Chineser den Confucius verehren; so thun sie dieß bloß, um dadurch die Hochachtung auszudrucken, die sie ihm, seiner fürtreffli- chen Lehre wegen, schuldig sind. Und da sie sich zu seiner Lehre bekennen, wie können sie ihn denn besser ehren, als wenn sie sich niederwerfen, und den Erdboden vor dem berühren, den das ganze Reich für seinen Lehrmeister erkennt? Was die Opfer und Gebräuche betrifft, die sie zu Ehren ihrer Verstorbenen feyern; so kann man diese nur als Beweise der Ehrfurcht und für ein Gesiändniß ansehen, daß sie noch als Häu- pter der Familie geschätzt werden. -- Die Bildsäulen, die sie ihren Vorfahren zu Eh- ren aufrichten, zeigen nicht so viel an, als wenn ihre Seelen darinn wohnten, auch werden diese um nichts angerufen, sondern sie stellen nur Speise und Getränke vor ih- nen hin, um dadurch zu bezeugen, wie sehr es sie schmerze, daß sie ihres Umgangs müßten beraubt seyn. -- Was die Opfer anlanget, die die alten Könige und Kayser dem Himmel zu bringen pflegten; so sind es solche, welche die chinesischen Philoso-
phen
tischen Briefen entlehnt, welches mit dem harmonirt, was ein ungenannter Verfasser eines Werks, de cultu Sinensium, Coloniae 1700. davon gesagt hat.
Chineſer den Confucius verehren; ſo thun ſie dieß bloß, um dadurch die Hochachtung auszudrucken, die ſie ihm, ſeiner fuͤrtreffli- chen Lehre wegen, ſchuldig ſind. Und da ſie ſich zu ſeiner Lehre bekennen, wie koͤnnen ſie ihn denn beſſer ehren, als wenn ſie ſich niederwerfen, und den Erdboden vor dem beruͤhren, den das ganze Reich fuͤr ſeinen Lehrmeiſter erkennt? Was die Opfer und Gebraͤuche betrifft, die ſie zu Ehren ihrer Verſtorbenen feyern; ſo kann man dieſe nur als Beweiſe der Ehrfurcht und fuͤr ein Geſiaͤndniß anſehen, daß ſie noch als Haͤu- pter der Familie geſchaͤtzt werden. — Die Bildſaͤulen, die ſie ihren Vorfahren zu Eh- ren aufrichten, zeigen nicht ſo viel an, als wenn ihre Seelen darinn wohnten, auch werden dieſe um nichts angerufen, ſondern ſie ſtellen nur Speiſe und Getraͤnke vor ih- nen hin, um dadurch zu bezeugen, wie ſehr es ſie ſchmerze, daß ſie ihres Umgangs muͤßten beraubt ſeyn. — Was die Opfer anlanget, die die alten Koͤnige und Kayſer dem Himmel zu bringen pflegten; ſo ſind es ſolche, welche die chineſiſchen Philoſo-
phen
tiſchen Briefen entlehnt, welches mit dem harmonirt, was ein ungenannter Verfaſſer eines Werks, de cultu Sinenſium, Coloniae 1700. davon geſagt hat.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0328"n="308"/>
Chineſer den Confucius verehren; ſo thun<lb/>ſie dieß bloß, um dadurch die Hochachtung<lb/>
auszudrucken, die ſie ihm, ſeiner fuͤrtreffli-<lb/>
chen Lehre wegen, ſchuldig ſind. Und da ſie<lb/>ſich zu ſeiner Lehre bekennen, wie koͤnnen<lb/>ſie ihn denn beſſer ehren, als wenn ſie ſich<lb/>
niederwerfen, und den Erdboden vor dem<lb/>
beruͤhren, den das ganze Reich fuͤr ſeinen<lb/>
Lehrmeiſter erkennt? Was die Opfer und<lb/>
Gebraͤuche betrifft, die ſie zu Ehren ihrer<lb/>
Verſtorbenen feyern; ſo kann man dieſe<lb/>
nur als Beweiſe der Ehrfurcht und fuͤr ein<lb/>
Geſiaͤndniß anſehen, daß ſie noch als Haͤu-<lb/>
pter der Familie geſchaͤtzt werden. — Die<lb/>
Bildſaͤulen, die ſie ihren Vorfahren zu Eh-<lb/>
ren aufrichten, zeigen nicht ſo viel an, als<lb/>
wenn ihre Seelen darinn wohnten, auch<lb/>
werden dieſe um nichts angerufen, ſondern<lb/>ſie ſtellen nur Speiſe und Getraͤnke vor ih-<lb/>
nen hin, um dadurch zu bezeugen, wie<lb/>ſehr es ſie ſchmerze, daß ſie ihres Umgangs<lb/>
muͤßten beraubt ſeyn. — Was die Opfer<lb/>
anlanget, die die alten Koͤnige und Kayſer<lb/>
dem Himmel zu bringen pflegten; ſo ſind<lb/>
es ſolche, welche die chineſiſchen Philoſo-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">phen</fw><lb/><notexml:id="seg2pn_11_2"prev="#seg2pn_11_1"place="foot"n="*)">tiſchen Briefen entlehnt, welches mit dem<lb/>
harmonirt, was ein ungenannter Verfaſſer<lb/>
eines Werks, <hirendition="#aq">de cultu Sinenſium, Coloniae</hi><lb/>
1700. davon geſagt hat.</note><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[308/0328]
Chineſer den Confucius verehren; ſo thun
ſie dieß bloß, um dadurch die Hochachtung
auszudrucken, die ſie ihm, ſeiner fuͤrtreffli-
chen Lehre wegen, ſchuldig ſind. Und da ſie
ſich zu ſeiner Lehre bekennen, wie koͤnnen
ſie ihn denn beſſer ehren, als wenn ſie ſich
niederwerfen, und den Erdboden vor dem
beruͤhren, den das ganze Reich fuͤr ſeinen
Lehrmeiſter erkennt? Was die Opfer und
Gebraͤuche betrifft, die ſie zu Ehren ihrer
Verſtorbenen feyern; ſo kann man dieſe
nur als Beweiſe der Ehrfurcht und fuͤr ein
Geſiaͤndniß anſehen, daß ſie noch als Haͤu-
pter der Familie geſchaͤtzt werden. — Die
Bildſaͤulen, die ſie ihren Vorfahren zu Eh-
ren aufrichten, zeigen nicht ſo viel an, als
wenn ihre Seelen darinn wohnten, auch
werden dieſe um nichts angerufen, ſondern
ſie ſtellen nur Speiſe und Getraͤnke vor ih-
nen hin, um dadurch zu bezeugen, wie
ſehr es ſie ſchmerze, daß ſie ihres Umgangs
muͤßten beraubt ſeyn. — Was die Opfer
anlanget, die die alten Koͤnige und Kayſer
dem Himmel zu bringen pflegten; ſo ſind
es ſolche, welche die chineſiſchen Philoſo-
phen
*)
*) tiſchen Briefen entlehnt, welches mit dem
harmonirt, was ein ungenannter Verfaſſer
eines Werks, de cultu Sinenſium, Coloniae
1700. davon geſagt hat.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/328>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.