lügen, und endlich 5) keinen Wein zu trin- ken. -- Fürnehmlich dringen sie in ihrer Sittenlehre auf die Ausübung gewisser Wer- ke der Barmherzigkeit, auf Erbaunng der Tempel zu Ehren des Foe, auf Erbauung der Klöster für die Bonzengesellschaft, und für ihre Unterhaltung zu sorgen. Um diesen Zweck zu erreichen, bedrohen sie das Volk, daß derjenige, welcher lasterhaft gelebt, nach seinem Tode, dafern er sich in diesen Pflichten sanmselig bewiese, in den Leib gewisser Thie- re ziehen würde. Ueberhaupt thut die Lehre von der Seelenwanderung, welche die Chi- neser angenommen haben, bey den Betrüge- reyen der Bonzen, das Vermögen der Ster- benden an sich zu ziehen, und ihre eigne Einkünfte zu vergrößern, ganz wunderbare Würkungen. Man erzählt, daß die Bonzen einmal einer Bauersfrau drey große Enten unter dem Vorwande abgeschwatzt haben, sie wüßten, daß die Seelen ihrer Väter in den Leibern dieser Thiere wären, es sey des- wegen Jammer und Schade, sie zu verkau- fen und zu schlachten. Diese Frau, dar- über ganz bestürzt, überließ sie den Bonzen, welche ihr versprachen, die Enten zu füttern, und beym Leben zu erhalten. Aber die Bon- zen schlachteten sie noch denselben Abend, und fütterten sich selbst damit.
Die
luͤgen, und endlich 5) keinen Wein zu trin- ken. — Fuͤrnehmlich dringen ſie in ihrer Sittenlehre auf die Ausuͤbung gewiſſer Wer- ke der Barmherzigkeit, auf Erbaunng der Tempel zu Ehren des Foe, auf Erbauung der Kloͤſter fuͤr die Bonzengeſellſchaft, und fuͤr ihre Unterhaltung zu ſorgen. Um dieſen Zweck zu erreichen, bedrohen ſie das Volk, daß derjenige, welcher laſterhaft gelebt, nach ſeinem Tode, dafern er ſich in dieſen Pflichten ſanmſelig bewieſe, in den Leib gewiſſer Thie- re ziehen wuͤrde. Ueberhaupt thut die Lehre von der Seelenwanderung, welche die Chi- neſer angenommen haben, bey den Betruͤge- reyen der Bonzen, das Vermoͤgen der Ster- benden an ſich zu ziehen, und ihre eigne Einkuͤnfte zu vergroͤßern, ganz wunderbare Wuͤrkungen. Man erzaͤhlt, daß die Bonzen einmal einer Bauersfrau drey große Enten unter dem Vorwande abgeſchwatzt haben, ſie wuͤßten, daß die Seelen ihrer Vaͤter in den Leibern dieſer Thiere waͤren, es ſey des- wegen Jammer und Schade, ſie zu verkau- fen und zu ſchlachten. Dieſe Frau, dar- uͤber ganz beſtuͤrzt, uͤberließ ſie den Bonzen, welche ihr verſprachen, die Enten zu fuͤttern, und beym Leben zu erhalten. Aber die Bon- zen ſchlachteten ſie noch denſelben Abend, und fuͤtterten ſich ſelbſt damit.
Die
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luͤgen, und endlich 5) keinen Wein zu trin-
ken. — Fuͤrnehmlich dringen ſie in ihrer
Sittenlehre auf die Ausuͤbung gewiſſer Wer-
ke der Barmherzigkeit, auf Erbaunng der
Tempel zu Ehren des Foe, auf Erbauung
der Kloͤſter fuͤr die Bonzengeſellſchaft, und
fuͤr ihre Unterhaltung zu ſorgen. Um dieſen
Zweck zu erreichen, bedrohen ſie das Volk,
daß derjenige, welcher laſterhaft gelebt, nach
ſeinem Tode, dafern er ſich in dieſen Pflichten
ſanmſelig bewieſe, in den Leib gewiſſer Thie-
re ziehen wuͤrde. Ueberhaupt thut die Lehre
von der Seelenwanderung, welche die Chi-
neſer angenommen haben, bey den Betruͤge-
reyen der Bonzen, das Vermoͤgen der Ster-
benden an ſich zu ziehen, und ihre eigne
Einkuͤnfte zu vergroͤßern, ganz wunderbare
Wuͤrkungen. Man erzaͤhlt, daß die Bonzen
einmal einer Bauersfrau drey große Enten
unter dem Vorwande abgeſchwatzt haben,
ſie wuͤßten, daß die Seelen ihrer Vaͤter in
den Leibern dieſer Thiere waͤren, es ſey des-
wegen Jammer und Schade, ſie zu verkau-
fen und zu ſchlachten. Dieſe Frau, dar-
uͤber ganz beſtuͤrzt, uͤberließ ſie den Bonzen,
welche ihr verſprachen, die Enten zu fuͤttern,
und beym Leben zu erhalten. Aber die Bon-
zen ſchlachteten ſie noch denſelben Abend, und
fuͤtterten ſich ſelbſt damit.
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/316>, abgerufen am 24.11.2024.
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