Menschen seiner Mannheit zu berauben. Es soll aber doch, obgleich selten in einigen von ihren Städten, fürnemlich in Oberegypten ge- schehen, und die geistlichen predigem nicht mehr gegen diese alte Gewohnheit, weil die großen Herrn sich dadurch doch nicht abhalten lassen würden, solche Leute zu kaufen, und ihnen ein bequemes Leben zu verschaffen. Man muß aber nicht meinen, daß in Arabien viele verschnitten werden. Hier werden gar keine, oder wenig- stens nicht so viele verschnitten als in Italien, sondern die meisten Kastraten in Arabien, Egy- ten und der Türkey kommen aus Habbesch und Nubien, und ihre Anzahl ist gewiß im Mor- genlande nicht so groß, als man in Europa denkt. Der Sultan in Constantinopel hat mehr Verschnittene, als alle Unterthanen in sei- nem weitläuftigen Reiche, und ihm werden die meisten als Geschenke zugesandt.
Auch scheint es nicht, daß die Verschnitte- nen so große Feinde des weiblichen Geschlechts sind, als einige sie haben beschreiben wollen. Man findet oft, daß sich einige -- Sklavin- nen halten.
Fünftes
Menſchen ſeiner Mannheit zu berauben. Es ſoll aber doch, obgleich ſelten in einigen von ihren Staͤdten, fuͤrnemlich in Oberegypten ge- ſchehen, und die geiſtlichen predigem nicht mehr gegen dieſe alte Gewohnheit, weil die großen Herrn ſich dadurch doch nicht abhalten laſſen wuͤrden, ſolche Leute zu kaufen, und ihnen ein bequemes Leben zu verſchaffen. Man muß aber nicht meinen, daß in Arabien viele verſchnitten werden. Hier werden gar keine, oder wenig- ſtens nicht ſo viele verſchnitten als in Italien, ſondern die meiſten Kaſtraten in Arabien, Egy- ten und der Tuͤrkey kommen aus Habbeſch und Núbien, und ihre Anzahl iſt gewiß im Mor- genlande nicht ſo groß, als man in Europa denkt. Der Sultan in Conſtantinopel hat mehr Verſchnittene, als alle Unterthanen in ſei- nem weitlaͤuftigen Reiche, und ihm werden die meiſten als Geſchenke zugeſandt.
Auch ſcheint es nicht, daß die Verſchnitte- nen ſo große Feinde des weiblichen Geſchlechts ſind, als einige ſie haben beſchreiben wollen. Man findet oft, daß ſich einige — Sklavin- nen halten.
Fuͤnftes
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Menſchen ſeiner Mannheit zu berauben. Es
ſoll aber doch, obgleich ſelten in einigen von
ihren Staͤdten, fuͤrnemlich in Oberegypten ge-
ſchehen, und die geiſtlichen predigem nicht mehr
gegen dieſe alte Gewohnheit, weil die großen
Herrn ſich dadurch doch nicht abhalten laſſen
wuͤrden, ſolche Leute zu kaufen, und ihnen ein
bequemes Leben zu verſchaffen. Man muß aber
nicht meinen, daß in Arabien viele verſchnitten
werden. Hier werden gar keine, oder wenig-
ſtens nicht ſo viele verſchnitten als in Italien,
ſondern die meiſten Kaſtraten in Arabien, Egy-
ten und der Tuͤrkey kommen aus Habbeſch und
Núbien, und ihre Anzahl iſt gewiß im Mor-
genlande nicht ſo groß, als man in Europa
denkt. Der Sultan in Conſtantinopel hat
mehr Verſchnittene, als alle Unterthanen in ſei-
nem weitlaͤuftigen Reiche, und ihm werden die
meiſten als Geſchenke zugeſandt.
Auch ſcheint es nicht, daß die Verſchnitte-
nen ſo große Feinde des weiblichen Geſchlechts
ſind, als einige ſie haben beſchreiben wollen.
Man findet oft, daß ſich einige — Sklavin-
nen halten.
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/247>, abgerufen am 18.12.2024.
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