nen. *) Hingegen geht in den Städten diese Duldung so weit, daß sie so gar denen, die ihre Religion angenommen, und die hernach wieder zu der Religion, die sie erst verlassen hatten, zurückkehren, nicht das geringste Leid zufügen. Sie glauben, daß das Gebet eines jeden Menschen gut und würksam sey, und ver- lassen sich auch bey gefährlichen Krankheiten auf das Gebet und Fürbitte anderer, die nicht ihrer Religion zugethan sind. -- Man muß dieß nicht den Grundsätzen ihrer Religion, (ob sie gleich allen fremden Gottesdienst erlaubt,) zuschreiben, sondern den gelinden und feinen Sitten dieses Volks, welches keiner Härte und Grausamkeit fähig ist.
Da die Perser, wie ich schon angemerkt habe, so verschwenderisch und üppig sind; so ist es auch sehr natürlich, daß sie zu keiner Ar- beit aufgelegt sind und oft ganze Tage mit Nichtsthun hinzubringen pflegen. Sie hassen die Arbeit: und das ist gewöhnlich der Grund ihrer Armuth. Man nennt in Persien die Faulen und die, welche ohne Arbeit sind, Ser- guerdan, welches so viel heißt, als den Kopf von einer Seite zur andern drehen.
Die
*) Dergleichen unvernünftige Eiferers, christliche Muftis, wer sollte es glauben! giebts auch in Europa genug, und, welches am meisten zu verwundern ist -- in dem protestantischen Deutschland vorzüglich! --
nen. *) Hingegen geht in den Staͤdten dieſe Duldung ſo weit, daß ſie ſo gar denen, die ihre Religion angenommen, und die hernach wieder zu der Religion, die ſie erſt verlaſſen hatten, zuruͤckkehren, nicht das geringſte Leid zufuͤgen. Sie glauben, daß das Gebet eines jeden Menſchen gut und wuͤrkſam ſey, und ver- laſſen ſich auch bey gefaͤhrlichen Krankheiten auf das Gebet und Fuͤrbitte anderer, die nicht ihrer Religion zugethan ſind. — Man muß dieß nicht den Grundſaͤtzen ihrer Religion, (ob ſie gleich allen fremden Gottesdienſt erlaubt,) zuſchreiben, ſondern den gelinden und feinen Sitten dieſes Volks, welches keiner Haͤrte und Grauſamkeit faͤhig iſt.
Da die Perſer, wie ich ſchon angemerkt habe, ſo verſchwenderiſch und uͤppig ſind; ſo iſt es auch ſehr natuͤrlich, daß ſie zu keiner Ar- beit aufgelegt ſind und oft ganze Tage mit Nichtsthun hinzubringen pflegen. Sie haſſen die Arbeit: und das iſt gewoͤhnlich der Grund ihrer Armuth. Man nennt in Perſien die Faulen und die, welche ohne Arbeit ſind, Ser- guerdan, welches ſo viel heißt, als den Kopf von einer Seite zur andern drehen.
Die
*) Dergleichen unvernuͤnftige Eiferers, chriſtliche Muftis, wer ſollte es glauben! giebts auch in Europa genug, und, welches am meiſten zu verwundern iſt — in dem proteſtantiſchen Deutſchland vorzuͤglich! —
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nen. *) Hingegen geht in den Staͤdten dieſe
Duldung ſo weit, daß ſie ſo gar denen, die
ihre Religion angenommen, und die hernach
wieder zu der Religion, die ſie erſt verlaſſen
hatten, zuruͤckkehren, nicht das geringſte Leid
zufuͤgen. Sie glauben, daß das Gebet eines
jeden Menſchen gut und wuͤrkſam ſey, und ver-
laſſen ſich auch bey gefaͤhrlichen Krankheiten
auf das Gebet und Fuͤrbitte anderer, die nicht
ihrer Religion zugethan ſind. — Man muß
dieß nicht den Grundſaͤtzen ihrer Religion, (ob
ſie gleich allen fremden Gottesdienſt erlaubt,)
zuſchreiben, ſondern den gelinden und feinen
Sitten dieſes Volks, welches keiner Haͤrte und
Grauſamkeit faͤhig iſt.
Da die Perſer, wie ich ſchon angemerkt
habe, ſo verſchwenderiſch und uͤppig ſind; ſo
iſt es auch ſehr natuͤrlich, daß ſie zu keiner Ar-
beit aufgelegt ſind und oft ganze Tage mit
Nichtsthun hinzubringen pflegen. Sie haſſen
die Arbeit: und das iſt gewoͤhnlich der Grund
ihrer Armuth. Man nennt in Perſien die
Faulen und die, welche ohne Arbeit ſind, Ser-
guerdan, welches ſo viel heißt, als den Kopf
von einer Seite zur andern drehen.
Die
*) Dergleichen unvernuͤnftige Eiferers, chriſtliche
Muftis, wer ſollte es glauben! giebts auch in
Europa genug, und, welches am meiſten zu
verwundern iſt — in dem proteſtantiſchen
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/33>, abgerufen am 16.07.2024.
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