Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

Kirchenverordnungen vorgeschrieben, und hat
ihr eignes darauf eingerichtetes Gebet. Um sich
zu dieser berühmten Wallfarth vorzubereiten,
muß man erstlich seine Schulden bezahlen, (eine
nöthige Vorsicht) sich mit seinen Feinden aus-
söhnen, (sehr christlich gedacht) seiner Familie
so viel Geld zurücklaßen, daß sie unterdessen
leben kann, und zu den Reisekosten kein anders,
als ehrlich erworbenes Geld mitnehmen. Wenn
der Pilgrimm aus seinem Hause abgehet, ver-
neigt er sich zweymal, und brummt ein Gebet
her. Hierauf nimmt er Abschied von seiner Fa-
milie, und die Worte die er sagt, sind im Ge-
setze vorgeschrieben.

Nach einigen Religionsübungen, die ohn-
gefähr drey Tage dauern, ließt man sich einen
Obern aus, dem man sich eidlich verbindet, ge-
horsam zu seyn. Nachdem man nun im eifri-
gen Gebete Gott um seinen Schutz angerufen
hat, begiebt man sich auf den Weg. Damit
die Pilgrimme vor den Anfällen der Araber
sichrer seyn, giebt ihnen der Großherr einen
Pascha mit, der die Karwane bedecken muß.
Man reist, wegen der großen Hitze, nur des
Nachts. Und wenn der Mond nicht scheint,
zündet man Laternen an. Man hat keine andre
Eßwaaren, als die man bey sich führt; denn
man findet überall wo man hinkommt nichts,
ja nicht einmal trinkbares Wasser. Der Zug
geschicht in Ordnung, und jedes hält sich zu sei-
nem Vorgesetzten, die auf Kameelen reiten.

Die

Kirchenverordnungen vorgeſchrieben, und hat
ihr eignes darauf eingerichtetes Gebet. Um ſich
zu dieſer beruͤhmten Wallfarth vorzubereiten,
muß man erſtlich ſeine Schulden bezahlen, (eine
noͤthige Vorſicht) ſich mit ſeinen Feinden aus-
ſoͤhnen, (ſehr chriſtlich gedacht) ſeiner Familie
ſo viel Geld zuruͤcklaßen, daß ſie unterdeſſen
leben kann, und zu den Reiſekoſten kein anders,
als ehrlich erworbenes Geld mitnehmen. Wenn
der Pilgrimm aus ſeinem Hauſe abgehet, ver-
neigt er ſich zweymal, und brummt ein Gebet
her. Hierauf nimmt er Abſchied von ſeiner Fa-
milie, und die Worte die er ſagt, ſind im Ge-
ſetze vorgeſchrieben.

Nach einigen Religionsuͤbungen, die ohn-
gefaͤhr drey Tage dauern, ließt man ſich einen
Obern aus, dem man ſich eidlich verbindet, ge-
horſam zu ſeyn. Nachdem man nun im eifri-
gen Gebete Gott um ſeinen Schutz angerufen
hat, begiebt man ſich auf den Weg. Damit
die Pilgrimme vor den Anfaͤllen der Araber
ſichrer ſeyn, giebt ihnen der Großherr einen
Paſcha mit, der die Karwane bedecken muß.
Man reiſt, wegen der großen Hitze, nur des
Nachts. Und wenn der Mond nicht ſcheint,
zuͤndet man Laternen an. Man hat keine andre
Eßwaaren, als die man bey ſich fuͤhrt; denn
man findet uͤberall wo man hinkommt nichts,
ja nicht einmal trinkbares Waſſer. Der Zug
geſchicht in Ordnung, und jedes haͤlt ſich zu ſei-
nem Vorgeſetzten, die auf Kameelen reiten.

Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0206" n="180"/>
Kirchenverordnungen vorge&#x017F;chrieben, und hat<lb/>
ihr eignes darauf eingerichtetes Gebet. Um &#x017F;ich<lb/>
zu die&#x017F;er beru&#x0364;hmten Wallfarth vorzubereiten,<lb/>
muß man er&#x017F;tlich &#x017F;eine Schulden bezahlen, (eine<lb/>
no&#x0364;thige Vor&#x017F;icht) &#x017F;ich mit &#x017F;einen Feinden aus-<lb/>
&#x017F;o&#x0364;hnen, (&#x017F;ehr chri&#x017F;tlich gedacht) &#x017F;einer Familie<lb/>
&#x017F;o viel Geld zuru&#x0364;cklaßen, daß &#x017F;ie unterde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
leben kann, und zu den Rei&#x017F;eko&#x017F;ten kein anders,<lb/>
als ehrlich erworbenes Geld mitnehmen. Wenn<lb/>
der Pilgrimm aus &#x017F;einem Hau&#x017F;e abgehet, ver-<lb/>
neigt er &#x017F;ich zweymal, und brummt ein Gebet<lb/>
her. Hierauf nimmt er Ab&#x017F;chied von &#x017F;einer Fa-<lb/>
milie, und die Worte die er &#x017F;agt, &#x017F;ind im Ge-<lb/>
&#x017F;etze vorge&#x017F;chrieben.</p><lb/>
          <p>Nach einigen Religionsu&#x0364;bungen, die ohn-<lb/>
gefa&#x0364;hr drey Tage dauern, ließt man &#x017F;ich einen<lb/>
Obern aus, dem man &#x017F;ich eidlich verbindet, ge-<lb/>
hor&#x017F;am zu &#x017F;eyn. Nachdem man nun im eifri-<lb/>
gen Gebete Gott um &#x017F;einen Schutz angerufen<lb/>
hat, begiebt man &#x017F;ich auf den Weg. Damit<lb/>
die Pilgrimme vor den Anfa&#x0364;llen der Araber<lb/>
&#x017F;ichrer &#x017F;eyn, giebt ihnen der Großherr einen<lb/>
Pa&#x017F;cha mit, der die Karwane bedecken muß.<lb/>
Man rei&#x017F;t, wegen der großen Hitze, nur des<lb/>
Nachts. Und wenn der Mond nicht &#x017F;cheint,<lb/>
zu&#x0364;ndet man Laternen an. Man hat keine andre<lb/>
Eßwaaren, als die man bey &#x017F;ich fu&#x0364;hrt; denn<lb/>
man findet u&#x0364;berall wo man hinkommt nichts,<lb/>
ja nicht einmal trinkbares Wa&#x017F;&#x017F;er. Der Zug<lb/>
ge&#x017F;chicht in Ordnung, und jedes ha&#x0364;lt &#x017F;ich zu &#x017F;ei-<lb/>
nem Vorge&#x017F;etzten, die auf Kameelen reiten.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0206] Kirchenverordnungen vorgeſchrieben, und hat ihr eignes darauf eingerichtetes Gebet. Um ſich zu dieſer beruͤhmten Wallfarth vorzubereiten, muß man erſtlich ſeine Schulden bezahlen, (eine noͤthige Vorſicht) ſich mit ſeinen Feinden aus- ſoͤhnen, (ſehr chriſtlich gedacht) ſeiner Familie ſo viel Geld zuruͤcklaßen, daß ſie unterdeſſen leben kann, und zu den Reiſekoſten kein anders, als ehrlich erworbenes Geld mitnehmen. Wenn der Pilgrimm aus ſeinem Hauſe abgehet, ver- neigt er ſich zweymal, und brummt ein Gebet her. Hierauf nimmt er Abſchied von ſeiner Fa- milie, und die Worte die er ſagt, ſind im Ge- ſetze vorgeſchrieben. Nach einigen Religionsuͤbungen, die ohn- gefaͤhr drey Tage dauern, ließt man ſich einen Obern aus, dem man ſich eidlich verbindet, ge- horſam zu ſeyn. Nachdem man nun im eifri- gen Gebete Gott um ſeinen Schutz angerufen hat, begiebt man ſich auf den Weg. Damit die Pilgrimme vor den Anfaͤllen der Araber ſichrer ſeyn, giebt ihnen der Großherr einen Paſcha mit, der die Karwane bedecken muß. Man reiſt, wegen der großen Hitze, nur des Nachts. Und wenn der Mond nicht ſcheint, zuͤndet man Laternen an. Man hat keine andre Eßwaaren, als die man bey ſich fuͤhrt; denn man findet uͤberall wo man hinkommt nichts, ja nicht einmal trinkbares Waſſer. Der Zug geſchicht in Ordnung, und jedes haͤlt ſich zu ſei- nem Vorgeſetzten, die auf Kameelen reiten. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/206
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/206>, abgerufen am 18.05.2024.