Haare aus, und werfen sich von Zeit zu Zeit auf die Erde, als ob sie vor Schmerzen ohn- mächtig würden. Sie nehmen Hände voll Er- de oder Sand, werfen sichs auf den Kopf oder in das Gesicht, laufen, stehen stille, und ma- chen unzählige Gebährden, um die Heftigkeit ihrer Betrübniß auszudrücken. Unmittelbar nach dem Leichenbegängniß, theilen die Erben die Verlassenschaft zu gleichen Theilen, oder sie vergleichen sich, entweder vermöge eines Macht- spruchs des Emirs, oder auf Rath ihrer ge- meinschaftlichen guten Freunde, denn selten, wie vorhin bewiesen ist, fangen sie einen Pro- ceß an. Ueberdieß wollen die Erbschaften bey ihnen nicht viel sagen: die Eigenschaft ihres Vermögens, das in nichts als in Zelten, Haus- rath und Vieh besteht, giebt keinen Anlaß zu großen Streitigkeiten.
Man hat übrigens den Bedouinen zu allen Zeiten einen unersättlichen Geiz und einen un- überwindlichen Hang zu Raubereyen vorgewor- fen. Das ist nun freylich richtig; aber daß sie doch so grausam verfahren und wüthen sol- len, wie einige Reisebeschreiber vorgeben, ist eine Unwahrheit, und kann durch keinen zu- verläßigen Scribenten bewiesen werden. Uebri- gens versichert man, daß sie sehr höflich und großmüthig gegen Fremde sind, welche sie um ihre Gastfreyheit ansprechen, und sich mit Zu- trauen ihnen überlassen. Ihre Gewohnheit ist,
die
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Haare aus, und werfen ſich von Zeit zu Zeit auf die Erde, als ob ſie vor Schmerzen ohn- maͤchtig wuͤrden. Sie nehmen Haͤnde voll Er- de oder Sand, werfen ſichs auf den Kopf oder in das Geſicht, laufen, ſtehen ſtille, und ma- chen unzaͤhlige Gebaͤhrden, um die Heftigkeit ihrer Betruͤbniß auszudruͤcken. Unmittelbar nach dem Leichenbegaͤngniß, theilen die Erben die Verlaſſenſchaft zu gleichen Theilen, oder ſie vergleichen ſich, entweder vermoͤge eines Macht- ſpruchs des Emirs, oder auf Rath ihrer ge- meinſchaftlichen guten Freunde, denn ſelten, wie vorhin bewieſen iſt, fangen ſie einen Pro- ceß an. Ueberdieß wollen die Erbſchaften bey ihnen nicht viel ſagen: die Eigenſchaft ihres Vermoͤgens, das in nichts als in Zelten, Haus- rath und Vieh beſteht, giebt keinen Anlaß zu großen Streitigkeiten.
Man hat uͤbrigens den Bedouinen zu allen Zeiten einen unerſaͤttlichen Geiz und einen un- uͤberwindlichen Hang zu Raubereyen vorgewor- fen. Das iſt nun freylich richtig; aber daß ſie doch ſo grauſam verfahren und wuͤthen ſol- len, wie einige Reiſebeſchreiber vorgeben, iſt eine Unwahrheit, und kann durch keinen zu- verlaͤßigen Scribenten bewieſen werden. Uebri- gens verſichert man, daß ſie ſehr hoͤflich und großmuͤthig gegen Fremde ſind, welche ſie um ihre Gaſtfreyheit anſprechen, und ſich mit Zu- trauen ihnen uͤberlaſſen. Ihre Gewohnheit iſt,
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Haare aus, und werfen ſich von Zeit zu Zeit
auf die Erde, als ob ſie vor Schmerzen ohn-
maͤchtig wuͤrden. Sie nehmen Haͤnde voll Er-
de oder Sand, werfen ſichs auf den Kopf oder
in das Geſicht, laufen, ſtehen ſtille, und ma-
chen unzaͤhlige Gebaͤhrden, um die Heftigkeit
ihrer Betruͤbniß auszudruͤcken. Unmittelbar
nach dem Leichenbegaͤngniß, theilen die Erben
die Verlaſſenſchaft zu gleichen Theilen, oder ſie
vergleichen ſich, entweder vermoͤge eines Macht-
ſpruchs des Emirs, oder auf Rath ihrer ge-
meinſchaftlichen guten Freunde, denn ſelten,
wie vorhin bewieſen iſt, fangen ſie einen Pro-
ceß an. Ueberdieß wollen die Erbſchaften bey
ihnen nicht viel ſagen: die Eigenſchaft ihres
Vermoͤgens, das in nichts als in Zelten, Haus-
rath und Vieh beſteht, giebt keinen Anlaß zu
großen Streitigkeiten.
Man hat uͤbrigens den Bedouinen zu allen
Zeiten einen unerſaͤttlichen Geiz und einen un-
uͤberwindlichen Hang zu Raubereyen vorgewor-
fen. Das iſt nun freylich richtig; aber daß
ſie doch ſo grauſam verfahren und wuͤthen ſol-
len, wie einige Reiſebeſchreiber vorgeben, iſt
eine Unwahrheit, und kann durch keinen zu-
verlaͤßigen Scribenten bewieſen werden. Uebri-
gens verſichert man, daß ſie ſehr hoͤflich und
großmuͤthig gegen Fremde ſind, welche ſie um
ihre Gaſtfreyheit anſprechen, und ſich mit Zu-
trauen ihnen uͤberlaſſen. Ihre Gewohnheit iſt,
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/301>, abgerufen am 25.11.2024.
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