ist dieses: daß es ihnen frey steht, sich mit eignen Händen zu entleiben, und ihren Bauch mit einem Messer aufzureissen. -- Diejenigen, de- ren Leben man verschont, werden gemeiniglich auf eine wüste Insul verwiesen, wo sie sich mit einem Leben schleppen müssen, das ärger ist, als der Tod. Mit geringen Leuten pflegt man nicht viele Proceduren zu machen: ist ihr Proceß er- wiesen; so richtet man sie hin. -- Große Ver- brechen, z. E. Uebertretung der kayserlichen Ge- setze, Verrätherey, Unterschleif bey des Kaysers Einkünften, Prägung falscher Münzen, Stöh- rung der öffentlichen Ruhe, Mordbrennerey, Todschlag, Straßenraub, Diebstal, Schän- dung einer verehlichten Person -- werden mit solcher Schärfe bestraft, daß zugleich dadurch die ganze Familie hingerichtet wird.
Im Fall eines Hochverraths breitet sich die Strafe noch weiter aus, nemlich über das gan- ze Quartier und Nachbarschaft, in welcher die Verbrecher gewohnt. Die Ursach ist, weil man es nicht hätte zugeben sollen, daß ein solcher Feind des Regenten unter ihnen wohne. Und in der That ist dieß ein kräftiges Mittel, nicht nur alle Geheimhaltung zu verhüten, sondern auch das Verbrechen und den Missethäter zu entdecken, weil derjenige, der davon Nachricht giebt, sich und seine Familie rettet. Die weib- lichen Anverwandten werden in allen Fällen, blos die Verrätherey ausgenommen, als Scla- ven verkauft, und zwar auf mehr oder weniger
Jahre,
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iſt dieſes: daß es ihnen frey ſteht, ſich mit eignen Haͤnden zu entleiben, und ihren Bauch mit einem Meſſer aufzureiſſen. — Diejenigen, de- ren Leben man verſchont, werden gemeiniglich auf eine wuͤſte Inſul verwieſen, wo ſie ſich mit einem Leben ſchleppen muͤſſen, das aͤrger iſt, als der Tod. Mit geringen Leuten pflegt man nicht viele Proceduren zu machen: iſt ihr Proceß er- wieſen; ſo richtet man ſie hin. — Große Ver- brechen, z. E. Uebertretung der kayſerlichen Ge- ſetze, Verraͤtherey, Unterſchleif bey des Kayſers Einkuͤnften, Praͤgung falſcher Muͤnzen, Stoͤh- rung der oͤffentlichen Ruhe, Mordbrennerey, Todſchlag, Straßenraub, Diebſtal, Schaͤn- dung einer verehlichten Perſon — werden mit ſolcher Schaͤrfe beſtraft, daß zugleich dadurch die ganze Familie hingerichtet wird.
Im Fall eines Hochverraths breitet ſich die Strafe noch weiter aus, nemlich uͤber das gan- ze Quartier und Nachbarſchaft, in welcher die Verbrecher gewohnt. Die Urſach iſt, weil man es nicht haͤtte zugeben ſollen, daß ein ſolcher Feind des Regenten unter ihnen wohne. Und in der That iſt dieß ein kraͤftiges Mittel, nicht nur alle Geheimhaltung zu verhuͤten, ſondern auch das Verbrechen und den Miſſethaͤter zu entdecken, weil derjenige, der davon Nachricht giebt, ſich und ſeine Familie rettet. Die weib- lichen Anverwandten werden in allen Faͤllen, blos die Verraͤtherey ausgenommen, als Scla- ven verkauft, und zwar auf mehr oder weniger
Jahre,
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iſt dieſes: daß es ihnen frey ſteht, ſich mit eignen
Haͤnden zu entleiben, und ihren Bauch mit
einem Meſſer aufzureiſſen. — Diejenigen, de-
ren Leben man verſchont, werden gemeiniglich
auf eine wuͤſte Inſul verwieſen, wo ſie ſich mit
einem Leben ſchleppen muͤſſen, das aͤrger iſt, als
der Tod. Mit geringen Leuten pflegt man nicht
viele Proceduren zu machen: iſt ihr Proceß er-
wieſen; ſo richtet man ſie hin. — Große Ver-
brechen, z. E. Uebertretung der kayſerlichen Ge-
ſetze, Verraͤtherey, Unterſchleif bey des Kayſers
Einkuͤnften, Praͤgung falſcher Muͤnzen, Stoͤh-
rung der oͤffentlichen Ruhe, Mordbrennerey,
Todſchlag, Straßenraub, Diebſtal, Schaͤn-
dung einer verehlichten Perſon — werden mit
ſolcher Schaͤrfe beſtraft, daß zugleich dadurch
die ganze Familie hingerichtet wird.
Im Fall eines Hochverraths breitet ſich die
Strafe noch weiter aus, nemlich uͤber das gan-
ze Quartier und Nachbarſchaft, in welcher die
Verbrecher gewohnt. Die Urſach iſt, weil man
es nicht haͤtte zugeben ſollen, daß ein ſolcher
Feind des Regenten unter ihnen wohne. Und
in der That iſt dieß ein kraͤftiges Mittel, nicht
nur alle Geheimhaltung zu verhuͤten, ſondern
auch das Verbrechen und den Miſſethaͤter zu
entdecken, weil derjenige, der davon Nachricht
giebt, ſich und ſeine Familie rettet. Die weib-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/115>, abgerufen am 23.11.2024.
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