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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

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sich nicht; die Mannspersonen aber färben sich
zuweilen die Arme, Waden und Schenkel mit
einer blauen Farbe, mehr aus Aberglauben als
aus Pracht.

So schwarz indessen die Siamer immer seyn
mögen, so kann man ihnen doch das Lob der
Reinlichkeit nicht absprechen. Sie baden sich
des Tages wenigstens drey oder viermal, und
sie statten keinen wichtigen Besuch ab, ohne sich
vorher zu waschen, und um es kenntbar zu ma-
chen, daß sie sich so eben erst gewaschen haben,
machen sie sich mit Kreide ein weisses Zeichen auf
die Brust. Die Mode des Landes will, daß
sie zu Zeiten ihren Körper mit wohlriechenden
Sachen beschmieren, die Lippen mit einer wohl-
riechenden Pomade bestreichen, wovon sie sehr
blaß werden, und auf eben die Art ihrem Haare
einen Wohlgeruch verschaffen. -- Das Pu-
dern der Haare sehen sie, wie billig, als eine
sehr absurde Gewohnheit an. Dagegen aber
sehen sie sorgfältig dahin, sie fleißig zu kämmen,
wozu sie ein sonderbares Werkzeug gebrauchen,
daß nicht wie unsre Kämme aus einem Stücke,
nur eine Zusammensetzung von kleinen Spitzen

ist,
unangenehmen Effect, weil ihnen dieß Natür-
liche nicht natürlich schien. Wir hingegen, lo-
ben diese Gewohnheit der Siamer, und miß-
billigen die Mode unsrer Frauenzimmer, welche,
wegen der Schnürbrüste ein zu gezwungenes Air
annehmen, und im Ehestande für diesen Zwang
der Natur, oft hart büßen müßen.
S 5

ſich nicht; die Mannsperſonen aber faͤrben ſich
zuweilen die Arme, Waden und Schenkel mit
einer blauen Farbe, mehr aus Aberglauben als
aus Pracht.

So ſchwarz indeſſen die Siamer immer ſeyn
moͤgen, ſo kann man ihnen doch das Lob der
Reinlichkeit nicht abſprechen. Sie baden ſich
des Tages wenigſtens drey oder viermal, und
ſie ſtatten keinen wichtigen Beſuch ab, ohne ſich
vorher zu waſchen, und um es kenntbar zu ma-
chen, daß ſie ſich ſo eben erſt gewaſchen haben,
machen ſie ſich mit Kreide ein weiſſes Zeichen auf
die Bruſt. Die Mode des Landes will, daß
ſie zu Zeiten ihren Koͤrper mit wohlriechenden
Sachen beſchmieren, die Lippen mit einer wohl-
riechenden Pomade beſtreichen, wovon ſie ſehr
blaß werden, und auf eben die Art ihrem Haare
einen Wohlgeruch verſchaffen. — Das Pu-
dern der Haare ſehen ſie, wie billig, als eine
ſehr abſurde Gewohnheit an. Dagegen aber
ſehen ſie ſorgfaͤltig dahin, ſie fleißig zu kaͤmmen,
wozu ſie ein ſonderbares Werkzeug gebrauchen,
daß nicht wie unſre Kaͤmme aus einem Stuͤcke,
nur eine Zuſammenſetzung von kleinen Spitzen

iſt,
unangenehmen Effect, weil ihnen dieß Natuͤr-
liche nicht natuͤrlich ſchien. Wir hingegen, lo-
ben dieſe Gewohnheit der Siamer, und miß-
billigen die Mode unſrer Frauenzimmer, welche,
wegen der Schnuͤrbruͤſte ein zu gezwungenes Air
annehmen, und im Eheſtande fuͤr dieſen Zwang
der Natur, oft hart buͤßen muͤßen.
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[281/0307] ſich nicht; die Mannsperſonen aber faͤrben ſich zuweilen die Arme, Waden und Schenkel mit einer blauen Farbe, mehr aus Aberglauben als aus Pracht. So ſchwarz indeſſen die Siamer immer ſeyn moͤgen, ſo kann man ihnen doch das Lob der Reinlichkeit nicht abſprechen. Sie baden ſich des Tages wenigſtens drey oder viermal, und ſie ſtatten keinen wichtigen Beſuch ab, ohne ſich vorher zu waſchen, und um es kenntbar zu ma- chen, daß ſie ſich ſo eben erſt gewaſchen haben, machen ſie ſich mit Kreide ein weiſſes Zeichen auf die Bruſt. Die Mode des Landes will, daß ſie zu Zeiten ihren Koͤrper mit wohlriechenden Sachen beſchmieren, die Lippen mit einer wohl- riechenden Pomade beſtreichen, wovon ſie ſehr blaß werden, und auf eben die Art ihrem Haare einen Wohlgeruch verſchaffen. — Das Pu- dern der Haare ſehen ſie, wie billig, als eine ſehr abſurde Gewohnheit an. Dagegen aber ſehen ſie ſorgfaͤltig dahin, ſie fleißig zu kaͤmmen, wozu ſie ein ſonderbares Werkzeug gebrauchen, daß nicht wie unſre Kaͤmme aus einem Stuͤcke, nur eine Zuſammenſetzung von kleinen Spitzen iſt, **) **) unangenehmen Effect, weil ihnen dieß Natuͤr- liche nicht natuͤrlich ſchien. Wir hingegen, lo- ben dieſe Gewohnheit der Siamer, und miß- billigen die Mode unſrer Frauenzimmer, welche, wegen der Schnuͤrbruͤſte ein zu gezwungenes Air annehmen, und im Eheſtande fuͤr dieſen Zwang der Natur, oft hart buͤßen muͤßen. S 5

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/307>, abgerufen am 16.06.2024.