che Fabel mit eingemischt haben. -- Wir kön- nen indessen doch hier noch bemerken, daß ein angesehener Theil siamischer Einwohner die lä- cherlichen Gottheiten nicht anbeten, welche fast allgemein verehrt werden. Es giebt auch hier Deisten, welche den Sommonokhodon als ei- nen feinen Betrüger ansehen, der in Siam ei- nen Gottesdienst nach seiner Phantasie einge- führt, der aber sonst eine gute Sittenlehre ge- predigt, und fürtrefliche Gesetze hinterlassen hät- te. Diese Leute glauben ein erstes Wesen, einig in seiner Art, welches Himmel und Erde ge- schaffen hat. Sie geben aber vor, daß es die Welt nur zu seinem Vergnügen hervorgebracht habe und noch erhalte; daß es sich um die Be- schaffenheit der Ehrenbezeugungen, die man ihm erweist, wenig bekümmere, und daß in seinen Augen alle Religionen gleich gut sind, weil sie alle einerley Absicht haben, nemlich das höchste Wesen zu verehren, so wie verschiedene Wege zu einer großen Stadt führen. Dieser Worte bedient sich Gervaise Th. 3. K. 1. den man hierüber weiter nachlesen kann.
Wir wenden uns nunmehr zu den Verstehern der Religion der Siamer, welche man Talapoi- nen zu nennen pflegt. Diese Art Leute haben mit unsern Mönchen in manchen Stücken viel Aehnlichkeit. -- Sie bereden das Volk, ihre Stiftung käme vom Himmel, und ein Engel hätte die Ordensregeln dem Sommonokhodon
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che Fabel mit eingemiſcht haben. — Wir koͤn- nen indeſſen doch hier noch bemerken, daß ein angeſehener Theil ſiamiſcher Einwohner die laͤ- cherlichen Gottheiten nicht anbeten, welche faſt allgemein verehrt werden. Es giebt auch hier Deiſten, welche den Sommonokhodon als ei- nen feinen Betruͤger anſehen, der in Siam ei- nen Gottesdienſt nach ſeiner Phantaſie einge- fuͤhrt, der aber ſonſt eine gute Sittenlehre ge- predigt, und fuͤrtrefliche Geſetze hinterlaſſen haͤt- te. Dieſe Leute glauben ein erſtes Weſen, einig in ſeiner Art, welches Himmel und Erde ge- ſchaffen hat. Sie geben aber vor, daß es die Welt nur zu ſeinem Vergnuͤgen hervorgebracht habe und noch erhalte; daß es ſich um die Be- ſchaffenheit der Ehrenbezeugungen, die man ihm erweiſt, wenig bekuͤmmere, und daß in ſeinen Augen alle Religionen gleich gut ſind, weil ſie alle einerley Abſicht haben, nemlich das hoͤchſte Weſen zu verehren, ſo wie verſchiedene Wege zu einer großen Stadt fuͤhren. Dieſer Worte bedient ſich Gervaiſe Th. 3. K. 1. den man hieruͤber weiter nachleſen kann.
Wir wenden uns nunmehr zu den Verſtehern der Religion der Siamer, welche man Talapoi- nen zu nennen pflegt. Dieſe Art Leute haben mit unſern Moͤnchen in manchen Stuͤcken viel Aehnlichkeit. — Sie bereden das Volk, ihre Stiftung kaͤme vom Himmel, und ein Engel haͤtte die Ordensregeln dem Sommonokhodon
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che Fabel mit eingemiſcht haben. — Wir koͤn-
nen indeſſen doch hier noch bemerken, daß ein
angeſehener Theil ſiamiſcher Einwohner die laͤ-
cherlichen Gottheiten nicht anbeten, welche faſt
allgemein verehrt werden. Es giebt auch hier
Deiſten, welche den Sommonokhodon als ei-
nen feinen Betruͤger anſehen, der in Siam ei-
nen Gottesdienſt nach ſeiner Phantaſie einge-
fuͤhrt, der aber ſonſt eine gute Sittenlehre ge-
predigt, und fuͤrtrefliche Geſetze hinterlaſſen haͤt-
te. Dieſe Leute glauben ein erſtes Weſen, einig
in ſeiner Art, welches Himmel und Erde ge-
ſchaffen hat. Sie geben aber vor, daß es die
Welt nur zu ſeinem Vergnuͤgen hervorgebracht
habe und noch erhalte; daß es ſich um die Be-
ſchaffenheit der Ehrenbezeugungen, die man
ihm erweiſt, wenig bekuͤmmere, und daß in
ſeinen Augen alle Religionen gleich gut ſind,
weil ſie alle einerley Abſicht haben, nemlich das
hoͤchſte Weſen zu verehren, ſo wie verſchiedene
Wege zu einer großen Stadt fuͤhren. Dieſer
Worte bedient ſich Gervaiſe Th. 3. K. 1. den
man hieruͤber weiter nachleſen kann.
Wir wenden uns nunmehr zu den Verſtehern
der Religion der Siamer, welche man Talapoi-
nen zu nennen pflegt. Dieſe Art Leute haben
mit unſern Moͤnchen in manchen Stuͤcken viel
Aehnlichkeit. — Sie bereden das Volk, ihre
Stiftung kaͤme vom Himmel, und ein Engel
haͤtte die Ordensregeln dem Sommonokhodon
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/375>, abgerufen am 22.11.2024.
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