles dieß mißfiel dem Herrn, und
kam alſo zum drittenmale wieder auf den Berg
Meropurbati herab. Als er dem Brama be-
kannt gemacht hatte, was er an den Menſchen
tadle, ſo kam dieſer zuruͤck, und ertheilte den
Menſchen von dem bevorſtehenden Gerichte
Nachricht, worauf ſie ſich ein wenig beſſerten.
Nach und nach fielen ſie aber in ihre vorigen
Suͤnden zuruͤck. Brama bat fuͤr ſie. Allein
dieß war vergebens. Der Zorn des Herrn war
aber nicht mehr beſaͤnftigen. Er nahm den
Brama zu ſich in ſeinen Schoos, damit er das
Uebel nicht erfahren ſolle. Er befahl hierauf
dem Viſtney, die Welt zu verderben, welcher
auch fuͤr die Erhaltung der Welt bat. Der
Herr aber, der entſchloſſen war, ſeinen Zorn
nicht zuruͤckzuhalten, befahl dem Rudderi,
deſſen Amt es war, die Strafgerichte auszu-
uͤben, einen Sturm aus dem Innerſten des
Erdbodens hervorzubringen, und die Nationen
wie ein Staub von der Erde zu jagen. Rud-
deri,
dem goͤttlichen Befehle zu folgen, ſetzte
alle Winde in Bewegung, welche alles erſchuͤt-

terten.
F f 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0479" n="453"/>
wurden &#x017F;ie immer nachla&#x0364;ßiger in der Ausu&#x0364;bung<lb/>
ihrer Pflichten, und arteten endlich ganz aus.<lb/>
Die Braminen wuch&#x017F;en an Heucheley; die<lb/>
Kutteri wurden &#x017F;tolz und eitel, &#x017F;uchten ihre<lb/>
Macht durch unerlaubte Mittel zu erweitern;<lb/>
die Kaufleute ergaben &#x017F;ich dem Betrug im Han-<lb/>
del und Wandel; die Handwerksleute gingen<lb/>
mu&#x0364;ßig, und u&#x0364;bertheuerten die Leute mit ihrer<lb/>
Arbeit. Alles dieß mißfiel dem Herrn, und<lb/>
kam al&#x017F;o zum drittenmale wieder auf den Berg<lb/><hi rendition="#fr">Meropurbati</hi> herab. Als er dem Brama be-<lb/>
kannt gemacht hatte, was er an den Men&#x017F;chen<lb/>
tadle, &#x017F;o kam die&#x017F;er zuru&#x0364;ck, und ertheilte den<lb/>
Men&#x017F;chen von dem bevor&#x017F;tehenden Gerichte<lb/>
Nachricht, worauf &#x017F;ie &#x017F;ich ein wenig be&#x017F;&#x017F;erten.<lb/>
Nach und nach fielen &#x017F;ie aber in ihre vorigen<lb/>
Su&#x0364;nden zuru&#x0364;ck. Brama bat fu&#x0364;r &#x017F;ie. Allein<lb/>
dieß war vergebens. Der Zorn des Herrn war<lb/>
aber nicht mehr be&#x017F;a&#x0364;nftigen. Er nahm den<lb/>
Brama zu &#x017F;ich in &#x017F;einen Schoos, damit er das<lb/>
Uebel nicht erfahren &#x017F;olle. Er befahl hierauf<lb/>
dem <hi rendition="#fr">Vi&#x017F;tney,</hi> die Welt zu verderben, welcher<lb/>
auch fu&#x0364;r die Erhaltung der Welt bat. Der<lb/>
Herr aber, der ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en war, &#x017F;einen Zorn<lb/>
nicht zuru&#x0364;ckzuhalten, befahl dem <hi rendition="#fr">Rudderi,</hi><lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Amt es war, die Strafgerichte auszu-<lb/>
u&#x0364;ben, einen Sturm aus dem Inner&#x017F;ten des<lb/>
Erdbodens hervorzubringen, und die Nationen<lb/>
wie ein Staub von der Erde zu jagen. <hi rendition="#fr">Rud-<lb/>
deri,</hi> dem go&#x0364;ttlichen Befehle zu folgen, &#x017F;etzte<lb/>
alle Winde in Bewegung, welche alles er&#x017F;chu&#x0364;t-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f 3</fw><fw place="bottom" type="catch">terten.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[453/0479] wurden ſie immer nachlaͤßiger in der Ausuͤbung ihrer Pflichten, und arteten endlich ganz aus. Die Braminen wuchſen an Heucheley; die Kutteri wurden ſtolz und eitel, ſuchten ihre Macht durch unerlaubte Mittel zu erweitern; die Kaufleute ergaben ſich dem Betrug im Han- del und Wandel; die Handwerksleute gingen muͤßig, und uͤbertheuerten die Leute mit ihrer Arbeit. Alles dieß mißfiel dem Herrn, und kam alſo zum drittenmale wieder auf den Berg Meropurbati herab. Als er dem Brama be- kannt gemacht hatte, was er an den Menſchen tadle, ſo kam dieſer zuruͤck, und ertheilte den Menſchen von dem bevorſtehenden Gerichte Nachricht, worauf ſie ſich ein wenig beſſerten. Nach und nach fielen ſie aber in ihre vorigen Suͤnden zuruͤck. Brama bat fuͤr ſie. Allein dieß war vergebens. Der Zorn des Herrn war aber nicht mehr beſaͤnftigen. Er nahm den Brama zu ſich in ſeinen Schoos, damit er das Uebel nicht erfahren ſolle. Er befahl hierauf dem Viſtney, die Welt zu verderben, welcher auch fuͤr die Erhaltung der Welt bat. Der Herr aber, der entſchloſſen war, ſeinen Zorn nicht zuruͤckzuhalten, befahl dem Rudderi, deſſen Amt es war, die Strafgerichte auszu- uͤben, einen Sturm aus dem Innerſten des Erdbodens hervorzubringen, und die Nationen wie ein Staub von der Erde zu jagen. Rud- deri, dem goͤttlichen Befehle zu folgen, ſetzte alle Winde in Bewegung, welche alles erſchuͤt- terten. F f 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/479
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/479>, abgerufen am 23.07.2024.