chen ganz despotisch verfahren und gehandelt habe. Und dieß konnte er nur zu einer Zeit thun, wo er sich der ganzen kayserlichen Auto- rität vergewissert sah, und das ganze Glück der Unterthanen bloß in seiner Macht stand.
Die Ehrerbietung, die man den chinesi- schen Kaysern erweiset, ist beynahe eine Art der Anbetung. Seine Reden werden für Orakel- sprüche angesehen, und seine Befehle, als vom Himmel gesandt, betrachtet. Die Kayser las- sen sich selten öffentlich sehen. Wer einen Kay- ser anredet, darf es nie anders, als in einer knienden Stellung thun. -- Nur den Gros- sen, welche beständig um ihn sind, und ihm aufwarten, ist es erlaubt, zu stehen, und mit ihm in der Stellung zu reden -- So lächer- lich auch immer diese Gewohnheit seyn mag; so trägt sie doch unendlich viel zur Stille und Ruhe im Reiche bey. Diese Ehrfurcht gegen den Kayser erstreckt sich nicht bloß auf die Großen des Hofes, und auf die Mandari- nen, sondern auch so gar auf die Prinzen vom Geblüt. Ja dieß geht so weit, daß sie so gar für den Lehnstuhl, auf den sich der Kayser zu setzen pflegt, für dessen Beingürtel u. s. w. ihre Knien beugen. -- Ueberdieß sind noch ge- wisse Tage in der Woche oder im Monat fest- gesetzt, an welchen die Großen des Hofes wech- selsweise erscheinen, ihm huldigen, und seine Autorität durch ehrerbietiges Kniebeugen und andere Zeugnisse der tiefsten Devotion, bezeu-
gen
Q 4
chen ganz deſpotiſch verfahren und gehandelt habe. Und dieß konnte er nur zu einer Zeit thun, wo er ſich der ganzen kayſerlichen Auto- ritaͤt vergewiſſert ſah, und das ganze Gluͤck der Unterthanen bloß in ſeiner Macht ſtand.
Die Ehrerbietung, die man den chineſi- ſchen Kayſern erweiſet, iſt beynahe eine Art der Anbetung. Seine Reden werden fuͤr Orakel- ſpruͤche angeſehen, und ſeine Befehle, als vom Himmel geſandt, betrachtet. Die Kayſer laſ- ſen ſich ſelten oͤffentlich ſehen. Wer einen Kay- ſer anredet, darf es nie anders, als in einer knienden Stellung thun. — Nur den Groſ- ſen, welche beſtaͤndig um ihn ſind, und ihm aufwarten, iſt es erlaubt, zu ſtehen, und mit ihm in der Stellung zu reden — So laͤcher- lich auch immer dieſe Gewohnheit ſeyn mag; ſo traͤgt ſie doch unendlich viel zur Stille und Ruhe im Reiche bey. Dieſe Ehrfurcht gegen den Kayſer erſtreckt ſich nicht bloß auf die Großen des Hofes, und auf die Mandari- nen, ſondern auch ſo gar auf die Prinzen vom Gebluͤt. Ja dieß geht ſo weit, daß ſie ſo gar fuͤr den Lehnſtuhl, auf den ſich der Kayſer zu ſetzen pflegt, fuͤr deſſen Beinguͤrtel u. ſ. w. ihre Knien beugen. — Ueberdieß ſind noch ge- wiſſe Tage in der Woche oder im Monat feſt- geſetzt, an welchen die Großen des Hofes wech- ſelsweiſe erſcheinen, ihm huldigen, und ſeine Autoritaͤt durch ehrerbietiges Kniebeugen und andere Zeugniſſe der tiefſten Devotion, bezeu-
gen
Q 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0267"n="247"/>
chen ganz deſpotiſch verfahren und gehandelt<lb/>
habe. Und dieß konnte er nur zu einer Zeit<lb/>
thun, wo er ſich der ganzen kayſerlichen Auto-<lb/>
ritaͤt vergewiſſert ſah, und das ganze Gluͤck der<lb/>
Unterthanen bloß in ſeiner Macht ſtand.</p><lb/><p>Die Ehrerbietung, die man den chineſi-<lb/>ſchen Kayſern erweiſet, iſt beynahe eine Art der<lb/>
Anbetung. Seine Reden werden fuͤr Orakel-<lb/>ſpruͤche angeſehen, und ſeine Befehle, als vom<lb/>
Himmel geſandt, betrachtet. Die Kayſer laſ-<lb/>ſen ſich ſelten oͤffentlich ſehen. Wer einen Kay-<lb/>ſer anredet, darf es nie anders, als in einer<lb/>
knienden Stellung thun. — Nur den Groſ-<lb/>ſen, welche beſtaͤndig um ihn ſind, und ihm<lb/>
aufwarten, iſt es erlaubt, zu ſtehen, und mit<lb/>
ihm in der Stellung zu reden — So laͤcher-<lb/>
lich auch immer dieſe Gewohnheit ſeyn mag;<lb/>ſo traͤgt ſie doch unendlich viel zur Stille und<lb/>
Ruhe im Reiche bey. Dieſe Ehrfurcht gegen<lb/>
den Kayſer erſtreckt ſich nicht bloß auf die<lb/>
Großen des Hofes, und auf die Mandari-<lb/>
nen, ſondern auch ſo gar auf die Prinzen vom<lb/>
Gebluͤt. Ja dieß geht ſo weit, daß ſie ſo gar<lb/>
fuͤr den Lehnſtuhl, auf den ſich der Kayſer zu<lb/>ſetzen pflegt, fuͤr deſſen Beinguͤrtel u. ſ. w.<lb/>
ihre Knien beugen. — Ueberdieß ſind noch ge-<lb/>
wiſſe Tage in der Woche oder im Monat feſt-<lb/>
geſetzt, an welchen die Großen des Hofes wech-<lb/>ſelsweiſe erſcheinen, ihm huldigen, und ſeine<lb/>
Autoritaͤt durch ehrerbietiges Kniebeugen und<lb/>
andere Zeugniſſe der tiefſten Devotion, bezeu-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Q 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">gen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[247/0267]
chen ganz deſpotiſch verfahren und gehandelt
habe. Und dieß konnte er nur zu einer Zeit
thun, wo er ſich der ganzen kayſerlichen Auto-
ritaͤt vergewiſſert ſah, und das ganze Gluͤck der
Unterthanen bloß in ſeiner Macht ſtand.
Die Ehrerbietung, die man den chineſi-
ſchen Kayſern erweiſet, iſt beynahe eine Art der
Anbetung. Seine Reden werden fuͤr Orakel-
ſpruͤche angeſehen, und ſeine Befehle, als vom
Himmel geſandt, betrachtet. Die Kayſer laſ-
ſen ſich ſelten oͤffentlich ſehen. Wer einen Kay-
ſer anredet, darf es nie anders, als in einer
knienden Stellung thun. — Nur den Groſ-
ſen, welche beſtaͤndig um ihn ſind, und ihm
aufwarten, iſt es erlaubt, zu ſtehen, und mit
ihm in der Stellung zu reden — So laͤcher-
lich auch immer dieſe Gewohnheit ſeyn mag;
ſo traͤgt ſie doch unendlich viel zur Stille und
Ruhe im Reiche bey. Dieſe Ehrfurcht gegen
den Kayſer erſtreckt ſich nicht bloß auf die
Großen des Hofes, und auf die Mandari-
nen, ſondern auch ſo gar auf die Prinzen vom
Gebluͤt. Ja dieß geht ſo weit, daß ſie ſo gar
fuͤr den Lehnſtuhl, auf den ſich der Kayſer zu
ſetzen pflegt, fuͤr deſſen Beinguͤrtel u. ſ. w.
ihre Knien beugen. — Ueberdieß ſind noch ge-
wiſſe Tage in der Woche oder im Monat feſt-
geſetzt, an welchen die Großen des Hofes wech-
ſelsweiſe erſcheinen, ihm huldigen, und ſeine
Autoritaͤt durch ehrerbietiges Kniebeugen und
andere Zeugniſſe der tiefſten Devotion, bezeu-
gen
Q 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/267>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.