In der Moskee wird bey den Sunniten das Gebet allemahl von einem Mollah ver- richtet. Das Volk giebt auf seine mancherley Bewegungen, die er macht, sehr genau acht. Der Mollah erhebt von Zeit zu Zeit seine Stim- me, pflegt folgende zwey Gesänge herzusagen, welche die Muselmänner eben so wiederholen, wie bey der Catholischen Haltung des Gottes- dienstes zuweilen üblich ist: 1) Ach mein gros- ser Gott! wie erhaben bist du! Wie be- mühen sich nicht alle deine Geschöpfe, dich zu preisen! Ruhm! Lob! Ehre! sey dei- nem Nammen. Alle Welt erkenne deinen Namen, denn es ist kein andrer Gott, als du. -- 2) Im Namen Gottes voller Güte und Barmherzigkeit: Lobet Gott, der die Welt beherrscht, und dem Nie- mand gleich ist. Herr, der du alle Men- schen richten wirst: auf dich setzen wir al- le unsre Hoffnung. Beschütze uns, o, Gott, da wir dich anrufen, so wie du es
uns
weit kommt -- in die Kirche bloß zum Spaß, unsre Damen -- um den Kopfputz in hohen Augenschein zu nehmen u. d. gl. Es wäre bey- nah zu wünschen, daß diese Leute Muselmänner und Museldamen würden -- denn wahrhaftig im Grunde treiben sie doch nur Spott. Doch wir wollen über die Unaufmerksamkeit und Leicht- fertigkeit mancher Christen in Religionssachen kein Wort mehr sagen. Der Geistlichkeit bleib es überlassen, dem Unwesen Gränzen zu setzen.
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In der Moſkee wird bey den Sunniten das Gebet allemahl von einem Mollah ver- richtet. Das Volk giebt auf ſeine mancherley Bewegungen, die er macht, ſehr genau acht. Der Mollah erhebt von Zeit zu Zeit ſeine Stim- me, pflegt folgende zwey Geſaͤnge herzuſagen, welche die Muſelmaͤnner eben ſo wiederholen, wie bey der Catholiſchen Haltung des Gottes- dienſtes zuweilen uͤblich iſt: 1) Ach mein groſ- ſer Gott! wie erhaben biſt du! Wie be- muͤhen ſich nicht alle deine Geſchoͤpfe, dich zu preiſen! Ruhm! Lob! Ehre! ſey dei- nem Nam̃en. Alle Welt erkenne deinen Namen, denn es iſt kein andrer Gott, als du. — 2) Im Namen Gottes voller Guͤte und Barmherzigkeit: Lobet Gott, der die Welt beherrſcht, und dem Nie- mand gleich iſt. Herr, der du alle Men- ſchen richten wirſt: auf dich ſetzen wir al- le unſre Hoffnung. Beſchuͤtze uns, o, Gott, da wir dich anrufen, ſo wie du es
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weit kommt — in die Kirche bloß zum Spaß, unſre Damen — um den Kopfputz in hohen Augenſchein zu nehmen u. d. gl. Es waͤre bey- nah zu wuͤnſchen, daß dieſe Leute Muſelmaͤnner und Muſeldamen wuͤrden — denn wahrhaftig im Grunde treiben ſie doch nur Spott. Doch wir wollen uͤber die Unaufmerkſamkeit und Leicht- fertigkeit mancher Chriſten in Religionsſachen kein Wort mehr ſagen. Der Geiſtlichkeit bleib es uͤberlaſſen, dem Unweſen Graͤnzen zu ſetzen.
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In der Moſkee wird bey den Sunniten
das Gebet allemahl von einem Mollah ver-
richtet. Das Volk giebt auf ſeine mancherley
Bewegungen, die er macht, ſehr genau acht.
Der Mollah erhebt von Zeit zu Zeit ſeine Stim-
me, pflegt folgende zwey Geſaͤnge herzuſagen,
welche die Muſelmaͤnner eben ſo wiederholen,
wie bey der Catholiſchen Haltung des Gottes-
dienſtes zuweilen uͤblich iſt: 1) Ach mein groſ-
ſer Gott! wie erhaben biſt du! Wie be-
muͤhen ſich nicht alle deine Geſchoͤpfe, dich
zu preiſen! Ruhm! Lob! Ehre! ſey dei-
nem Nam̃en. Alle Welt erkenne deinen
Namen, denn es iſt kein andrer Gott,
als du. — 2) Im Namen Gottes voller
Guͤte und Barmherzigkeit: Lobet Gott,
der die Welt beherrſcht, und dem Nie-
mand gleich iſt. Herr, der du alle Men-
ſchen richten wirſt: auf dich ſetzen wir al-
le unſre Hoffnung. Beſchuͤtze uns, o,
Gott, da wir dich anrufen, ſo wie du es
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*) weit kommt — in die Kirche bloß zum Spaß,
unſre Damen — um den Kopfputz in hohen
Augenſchein zu nehmen u. d. gl. Es waͤre bey-
nah zu wuͤnſchen, daß dieſe Leute Muſelmaͤnner
und Muſeldamen wuͤrden — denn wahrhaftig
im Grunde treiben ſie doch nur Spott. Doch wir
wollen uͤber die Unaufmerkſamkeit und Leicht-
fertigkeit mancher Chriſten in Religionsſachen
kein Wort mehr ſagen. Der Geiſtlichkeit bleib
es uͤberlaſſen, dem Unweſen Graͤnzen zu ſetzen.
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/193>, abgerufen am 17.02.2025.
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