Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

ist es erlaubt zu essen und zu trinken, und da
geht es dann bunt über. Wollte man sich z. E.
des Nachts auch vernünftig betragen, und sich
den ausgelassenen Vergnügungen entziehen; so
wäre das ein unvernünftiger Eifer, welchen
Mohammed selbst in seinem Koran verdammt.
Gott hat erkannt, sagt er in seiner 2ten Sure,
daß durch eine unsinnige Heucheley, der
Mann in dieser Fastenzeit gegen seine Frau
und diese gegen ihren Mann, einen Raub
begienge. Er hat deswegen Mitleiden
über euch gehabt, und gegen euch Nach-
sicht beweisen wollen. Ueberlasset euch
also, sobald die Nacht hereinbricht, allen
euren Begierden, und sucht dasjenige
Vergnügen, welches euch Gott vorge-
schrieben hat.
Dieser wollüstige Prediger
hatte einmal seine Zuhörer durch eine Rede so
sehr gerührt, daß sie sich entschlossen, den gan-
zen Tag zu fasten, und die halbe Nacht im Be-
ten zuzubringen, allen Umgang mit den Wei-
bern zu entsagen. Wie Mohammed dieß er-
fuhr, soll er sie zu sich kommen lassen, und ih-
nen gesagt haben: Ist es wahr, daß ihr
euch entschlossen habt, Mönche zu wer-
den?
worauf sie geantwortet: Nichts, o Ge-
sandter Gottes, ist wahrer, und wir su-
chen blos hierinn eine große Vollkommen-
heit.
Mohammed antwortete: Aber dieß ist
mir nicht befohlen worden. Ihr müßt
für euch selbst sorgen. Fastet oder bre-

chet

iſt es erlaubt zu eſſen und zu trinken, und da
geht es dann bunt uͤber. Wollte man ſich z. E.
des Nachts auch vernuͤnftig betragen, und ſich
den ausgelaſſenen Vergnuͤgungen entziehen; ſo
waͤre das ein unvernuͤnftiger Eifer, welchen
Mohammed ſelbſt in ſeinem Koran verdammt.
Gott hat erkannt, ſagt er in ſeiner 2ten Sure,
daß durch eine unſinnige Heucheley, der
Mann in dieſer Faſtenzeit gegen ſeine Frau
und dieſe gegen ihren Mann, einen Raub
begienge. Er hat deswegen Mitleiden
uͤber euch gehabt, und gegen euch Nach-
ſicht beweiſen wollen. Ueberlaſſet euch
alſo, ſobald die Nacht hereinbricht, allen
euren Begierden, und ſucht dasjenige
Vergnuͤgen, welches euch Gott vorge-
ſchrieben hat.
Dieſer wolluͤſtige Prediger
hatte einmal ſeine Zuhoͤrer durch eine Rede ſo
ſehr geruͤhrt, daß ſie ſich entſchloſſen, den gan-
zen Tag zu faſten, und die halbe Nacht im Be-
ten zuzubringen, allen Umgang mit den Wei-
bern zu entſagen. Wie Mohammed dieß er-
fuhr, ſoll er ſie zu ſich kommen laſſen, und ih-
nen geſagt haben: Iſt es wahr, daß ihr
euch entſchloſſen habt, Moͤnche zu wer-
den?
worauf ſie geantwortet: Nichts, o Ge-
ſandter Gottes, iſt wahrer, und wir ſu-
chen blos hierinn eine große Vollkommen-
heit.
Mohammed antwortete: Aber dieß iſt
mir nicht befohlen worden. Ihr muͤßt
fuͤr euch ſelbſt ſorgen. Faſtet oder bre-

chet
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0196" n="170"/>
i&#x017F;t es erlaubt zu e&#x017F;&#x017F;en und zu trinken, und da<lb/>
geht es dann bunt u&#x0364;ber. Wollte man &#x017F;ich z. E.<lb/>
des Nachts auch vernu&#x0364;nftig betragen, und &#x017F;ich<lb/>
den ausgela&#x017F;&#x017F;enen Vergnu&#x0364;gungen entziehen; &#x017F;o<lb/>
wa&#x0364;re das ein unvernu&#x0364;nftiger Eifer, welchen<lb/>
Mohammed &#x017F;elb&#x017F;t in &#x017F;einem Koran verdammt.<lb/><hi rendition="#fr">Gott hat erkannt,</hi> &#x017F;agt er in &#x017F;einer 2ten Sure,<lb/><hi rendition="#fr">daß durch eine un&#x017F;innige Heucheley, der<lb/>
Mann in die&#x017F;er Fa&#x017F;tenzeit gegen &#x017F;eine Frau<lb/>
und die&#x017F;e gegen ihren Mann, einen Raub<lb/>
begienge. Er hat deswegen Mitleiden<lb/>
u&#x0364;ber euch gehabt, und gegen euch Nach-<lb/>
&#x017F;icht bewei&#x017F;en wollen. Ueberla&#x017F;&#x017F;et euch<lb/>
al&#x017F;o, &#x017F;obald die Nacht hereinbricht, allen<lb/>
euren Begierden, und &#x017F;ucht dasjenige<lb/>
Vergnu&#x0364;gen, welches euch Gott vorge-<lb/>
&#x017F;chrieben hat.</hi> Die&#x017F;er wollu&#x0364;&#x017F;tige Prediger<lb/>
hatte einmal &#x017F;eine Zuho&#x0364;rer durch eine Rede &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr geru&#x0364;hrt, daß &#x017F;ie &#x017F;ich ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, den gan-<lb/>
zen Tag zu fa&#x017F;ten, und die halbe Nacht im Be-<lb/>
ten zuzubringen, allen Umgang mit den Wei-<lb/>
bern zu ent&#x017F;agen. Wie Mohammed dieß er-<lb/>
fuhr, &#x017F;oll er &#x017F;ie zu &#x017F;ich kommen la&#x017F;&#x017F;en, und ih-<lb/>
nen ge&#x017F;agt haben: <hi rendition="#fr">I&#x017F;t es wahr, daß ihr<lb/>
euch ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en habt, Mo&#x0364;nche zu wer-<lb/>
den?</hi> worauf &#x017F;ie geantwortet: <hi rendition="#fr">Nichts, o Ge-<lb/>
&#x017F;andter Gottes, i&#x017F;t wahrer, und wir &#x017F;u-<lb/>
chen blos hierinn eine große Vollkommen-<lb/>
heit.</hi> Mohammed antwortete: <hi rendition="#fr">Aber dieß i&#x017F;t<lb/>
mir nicht befohlen worden. Ihr mu&#x0364;ßt<lb/>
fu&#x0364;r euch &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;orgen. Fa&#x017F;tet oder bre-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">chet</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0196] iſt es erlaubt zu eſſen und zu trinken, und da geht es dann bunt uͤber. Wollte man ſich z. E. des Nachts auch vernuͤnftig betragen, und ſich den ausgelaſſenen Vergnuͤgungen entziehen; ſo waͤre das ein unvernuͤnftiger Eifer, welchen Mohammed ſelbſt in ſeinem Koran verdammt. Gott hat erkannt, ſagt er in ſeiner 2ten Sure, daß durch eine unſinnige Heucheley, der Mann in dieſer Faſtenzeit gegen ſeine Frau und dieſe gegen ihren Mann, einen Raub begienge. Er hat deswegen Mitleiden uͤber euch gehabt, und gegen euch Nach- ſicht beweiſen wollen. Ueberlaſſet euch alſo, ſobald die Nacht hereinbricht, allen euren Begierden, und ſucht dasjenige Vergnuͤgen, welches euch Gott vorge- ſchrieben hat. Dieſer wolluͤſtige Prediger hatte einmal ſeine Zuhoͤrer durch eine Rede ſo ſehr geruͤhrt, daß ſie ſich entſchloſſen, den gan- zen Tag zu faſten, und die halbe Nacht im Be- ten zuzubringen, allen Umgang mit den Wei- bern zu entſagen. Wie Mohammed dieß er- fuhr, ſoll er ſie zu ſich kommen laſſen, und ih- nen geſagt haben: Iſt es wahr, daß ihr euch entſchloſſen habt, Moͤnche zu wer- den? worauf ſie geantwortet: Nichts, o Ge- ſandter Gottes, iſt wahrer, und wir ſu- chen blos hierinn eine große Vollkommen- heit. Mohammed antwortete: Aber dieß iſt mir nicht befohlen worden. Ihr muͤßt fuͤr euch ſelbſt ſorgen. Faſtet oder bre- chet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/196
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/196>, abgerufen am 23.11.2024.