In Persien gebrauchen die Handwerker we- nig Handwerkszeug. Es ist in der That für uns fast unglaublich, wie leicht sich ein Arbei- ter niederlassen kann. Gemeiniglich haben sie keine Boutiquen noch Werkstätte. Sie arbei- ten an allen Orten, wo man sie haben will. Sie setzen sich in dem Winkel einer Kammer auf die platte Erde, oder auch auf einen elen- den Teppich nieder, haben ihre Geräthe zwi- schen den Füßen, und arbeiten mit den Hän- den. Die Zinnarbeiter, welche in Europa so mancherley Werkzeuge gebrauchen, gehen in den Häusern herum. Der Herr, gleich seinem Lehr- jungen, trägt alles, was er braucht, bey sich; diese Bedürfnisse sind ein Sack mit Kohlen, ein Blasebalg,, etwas Sode und Salmiak ein Horn, und einige Stücken Zinn in der Ta- sche. -- Fast eben so und auf eben die Art arbeiten die Gold- und Silberarbeiter, wenn man gleich glauben sollte, daß ihre Geräth- schaften schwerer fortzubringen wären. Sie tragen einen Schmelzofen von Erde mit sich, der fast wie eine Kohlpfanne aussieht, aber doch höher ist. Der Blasebalg besteht aus einer bloßen Ziegenhaut, mit zwey kleinen Stücken Holz an dem einen Ende, um das Loch, wodurch die Luft herein kommt, zuzuklappen. Wenn sie sich desselben bedienen wollen; so setzen sie an das andere Ende eine kleine Röhre, welche in den Ofen geht, und regieren ihn mit der lin- ken Hand. Diesen Blasebalg tragen sie in ei-
nem
In Perſien gebrauchen die Handwerker we- nig Handwerkszeug. Es iſt in der That fuͤr uns faſt unglaublich, wie leicht ſich ein Arbei- ter niederlaſſen kann. Gemeiniglich haben ſie keine Boutiquen noch Werkſtaͤtte. Sie arbei- ten an allen Orten, wo man ſie haben will. Sie ſetzen ſich in dem Winkel einer Kammer auf die platte Erde, oder auch auf einen elen- den Teppich nieder, haben ihre Geraͤthe zwi- ſchen den Fuͤßen, und arbeiten mit den Haͤn- den. Die Zinnarbeiter, welche in Europa ſo mancherley Werkzeuge gebrauchen, gehen in den Haͤuſern herum. Der Herr, gleich ſeinem Lehr- jungen, traͤgt alles, was er braucht, bey ſich; dieſe Beduͤrfniſſe ſind ein Sack mit Kohlen, ein Blaſebalg,, etwas Sode und Salmiak ein Horn, und einige Stuͤcken Zinn in der Ta- ſche. — Faſt eben ſo und auf eben die Art arbeiten die Gold- und Silberarbeiter, wenn man gleich glauben ſollte, daß ihre Geraͤth- ſchaften ſchwerer fortzubringen waͤren. Sie tragen einen Schmelzofen von Erde mit ſich, der faſt wie eine Kohlpfanne ausſieht, aber doch hoͤher iſt. Der Blaſebalg beſteht aus einer bloßen Ziegenhaut, mit zwey kleinen Stuͤcken Holz an dem einen Ende, um das Loch, wodurch die Luft herein kommt, zuzuklappen. Wenn ſie ſich deſſelben bedienen wollen; ſo ſetzen ſie an das andere Ende eine kleine Roͤhre, welche in den Ofen geht, und regieren ihn mit der lin- ken Hand. Dieſen Blaſebalg tragen ſie in ei-
nem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0144"n="124"/><p>In Perſien gebrauchen die Handwerker we-<lb/>
nig Handwerkszeug. Es iſt in der That fuͤr<lb/>
uns faſt unglaublich, wie leicht ſich ein Arbei-<lb/>
ter niederlaſſen kann. Gemeiniglich haben ſie<lb/>
keine Boutiquen noch Werkſtaͤtte. Sie arbei-<lb/>
ten an allen Orten, wo man ſie haben will.<lb/>
Sie ſetzen ſich in dem Winkel einer Kammer<lb/>
auf die platte Erde, oder auch auf einen elen-<lb/>
den Teppich nieder, haben ihre Geraͤthe zwi-<lb/>ſchen den Fuͤßen, und arbeiten mit den Haͤn-<lb/>
den. Die Zinnarbeiter, welche in Europa ſo<lb/>
mancherley Werkzeuge gebrauchen, gehen in den<lb/>
Haͤuſern herum. Der Herr, gleich ſeinem Lehr-<lb/>
jungen, traͤgt alles, was er braucht, bey ſich;<lb/>
dieſe Beduͤrfniſſe ſind ein Sack mit Kohlen,<lb/>
ein Blaſebalg,, etwas Sode und Salmiak<lb/>
ein Horn, und einige Stuͤcken Zinn in der Ta-<lb/>ſche. — Faſt eben ſo und auf eben die Art<lb/>
arbeiten die Gold- und Silberarbeiter, wenn<lb/>
man gleich glauben ſollte, daß ihre Geraͤth-<lb/>ſchaften ſchwerer fortzubringen waͤren. Sie<lb/>
tragen einen Schmelzofen von Erde mit ſich,<lb/>
der faſt wie eine Kohlpfanne ausſieht, aber doch<lb/>
hoͤher iſt. Der Blaſebalg beſteht aus einer<lb/>
bloßen Ziegenhaut, mit zwey kleinen Stuͤcken<lb/>
Holz an dem einen Ende, um das Loch, wodurch<lb/>
die Luft herein kommt, zuzuklappen. Wenn<lb/>ſie ſich deſſelben bedienen wollen; ſo ſetzen ſie<lb/>
an das andere Ende eine kleine Roͤhre, welche<lb/>
in den Ofen geht, und regieren ihn mit der lin-<lb/>
ken Hand. Dieſen Blaſebalg tragen ſie in ei-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nem</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[124/0144]
In Perſien gebrauchen die Handwerker we-
nig Handwerkszeug. Es iſt in der That fuͤr
uns faſt unglaublich, wie leicht ſich ein Arbei-
ter niederlaſſen kann. Gemeiniglich haben ſie
keine Boutiquen noch Werkſtaͤtte. Sie arbei-
ten an allen Orten, wo man ſie haben will.
Sie ſetzen ſich in dem Winkel einer Kammer
auf die platte Erde, oder auch auf einen elen-
den Teppich nieder, haben ihre Geraͤthe zwi-
ſchen den Fuͤßen, und arbeiten mit den Haͤn-
den. Die Zinnarbeiter, welche in Europa ſo
mancherley Werkzeuge gebrauchen, gehen in den
Haͤuſern herum. Der Herr, gleich ſeinem Lehr-
jungen, traͤgt alles, was er braucht, bey ſich;
dieſe Beduͤrfniſſe ſind ein Sack mit Kohlen,
ein Blaſebalg,, etwas Sode und Salmiak
ein Horn, und einige Stuͤcken Zinn in der Ta-
ſche. — Faſt eben ſo und auf eben die Art
arbeiten die Gold- und Silberarbeiter, wenn
man gleich glauben ſollte, daß ihre Geraͤth-
ſchaften ſchwerer fortzubringen waͤren. Sie
tragen einen Schmelzofen von Erde mit ſich,
der faſt wie eine Kohlpfanne ausſieht, aber doch
hoͤher iſt. Der Blaſebalg beſteht aus einer
bloßen Ziegenhaut, mit zwey kleinen Stuͤcken
Holz an dem einen Ende, um das Loch, wodurch
die Luft herein kommt, zuzuklappen. Wenn
ſie ſich deſſelben bedienen wollen; ſo ſetzen ſie
an das andere Ende eine kleine Roͤhre, welche
in den Ofen geht, und regieren ihn mit der lin-
ken Hand. Dieſen Blaſebalg tragen ſie in ei-
nem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/144>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.