Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

In Ansehung des Essens und Trinkens,
sind die Chineser mehr oder weniger nach eines
jeden Umständen, verschwenderisch. Kömmt es
darauf an eine Gesellschaft zu speisen; so wen-
den sie alles auf, was sie in ihrem Vermögen
haben. Die Verschwendung bey den Gastereien
ist in der That ganz unglaublich. Dagegen aber
sind sie nicht so gesinnt, wenn sie allein speisen.
Ein Gericht Pferdefleisch -- welches zu den
größesten Delicatessen gehört -- Heuschrecken,
Ratten, Schlangen, schmeckt ihnen sehr gut.
Fast alle Speisen werden bey ihnen, schon in
kleine Stücke geschnitten, auf den Tisch ge-
bracht. Messer, Löffel und Gabel sind Dinge
die sie nicht gebrauchen: dagegen aber bedienen
sie sich bey ihrem Speisen zwey kleiner Spießgen,
womit sie die Speisen auf eine geschickte Art
wissen anzurühren. Sehr sonderbar und wider
allen Gebrauch der Morgenländer, ist es, daß
die Chineser sich nicht auf die Erde sondern auf
hohe Stühle setzen. -- Ein jeder Gast hat
vor sich einen kleinen Tisch stehen, worauf ei-
nige Schüsseln gesetzt sind, je nach dem das Trak-
tament groß oder klein seyn soll. -- Ueber Ti-
sche pflegen sie gewöhnlicherweise Thee zu trin-
ken. Dieser muß aber sehr heiß seyn, wenn
er ihnen schmecken soll. Ueberhaupt muß man
wissen, daß die Chineser warm trinken und
kalt essen. Des Weins enthalten sie sich nach
ihren Gesetzen: dagegen aber halten sie sich durch
ein anderes Getränke schadlos, welches fast eben

so

In Anſehung des Eſſens und Trinkens,
ſind die Chineſer mehr oder weniger nach eines
jeden Umſtaͤnden, verſchwenderiſch. Koͤmmt es
darauf an eine Geſellſchaft zu ſpeiſen; ſo wen-
den ſie alles auf, was ſie in ihrem Vermoͤgen
haben. Die Verſchwendung bey den Gaſtereien
iſt in der That ganz unglaublich. Dagegen aber
ſind ſie nicht ſo geſinnt, wenn ſie allein ſpeiſen.
Ein Gericht Pferdefleiſch — welches zu den
groͤßeſten Delicateſſen gehoͤrt — Heuſchrecken,
Ratten, Schlangen, ſchmeckt ihnen ſehr gut.
Faſt alle Speiſen werden bey ihnen, ſchon in
kleine Stuͤcke geſchnitten, auf den Tiſch ge-
bracht. Meſſer, Loͤffel und Gabel ſind Dinge
die ſie nicht gebrauchen: dagegen aber bedienen
ſie ſich bey ihrem Speiſen zwey kleiner Spießgen,
womit ſie die Speiſen auf eine geſchickte Art
wiſſen anzuruͤhren. Sehr ſonderbar und wider
allen Gebrauch der Morgenlaͤnder, iſt es, daß
die Chineſer ſich nicht auf die Erde ſondern auf
hohe Stuͤhle ſetzen. — Ein jeder Gaſt hat
vor ſich einen kleinen Tiſch ſtehen, worauf ei-
nige Schuͤſſeln geſetzt ſind, je nach dem das Trak-
tament groß oder klein ſeyn ſoll. — Ueber Ti-
ſche pflegen ſie gewoͤhnlicherweiſe Thee zu trin-
ken. Dieſer muß aber ſehr heiß ſeyn, wenn
er ihnen ſchmecken ſoll. Ueberhaupt muß man
wiſſen, daß die Chineſer warm trinken und
kalt eſſen. Des Weins enthalten ſie ſich nach
ihren Geſetzen: dagegen aber halten ſie ſich durch
ein anderes Getraͤnke ſchadlos, welches faſt eben

ſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0225" n="205"/>
          <p>In An&#x017F;ehung des E&#x017F;&#x017F;ens und Trinkens,<lb/>
&#x017F;ind die Chine&#x017F;er mehr oder weniger nach eines<lb/>
jeden Um&#x017F;ta&#x0364;nden, ver&#x017F;chwenderi&#x017F;ch. Ko&#x0364;mmt es<lb/>
darauf an eine Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft zu &#x017F;pei&#x017F;en; &#x017F;o wen-<lb/>
den &#x017F;ie alles auf, was &#x017F;ie in ihrem Vermo&#x0364;gen<lb/>
haben. Die Ver&#x017F;chwendung bey den Ga&#x017F;tereien<lb/>
i&#x017F;t in der That ganz unglaublich. Dagegen aber<lb/>
&#x017F;ind &#x017F;ie nicht &#x017F;o ge&#x017F;innt, wenn &#x017F;ie allein &#x017F;pei&#x017F;en.<lb/>
Ein Gericht Pferdeflei&#x017F;ch &#x2014; welches zu den<lb/>
gro&#x0364;ße&#x017F;ten Delicate&#x017F;&#x017F;en geho&#x0364;rt &#x2014; Heu&#x017F;chrecken,<lb/>
Ratten, Schlangen, &#x017F;chmeckt ihnen &#x017F;ehr gut.<lb/>
Fa&#x017F;t alle Spei&#x017F;en werden bey ihnen, &#x017F;chon in<lb/>
kleine Stu&#x0364;cke ge&#x017F;chnitten, auf den Ti&#x017F;ch ge-<lb/>
bracht. Me&#x017F;&#x017F;er, Lo&#x0364;ffel und Gabel &#x017F;ind Dinge<lb/>
die &#x017F;ie nicht gebrauchen: dagegen aber bedienen<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich bey ihrem Spei&#x017F;en zwey kleiner Spießgen,<lb/>
womit &#x017F;ie die Spei&#x017F;en auf eine ge&#x017F;chickte Art<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en anzuru&#x0364;hren. Sehr &#x017F;onderbar und wider<lb/>
allen Gebrauch der Morgenla&#x0364;nder, i&#x017F;t es, daß<lb/>
die Chine&#x017F;er &#x017F;ich nicht auf die Erde &#x017F;ondern auf<lb/>
hohe Stu&#x0364;hle &#x017F;etzen. &#x2014; Ein jeder Ga&#x017F;t hat<lb/>
vor &#x017F;ich einen kleinen Ti&#x017F;ch &#x017F;tehen, worauf ei-<lb/>
nige Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;eln ge&#x017F;etzt &#x017F;ind, je nach dem das Trak-<lb/>
tament groß oder klein &#x017F;eyn &#x017F;oll. &#x2014; Ueber Ti-<lb/>
&#x017F;che pflegen &#x017F;ie gewo&#x0364;hnlicherwei&#x017F;e Thee zu trin-<lb/>
ken. Die&#x017F;er muß aber &#x017F;ehr heiß &#x017F;eyn, wenn<lb/>
er ihnen &#x017F;chmecken &#x017F;oll. Ueberhaupt muß man<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, daß die Chine&#x017F;er warm trinken und<lb/>
kalt e&#x017F;&#x017F;en. Des Weins enthalten &#x017F;ie &#x017F;ich nach<lb/>
ihren Ge&#x017F;etzen: dagegen aber halten &#x017F;ie &#x017F;ich durch<lb/>
ein anderes Getra&#x0364;nke &#x017F;chadlos, welches fa&#x017F;t eben<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0225] In Anſehung des Eſſens und Trinkens, ſind die Chineſer mehr oder weniger nach eines jeden Umſtaͤnden, verſchwenderiſch. Koͤmmt es darauf an eine Geſellſchaft zu ſpeiſen; ſo wen- den ſie alles auf, was ſie in ihrem Vermoͤgen haben. Die Verſchwendung bey den Gaſtereien iſt in der That ganz unglaublich. Dagegen aber ſind ſie nicht ſo geſinnt, wenn ſie allein ſpeiſen. Ein Gericht Pferdefleiſch — welches zu den groͤßeſten Delicateſſen gehoͤrt — Heuſchrecken, Ratten, Schlangen, ſchmeckt ihnen ſehr gut. Faſt alle Speiſen werden bey ihnen, ſchon in kleine Stuͤcke geſchnitten, auf den Tiſch ge- bracht. Meſſer, Loͤffel und Gabel ſind Dinge die ſie nicht gebrauchen: dagegen aber bedienen ſie ſich bey ihrem Speiſen zwey kleiner Spießgen, womit ſie die Speiſen auf eine geſchickte Art wiſſen anzuruͤhren. Sehr ſonderbar und wider allen Gebrauch der Morgenlaͤnder, iſt es, daß die Chineſer ſich nicht auf die Erde ſondern auf hohe Stuͤhle ſetzen. — Ein jeder Gaſt hat vor ſich einen kleinen Tiſch ſtehen, worauf ei- nige Schuͤſſeln geſetzt ſind, je nach dem das Trak- tament groß oder klein ſeyn ſoll. — Ueber Ti- ſche pflegen ſie gewoͤhnlicherweiſe Thee zu trin- ken. Dieſer muß aber ſehr heiß ſeyn, wenn er ihnen ſchmecken ſoll. Ueberhaupt muß man wiſſen, daß die Chineſer warm trinken und kalt eſſen. Des Weins enthalten ſie ſich nach ihren Geſetzen: dagegen aber halten ſie ſich durch ein anderes Getraͤnke ſchadlos, welches faſt eben ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/225
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/225>, abgerufen am 24.11.2024.