wohl prüfen, und auf der Stelle entweder gleich annehmen oder verwerfen, auch einen unnöthi- gen Kläger so gleich bestrafen. Aber in Siam nimmt man es so genau nicht. -- Die Klag- schrift wird angenommen, und einem Rathe zu- gestellt. Der Statthalter thut weiter nichts dabey, als daß er die Zeilen abzählt, und sein Siegel darunter drückt, damit nichts daran geändert werden könne. Der Rath giebt sie dem Schreiber, der sie in der ersten Rathsver- sammlung abliest. Man fodert hernach die Partheyen vor, man ermahnt sie dreymal zum Vergleiche, und wenn sie nicht wollen, befiehlt der Rath dem Gerichtsschreiber, sie zu befragen, ihre Zeugen zu vernehmen, und ihre Produktio- nen zu untersuchen. So endigt sich der erste Termin.
In dem andern referirt der Gerichtsschrei- ber die Sachen weitläuftiger, erzählt, was bey- de Theile für sich angeführt, und sammlet die Stimmen, welche er aufschreibt. In dem dritten liest der Referent, nach einer kurzen Wie- derholung des ganzen Verfahrens, die Stim- men ab. Der Pouran, ehe er die Partheyen entscheidet, läßt das Gesetzbuch aufschlagen, zieht denjenigen Artikel, welcher ihre Streitig- keiten angeht, zu Rathe, und fällt das End- urtheil.
Nach den Gesetzen des Landes sollten diese Termine drey Tage hintereinander seyn, und die verwickeltsten Processe würden keine Woche
dauern.
wohl pruͤfen, und auf der Stelle entweder gleich annehmen oder verwerfen, auch einen unnoͤthi- gen Klaͤger ſo gleich beſtrafen. Aber in Siam nimmt man es ſo genau nicht. — Die Klag- ſchrift wird angenommen, und einem Rathe zu- geſtellt. Der Statthalter thut weiter nichts dabey, als daß er die Zeilen abzaͤhlt, und ſein Siegel darunter druͤckt, damit nichts daran geaͤndert werden koͤnne. Der Rath giebt ſie dem Schreiber, der ſie in der erſten Rathsver- ſammlung ablieſt. Man fodert hernach die Partheyen vor, man ermahnt ſie dreymal zum Vergleiche, und wenn ſie nicht wollen, befiehlt der Rath dem Gerichtsſchreiber, ſie zu befragen, ihre Zeugen zu vernehmen, und ihre Produktio- nen zu unterſuchen. So endigt ſich der erſte Termin.
In dem andern referirt der Gerichtsſchrei- ber die Sachen weitlaͤuftiger, erzaͤhlt, was bey- de Theile fuͤr ſich angefuͤhrt, und ſammlet die Stimmen, welche er aufſchreibt. In dem dritten lieſt der Referent, nach einer kurzen Wie- derholung des ganzen Verfahrens, die Stim- men ab. Der Pouran, ehe er die Partheyen entſcheidet, laͤßt das Geſetzbuch aufſchlagen, zieht denjenigen Artikel, welcher ihre Streitig- keiten angeht, zu Rathe, und faͤllt das End- urtheil.
Nach den Geſetzen des Landes ſollten dieſe Termine drey Tage hintereinander ſeyn, und die verwickeltſten Proceſſe wuͤrden keine Woche
dauern.
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[331/0357]
wohl pruͤfen, und auf der Stelle entweder gleich
annehmen oder verwerfen, auch einen unnoͤthi-
gen Klaͤger ſo gleich beſtrafen. Aber in Siam
nimmt man es ſo genau nicht. — Die Klag-
ſchrift wird angenommen, und einem Rathe zu-
geſtellt. Der Statthalter thut weiter nichts
dabey, als daß er die Zeilen abzaͤhlt, und ſein
Siegel darunter druͤckt, damit nichts daran
geaͤndert werden koͤnne. Der Rath giebt ſie
dem Schreiber, der ſie in der erſten Rathsver-
ſammlung ablieſt. Man fodert hernach die
Partheyen vor, man ermahnt ſie dreymal zum
Vergleiche, und wenn ſie nicht wollen, befiehlt
der Rath dem Gerichtsſchreiber, ſie zu befragen,
ihre Zeugen zu vernehmen, und ihre Produktio-
nen zu unterſuchen. So endigt ſich der erſte
Termin.
In dem andern referirt der Gerichtsſchrei-
ber die Sachen weitlaͤuftiger, erzaͤhlt, was bey-
de Theile fuͤr ſich angefuͤhrt, und ſammlet die
Stimmen, welche er aufſchreibt. In dem
dritten lieſt der Referent, nach einer kurzen Wie-
derholung des ganzen Verfahrens, die Stim-
men ab. Der Pouran, ehe er die Partheyen
entſcheidet, laͤßt das Geſetzbuch aufſchlagen,
zieht denjenigen Artikel, welcher ihre Streitig-
keiten angeht, zu Rathe, und faͤllt das End-
urtheil.
Nach den Geſetzen des Landes ſollten dieſe
Termine drey Tage hintereinander ſeyn, und
die verwickeltſten Proceſſe wuͤrden keine Woche
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/357>, abgerufen am 22.11.2024.
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