Wundärzte überzeugt, und deswegen stehen die- se bey ihnen in großem Ansehen; allein alle Wun- der, die man ihnen von der Arzeneykunst sagt, glauben sie nicht. Indessen sind doch die ge- schickten Aerzte, im Oriente, aus diesem Volke gekommen. Der berühmte Schech Mehemet Ebnsina, den wir mit Unrecht, Avicenna nen- nen, war ein Bedouine. Seine Schriften sind sowohl in Europa als in der Türkey und Arabien bekannt. Nur die Einwohner des wü- sten Arabiens kennen sie nicht, und wollen auch nichts davon wissen. Es hindert sie aber nicht, alt zu werden. Man siehet zuweilen bey den Bedouinen Greise von hundert Jahren.
Wenn ein Bedouine gestorben ist, wäscht man ihn, man legt ihn in ein Tuch, und etli- che Männer tragen ihn, unter Singung gewis- ser Gebete auf den Gottesacker, der an einem erhabenen und abgelegenen Orte des Lagers liegt. Mannspersonen beweinen ihre Todten nicht. Sie hoffen das Vergnügen zu haben, ihre Ver- wandten und Freunde im Paradiese wieder zu sehen. Die Weiber hingegen weinen, weil sie nicht an den Ort der Seligen werden selbst kom- men, sondern nur draußen mit den Christen bleiben, folglich den Kummer und Verdruß haben, diejenigen nach dem Tode nicht wieder zu sehen, die sie in ihrem Leben liebten. Sie schreyen daher aus Leibeskräften, zerkratzen sich die Arme, Hände und Gesicht, reißen sich die
Haare
Wundaͤrzte uͤberzeugt, und deswegen ſtehen die- ſe bey ihnen in großem Anſehen; allein alle Wun- der, die man ihnen von der Arzeneykunſt ſagt, glauben ſie nicht. Indeſſen ſind doch die ge- ſchickten Aerzte, im Oriente, aus dieſem Volke gekommen. Der beruͤhmte Schech Mehemet Ebnſina, den wir mit Unrecht, Avicenna nen- nen, war ein Bedouine. Seine Schriften ſind ſowohl in Europa als in der Tuͤrkey und Arabien bekannt. Nur die Einwohner des wuͤ- ſten Arabiens kennen ſie nicht, und wollen auch nichts davon wiſſen. Es hindert ſie aber nicht, alt zu werden. Man ſiehet zuweilen bey den Bedouinen Greiſe von hundert Jahren.
Wenn ein Bedouine geſtorben iſt, waͤſcht man ihn, man legt ihn in ein Tuch, und etli- che Maͤnner tragen ihn, unter Singung gewiſ- ſer Gebete auf den Gottesacker, der an einem erhabenen und abgelegenen Orte des Lagers liegt. Mannsperſonen beweinen ihre Todten nicht. Sie hoffen das Vergnuͤgen zu haben, ihre Ver- wandten und Freunde im Paradieſe wieder zu ſehen. Die Weiber hingegen weinen, weil ſie nicht an den Ort der Seligen werden ſelbſt kom- men, ſondern nur draußen mit den Chriſten bleiben, folglich den Kummer und Verdruß haben, diejenigen nach dem Tode nicht wieder zu ſehen, die ſie in ihrem Leben liebten. Sie ſchreyen daher aus Leibeskraͤften, zerkratzen ſich die Arme, Haͤnde und Geſicht, reißen ſich die
Haare
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Wundaͤrzte uͤberzeugt, und deswegen ſtehen die-
ſe bey ihnen in großem Anſehen; allein alle Wun-
der, die man ihnen von der Arzeneykunſt ſagt,
glauben ſie nicht. Indeſſen ſind doch die ge-
ſchickten Aerzte, im Oriente, aus dieſem Volke
gekommen. Der beruͤhmte Schech Mehemet
Ebnſina, den wir mit Unrecht, Avicenna nen-
nen, war ein Bedouine. Seine Schriften
ſind ſowohl in Europa als in der Tuͤrkey und
Arabien bekannt. Nur die Einwohner des wuͤ-
ſten Arabiens kennen ſie nicht, und wollen auch
nichts davon wiſſen. Es hindert ſie aber nicht,
alt zu werden. Man ſiehet zuweilen bey den
Bedouinen Greiſe von hundert Jahren.
Wenn ein Bedouine geſtorben iſt, waͤſcht
man ihn, man legt ihn in ein Tuch, und etli-
che Maͤnner tragen ihn, unter Singung gewiſ-
ſer Gebete auf den Gottesacker, der an einem
erhabenen und abgelegenen Orte des Lagers liegt.
Mannsperſonen beweinen ihre Todten nicht.
Sie hoffen das Vergnuͤgen zu haben, ihre Ver-
wandten und Freunde im Paradieſe wieder zu
ſehen. Die Weiber hingegen weinen, weil ſie
nicht an den Ort der Seligen werden ſelbſt kom-
men, ſondern nur draußen mit den Chriſten
bleiben, folglich den Kummer und Verdruß
haben, diejenigen nach dem Tode nicht wieder
zu ſehen, die ſie in ihrem Leben liebten. Sie
ſchreyen daher aus Leibeskraͤften, zerkratzen ſich
die Arme, Haͤnde und Geſicht, reißen ſich die
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/300>, abgerufen am 25.11.2024.
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