nig oder gar nicht kennt. Da sowohl der Kör- per als das Glück Sclaven einer ganz despoti- schen Macht sind; so müssen auch dieser die Geistesgaben und der Muth unterliegen. Da- her handeln sie bloß aus Eigennutz, und das entweder aus Furcht oder aus Hoffnung. Es ist ihnen unglaublich, daß es in andern Ländern Leute giebt, die ihren Nächsten aus lautern Ab- sichten behülflich sind, ohne für ihre Dienste eine Belohnung zu fodern. Bey ihnen ist dieß ganz umgekehrt. Sie lassen sich alles bezah- len und nicht selten im voraus. Verlangt man etwas von ihnen, so erhält mans zwar, aber das Geschenk muß gleich dagegen gegeben wer- den. Die Armen und Elenden dürfen nicht vor den Großen erscheinen, und überhaupt vor solchen, bey den sie etwas zu suchen haben, wenn sie ihnen nicht zugleich ein Geschenk mit- bringen, es mag übrigens so wenig und nichts- bedeutend seyn, als es will. Sie nehmen al- les an, Früchte, Vieh u. s. w. Wer mit der- gleichen nicht aufwarten kann, giebt irgend et- was anders, auch wohl Geld. Dergleichen Geschenke annehmen zu können, wird für eine große Ehre gehalten. Man nimmt sie öffent- lich an; so gar auch alsdann, wann sich die größeste Gesellschaft versammlet hat. -- Diese Gewohnheit wird im ganzen Orient überall beybehalten, und sie ist vielleicht eine der älte- sten, so lange die Welt gestanden hat.
Die
nig oder gar nicht kennt. Da ſowohl der Koͤr- per als das Gluͤck Sclaven einer ganz deſpoti- ſchen Macht ſind; ſo muͤſſen auch dieſer die Geiſtesgaben und der Muth unterliegen. Da- her handeln ſie bloß aus Eigennutz, und das entweder aus Furcht oder aus Hoffnung. Es iſt ihnen unglaublich, daß es in andern Laͤndern Leute giebt, die ihren Naͤchſten aus lautern Ab- ſichten behuͤlflich ſind, ohne fuͤr ihre Dienſte eine Belohnung zu fodern. Bey ihnen iſt dieß ganz umgekehrt. Sie laſſen ſich alles bezah- len und nicht ſelten im voraus. Verlangt man etwas von ihnen, ſo erhaͤlt mans zwar, aber das Geſchenk muß gleich dagegen gegeben wer- den. Die Armen und Elenden duͤrfen nicht vor den Großen erſcheinen, und uͤberhaupt vor ſolchen, bey den ſie etwas zu ſuchen haben, wenn ſie ihnen nicht zugleich ein Geſchenk mit- bringen, es mag uͤbrigens ſo wenig und nichts- bedeutend ſeyn, als es will. Sie nehmen al- les an, Fruͤchte, Vieh u. ſ. w. Wer mit der- gleichen nicht aufwarten kann, giebt irgend et- was anders, auch wohl Geld. Dergleichen Geſchenke annehmen zu koͤnnen, wird fuͤr eine große Ehre gehalten. Man nimmt ſie oͤffent- lich an; ſo gar auch alsdann, wann ſich die groͤßeſte Geſellſchaft verſammlet hat. — Dieſe Gewohnheit wird im ganzen Orient uͤberall beybehalten, und ſie iſt vielleicht eine der aͤlte- ſten, ſo lange die Welt geſtanden hat.
Die
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nig oder gar nicht kennt. Da ſowohl der Koͤr-
per als das Gluͤck Sclaven einer ganz deſpoti-
ſchen Macht ſind; ſo muͤſſen auch dieſer die
Geiſtesgaben und der Muth unterliegen. Da-
her handeln ſie bloß aus Eigennutz, und das
entweder aus Furcht oder aus Hoffnung. Es
iſt ihnen unglaublich, daß es in andern Laͤndern
Leute giebt, die ihren Naͤchſten aus lautern Ab-
ſichten behuͤlflich ſind, ohne fuͤr ihre Dienſte
eine Belohnung zu fodern. Bey ihnen iſt dieß
ganz umgekehrt. Sie laſſen ſich alles bezah-
len und nicht ſelten im voraus. Verlangt man
etwas von ihnen, ſo erhaͤlt mans zwar, aber
das Geſchenk muß gleich dagegen gegeben wer-
den. Die Armen und Elenden duͤrfen nicht
vor den Großen erſcheinen, und uͤberhaupt vor
ſolchen, bey den ſie etwas zu ſuchen haben,
wenn ſie ihnen nicht zugleich ein Geſchenk mit-
bringen, es mag uͤbrigens ſo wenig und nichts-
bedeutend ſeyn, als es will. Sie nehmen al-
les an, Fruͤchte, Vieh u. ſ. w. Wer mit der-
gleichen nicht aufwarten kann, giebt irgend et-
was anders, auch wohl Geld. Dergleichen
Geſchenke annehmen zu koͤnnen, wird fuͤr eine
große Ehre gehalten. Man nimmt ſie oͤffent-
lich an; ſo gar auch alsdann, wann ſich die
groͤßeſte Geſellſchaft verſammlet hat. — Dieſe
Gewohnheit wird im ganzen Orient uͤberall
beybehalten, und ſie iſt vielleicht eine der aͤlte-
ſten, ſo lange die Welt geſtanden hat.
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/46>, abgerufen am 21.11.2024.
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