sehener Männer! Ricci verband mit seiner Gelehrsamkeit viele Weltkenntniß, und wuß- te die Zeit recht gut abzuwarten, wann er seine Absichten vollführen wollte. So bald er sah, daß er sich der Gunst des Kaysers vergewissert wußte; so fieng er auch an, das Christenthum in Peking mächtig anszu- breiten. Seine Arbeit war auch nicht oh- ne glücklichen Erfolg. Es dauerte nicht lange; so hatte er viele, und zum Theil an- gesehene Leute bekehrt. Die Anzahl der Neu- bekehrten war schon so stark angewachsen, daß sie Kirchen und Bethäuser aufbauen konnten.
Man kann leicht denken, wie die Bon- zen bey diesem glücklichen Fortgange ihre Stirnen mögen gerunzelt baben. Sie wand- ten alle Mittel an, dem Ricci Einhalt zu thun, schlugen ärgerliche Pasquillen am Pallaste des Kaysers an, worinn sie diesen beschuldigten, daß er seine alte Religion changirt, und ein Beförderer der schändli- chen und gefährlichen Arbeit des Ricci ge- worden sey. Indessen aber mußten die Urheber dieses Pasquills ihren Kopf ein- büßen; und Ricci hatte das Vergnügen, daß er, ohngeachtet seines vielen Wider- standes, dennoch siegte. Kaum war Ric- ci gestorben, und der Pater, Adam Schall, zum Lehrmeister des jungen Kay-
sers
ſehener Maͤnner! Ricci verband mit ſeiner Gelehrſamkeit viele Weltkenntniß, und wuß- te die Zeit recht gut abzuwarten, wann er ſeine Abſichten vollfuͤhren wollte. So bald er ſah, daß er ſich der Gunſt des Kayſers vergewiſſert wußte; ſo fieng er auch an, das Chriſtenthum in Peking maͤchtig anszu- breiten. Seine Arbeit war auch nicht oh- ne gluͤcklichen Erfolg. Es dauerte nicht lange; ſo hatte er viele, und zum Theil an- geſehene Leute bekehrt. Die Anzahl der Neu- bekehrten war ſchon ſo ſtark angewachſen, daß ſie Kirchen und Bethaͤuſer aufbauen konnten.
Man kann leicht denken, wie die Bon- zen bey dieſem gluͤcklichen Fortgange ihre Stirnen moͤgen gerunzelt baben. Sie wand- ten alle Mittel an, dem Ricci Einhalt zu thun, ſchlugen aͤrgerliche Pasquillen am Pallaſte des Kayſers an, worinn ſie dieſen beſchuldigten, daß er ſeine alte Religion changirt, und ein Befoͤrderer der ſchaͤndli- chen und gefaͤhrlichen Arbeit des Ricci ge- worden ſey. Indeſſen aber mußten die Urheber dieſes Pasquills ihren Kopf ein- buͤßen; und Ricci hatte das Vergnuͤgen, daß er, ohngeachtet ſeines vielen Wider- ſtandes, dennoch ſiegte. Kaum war Ric- ci geſtorben, und der Pater, Adam Schall, zum Lehrmeiſter des jungen Kay-
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ſehener Maͤnner! Ricci verband mit ſeiner
Gelehrſamkeit viele Weltkenntniß, und wuß-
te die Zeit recht gut abzuwarten, wann er
ſeine Abſichten vollfuͤhren wollte. So bald
er ſah, daß er ſich der Gunſt des Kayſers
vergewiſſert wußte; ſo fieng er auch an,
das Chriſtenthum in Peking maͤchtig anszu-
breiten. Seine Arbeit war auch nicht oh-
ne gluͤcklichen Erfolg. Es dauerte nicht
lange; ſo hatte er viele, und zum Theil an-
geſehene Leute bekehrt. Die Anzahl der Neu-
bekehrten war ſchon ſo ſtark angewachſen,
daß ſie Kirchen und Bethaͤuſer aufbauen
konnten.
Man kann leicht denken, wie die Bon-
zen bey dieſem gluͤcklichen Fortgange ihre
Stirnen moͤgen gerunzelt baben. Sie wand-
ten alle Mittel an, dem Ricci Einhalt zu
thun, ſchlugen aͤrgerliche Pasquillen am
Pallaſte des Kayſers an, worinn ſie dieſen
beſchuldigten, daß er ſeine alte Religion
changirt, und ein Befoͤrderer der ſchaͤndli-
chen und gefaͤhrlichen Arbeit des Ricci ge-
worden ſey. Indeſſen aber mußten die
Urheber dieſes Pasquills ihren Kopf ein-
buͤßen; und Ricci hatte das Vergnuͤgen,
daß er, ohngeachtet ſeines vielen Wider-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/324>, abgerufen am 25.11.2024.
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