Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

aber die Stirne wird so gleich schmal, und läuft
endlich beynahe eben so spitzig zu, als das Kinn.
Sie haben große Ohren *), kleine übelgespaltete
und matte Augen, welche von einer gelblich
schwarzen Farbe sind: ihre Nase ist flach, die
Backen eingefallen und oben breit. -- Das
Haar der Siamer ist schwarz, grob und glatt.
Beyde Geschlechter schneiden das Haar oben bey
dem Wirbel mit der Scheere ab. Unter demsel-
ben reißen sie einiges aus, in Gestalt eines klei-
nen und zween Thalern, an Breite gleichen
Kreises. Unterhalb dieses Kreises, lassen sie
die übrigen Haare bis an die Schultern wach-
sen. Die Weiber sind wohl gebauet; aber ihre
Gesichtszüge sind so grob, daß man sie nach ih-
rer Bildung, kaum von den Mannspersonen
unterscheiden kann. Weil sie weder Schnür-
brüste, noch Mieder tragen; so hängt ihnen die
Brust sehr weit herunter, und soll, nach der
Vorstellungsart der Reisebeschreiber, einen un-
angenehmen Effect machen **). Sie schminken

sich
*) Die Größe der Ohren scheint bey den Siamern
ein hauptsächliches Stück der Schönheit zu
seyn, -- so wie überhaupt im Morgenlande,
nur mit dem Unterschiede, daß einige die Ohren,
um ihnen eine größere Länge zu geben, unter-
wärts ziehen, übrigens aber keine größere Löcher
darin bohren, als es für die Ohrgehänge nöthig
ist, andre aber nach dem Durchbohren das Loch
erweitern.
**) Den europäischen Herrn, welche nach Siam
reiseten, machte dieß wohl darinn einen sehr
unan-

aber die Stirne wird ſo gleich ſchmal, und laͤuft
endlich beynahe eben ſo ſpitzig zu, als das Kinn.
Sie haben große Ohren *), kleine uͤbelgeſpaltete
und matte Augen, welche von einer gelblich
ſchwarzen Farbe ſind: ihre Naſe iſt flach, die
Backen eingefallen und oben breit. — Das
Haar der Siamer iſt ſchwarz, grob und glatt.
Beyde Geſchlechter ſchneiden das Haar oben bey
dem Wirbel mit der Scheere ab. Unter demſel-
ben reißen ſie einiges aus, in Geſtalt eines klei-
nen und zween Thalern, an Breite gleichen
Kreiſes. Unterhalb dieſes Kreiſes, laſſen ſie
die uͤbrigen Haare bis an die Schultern wach-
ſen. Die Weiber ſind wohl gebauet; aber ihre
Geſichtszuͤge ſind ſo grob, daß man ſie nach ih-
rer Bildung, kaum von den Mannsperſonen
unterſcheiden kann. Weil ſie weder Schnuͤr-
bruͤſte, noch Mieder tragen; ſo haͤngt ihnen die
Bruſt ſehr weit herunter, und ſoll, nach der
Vorſtellungsart der Reiſebeſchreiber, einen un-
angenehmen Effect machen **). Sie ſchminken

ſich
*) Die Groͤße der Ohren ſcheint bey den Siamern
ein hauptſaͤchliches Stuͤck der Schoͤnheit zu
ſeyn, — ſo wie uͤberhaupt im Morgenlande,
nur mit dem Unterſchiede, daß einige die Ohren,
um ihnen eine groͤßere Laͤnge zu geben, unter-
waͤrts ziehen, uͤbrigens aber keine groͤßere Loͤcher
darin bohren, als es fuͤr die Ohrgehaͤnge noͤthig
iſt, andre aber nach dem Durchbohren das Loch
erweitern.
**) Den europaͤiſchen Herrn, welche nach Siam
reiſeten, machte dieß wohl darinn einen ſehr
unan-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0306" n="280"/>
aber die Stirne wird &#x017F;o gleich &#x017F;chmal, und la&#x0364;uft<lb/>
endlich beynahe eben &#x017F;o &#x017F;pitzig zu, als das Kinn.<lb/>
Sie haben große Ohren <note place="foot" n="*)">Die Gro&#x0364;ße der Ohren &#x017F;cheint bey den Siamern<lb/>
ein haupt&#x017F;a&#x0364;chliches Stu&#x0364;ck der Scho&#x0364;nheit zu<lb/>
&#x017F;eyn, &#x2014; &#x017F;o wie u&#x0364;berhaupt im Morgenlande,<lb/>
nur mit dem Unter&#x017F;chiede, daß einige die Ohren,<lb/>
um ihnen eine gro&#x0364;ßere La&#x0364;nge zu geben, unter-<lb/>
wa&#x0364;rts ziehen, u&#x0364;brigens aber keine gro&#x0364;ßere Lo&#x0364;cher<lb/>
darin bohren, als es fu&#x0364;r die Ohrgeha&#x0364;nge no&#x0364;thig<lb/>
i&#x017F;t, andre aber nach dem Durchbohren das Loch<lb/>
erweitern.</note>, kleine u&#x0364;belge&#x017F;paltete<lb/>
und matte Augen, welche von einer gelblich<lb/>
&#x017F;chwarzen Farbe &#x017F;ind: ihre Na&#x017F;e i&#x017F;t flach, die<lb/>
Backen eingefallen und oben breit. &#x2014; Das<lb/>
Haar der Siamer i&#x017F;t &#x017F;chwarz, grob und glatt.<lb/>
Beyde Ge&#x017F;chlechter &#x017F;chneiden das Haar oben bey<lb/>
dem Wirbel mit der Scheere ab. Unter dem&#x017F;el-<lb/>
ben reißen &#x017F;ie einiges aus, in Ge&#x017F;talt eines klei-<lb/>
nen und zween Thalern, an Breite gleichen<lb/>
Krei&#x017F;es. Unterhalb die&#x017F;es Krei&#x017F;es, la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie<lb/>
die u&#x0364;brigen Haare bis an die Schultern wach-<lb/>
&#x017F;en. Die Weiber &#x017F;ind wohl gebauet; aber ihre<lb/>
Ge&#x017F;ichtszu&#x0364;ge &#x017F;ind &#x017F;o grob, daß man &#x017F;ie nach ih-<lb/>
rer Bildung, kaum von den Mannsper&#x017F;onen<lb/>
unter&#x017F;cheiden kann. Weil &#x017F;ie weder Schnu&#x0364;r-<lb/>
bru&#x0364;&#x017F;te, noch Mieder tragen; &#x017F;o ha&#x0364;ngt ihnen die<lb/>
Bru&#x017F;t &#x017F;ehr weit herunter, und &#x017F;oll, nach der<lb/>
Vor&#x017F;tellungsart der Rei&#x017F;ebe&#x017F;chreiber, einen un-<lb/>
angenehmen Effect machen <note xml:id="note-0306" next="note-0307" place="foot" n="**)">Den europa&#x0364;i&#x017F;chen Herrn, welche nach Siam<lb/>
rei&#x017F;eten, machte dieß wohl darinn einen &#x017F;ehr<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">unan-</fw></note>. Sie &#x017F;chminken<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[280/0306] aber die Stirne wird ſo gleich ſchmal, und laͤuft endlich beynahe eben ſo ſpitzig zu, als das Kinn. Sie haben große Ohren *), kleine uͤbelgeſpaltete und matte Augen, welche von einer gelblich ſchwarzen Farbe ſind: ihre Naſe iſt flach, die Backen eingefallen und oben breit. — Das Haar der Siamer iſt ſchwarz, grob und glatt. Beyde Geſchlechter ſchneiden das Haar oben bey dem Wirbel mit der Scheere ab. Unter demſel- ben reißen ſie einiges aus, in Geſtalt eines klei- nen und zween Thalern, an Breite gleichen Kreiſes. Unterhalb dieſes Kreiſes, laſſen ſie die uͤbrigen Haare bis an die Schultern wach- ſen. Die Weiber ſind wohl gebauet; aber ihre Geſichtszuͤge ſind ſo grob, daß man ſie nach ih- rer Bildung, kaum von den Mannsperſonen unterſcheiden kann. Weil ſie weder Schnuͤr- bruͤſte, noch Mieder tragen; ſo haͤngt ihnen die Bruſt ſehr weit herunter, und ſoll, nach der Vorſtellungsart der Reiſebeſchreiber, einen un- angenehmen Effect machen **). Sie ſchminken ſich *) Die Groͤße der Ohren ſcheint bey den Siamern ein hauptſaͤchliches Stuͤck der Schoͤnheit zu ſeyn, — ſo wie uͤberhaupt im Morgenlande, nur mit dem Unterſchiede, daß einige die Ohren, um ihnen eine groͤßere Laͤnge zu geben, unter- waͤrts ziehen, uͤbrigens aber keine groͤßere Loͤcher darin bohren, als es fuͤr die Ohrgehaͤnge noͤthig iſt, andre aber nach dem Durchbohren das Loch erweitern. **) Den europaͤiſchen Herrn, welche nach Siam reiſeten, machte dieß wohl darinn einen ſehr unan-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/306
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/306>, abgerufen am 03.12.2024.