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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Des Autoris Anmerckungen
[Spaltenumbruch] Wellen von der Schwedischen Seite
nach der Preußischen, so muß nothwen-
dig der Agtstein dieser Bewegung fol-
gen, und den Fischern Anlaß geben, sich
dieses Sturms zu ihrem Vortheil zu be-
dienen und sich zu bereichern.

Dieserhalben muß derjenige Ort in
der Ostsee, allwo es den meisten Agtstein
giebet/ weit tieffer liegen, als wie diese
Bäume, an der Schwedischen Sei-
te: wann nun die See nicht so gar grau-
sam tieff daselbsten wäre, so würde aus-
ser allen Zweiffel, immerfort eine sehr
grosse Menge desselben allda anzutreffen
seyn, und dürfften nicht so lange war-
ten, als wie auf den Preußischen Kü-
sten, bis ihnen der Wind darzu behülff-
lich wäre.

Daraus aber folget dennoch nicht,
ob solten gar keine Stücken Agtstein an
andern Orten dieser See gefunden wer-
den, auch wohl gar in dem grossen Meer
oder Ocean, als mit welchen es zusam-
menhanget, dann wann die See dermas-
sen unruhig ist, kan sie ja leichtlich
ein und ander Stück mit wegführen
und an gantz entlegene Strandorte trei-
ben: doch kan solches nicht so gar ofte,
noch in so grosser Menge geschehen, wie
auf den Preußischen Küsten.

Sonst ist dabey nicht die geringste
Schwierigkeit zu finden, wie Fliegen,
und Mücken, Ameisen und ander Ge-
schmeisse mitten in den Agtstein hinein
gerathen mögen. Dann wann ein der-
gleichen Thierlein auf den Zweigen sol-
cher Bäume herum laufft, und ohnge-
fehr an einen Tropfen dieser klebrichten
Materie geräth, wann sie aus der Rin-
de dringet, und alsdann noch gantz weich
ist, muß es geschwinde kleben bleiben,
dieweil es keine Kraft sich los zu wickeln
hat, und wird sodann von andern Tro-
pfen, welche auf den ersten folgen, und
immer grösser und grösser werden, und
sich rund herum anlegen, gleichsam be-
graben. Wann nun dergleichen Stück,
in dessen Mitten ein Gewürme zu befin-
den, herunter in das Meer fällt, gleich-
wie wir allbereits gemeldet haben, so
wird dasselbige darinne völlig zugerich-
tet und gantz hart gemacht: geschiehet
es alsdann, daß es an dieses oder jenes
Ufer angetrieben wird, und geräth
in der Fischer Hände, so setzet es Ver-
[Spaltenumbruch] wunderung genug bey denen, die die
Sache nicht verstehen.

Wir wollen nunmehro auf die Ei-
genschaft des Agtsteins kommen, daß
er nämlich die Spreu aufhebt und an
sich zeucht, und besehen, was die Philo-
sophi
davon gedencken mögen. Des
Aristotelis Nachfolger sprechen, daß die-
se Eigenschaft von einer Qualitate oc-
culta,
von einer gantz verborgenen Be-
schaffenheit, die drinnen steckt, herrüh-
rete, und daß er gleichsam eine grössere
Sympathie und Zuneigung gegen das
Stroh oder Spreu hätte, als gegen et-
was anders. Allein, was heisset dann
erstlich diese Facultas attractrix und Kraft
die Spreu anzuziehen? Jst es dann
nicht eben so viel als eine Macht und
Vermögen dasselbige an sich zu ziehen?
Will man nun sagen, der Agtstein zie-
het die Spreu an sich, weil ers zu thun
vermag, das ist noch lange nicht genug
gesagt: sondern vielmehr, wie man in
Schulen pflegt zu reden, ein Ding mit
eben demselbigen Dinge erklären wol-
len: idem per idem.

2. Will man aber sprechen, der Agt-
stein führe aus verborgener Beschaffen-
heit gleichsam eine heimliche Liebe zu
der Spreu: so heissen diese duncklen
Worte soviel, die Ursache sey verborgen,
und unerkannt: dann qualitas occulta,
eine verborgene Beschaffenheit, oder
eine solche Beschaffenheit, die man nicht
erkennen kan, oder erkennet hat, sind
wohl einerley.

3. Jsts nicht wahr, daß der Agtstein
solte gegen die Spreu eine grössere Zu-
neigung haben, als gegen irgend etwas
anders. Dann wann er gerieben wird,
so ziehet er alles an sich, wann es nur
leichte ist, es sey Spreu oder Papier.
Wie ich mich dann selbst bey unserer
Versammlung dessen bedienet, und ei-
ne Magnetnadel angezogen habe, sie
auch auf ihrer Spitze herum drehen ge-
macht, eben als ob man ihr einen Ma-
gnetstein vorgehalten.

4. Dieweil auch eben dergleichen Ei-
genschaft sich am Agat, im Gummi,
Glas, Siegelwachs, und meisten Edel-
steinen findet, so muß man nothwendig
um eine solche Hauptursach umsehen,
welche sich zu allen Dingen, zu einem,
als wie zu dem andern, schicken kan.

Dan-

Des Autoris Anmerckungen
[Spaltenumbruch] Wellen von der Schwediſchen Seite
nach der Preußiſchen, ſo muß nothwen-
dig der Agtſtein dieſer Bewegung fol-
gen, und den Fiſchern Anlaß geben, ſich
dieſes Sturms zu ihrem Vortheil zu be-
dienen und ſich zu bereichern.

Dieſerhalben muß derjenige Ort in
der Oſtſee, allwo es den meiſten Agtſtein
giebet/ weit tieffer liegen, als wie dieſe
Baͤume, an der Schwediſchen Sei-
te: wann nun die See nicht ſo gar grau-
ſam tieff daſelbſten waͤre, ſo wuͤrde auſ-
ſer allen Zweiffel, immerfort eine ſehr
groſſe Menge deſſelben allda anzutreffen
ſeyn, und duͤrfften nicht ſo lange war-
ten, als wie auf den Preußiſchen Kuͤ-
ſten, bis ihnen der Wind darzu behuͤlff-
lich waͤre.

Daraus aber folget dennoch nicht,
ob ſolten gar keine Stuͤcken Agtſtein an
andern Orten dieſer See gefunden wer-
den, auch wohl gar in dem groſſen Meer
oder Ocean, als mit welchen es zuſam-
menhanget, dann wann die See dermaſ-
ſen unruhig iſt, kan ſie ja leichtlich
ein und ander Stuͤck mit wegfuͤhren
und an gantz entlegene Strandorte trei-
ben: doch kan ſolches nicht ſo gar ofte,
noch in ſo groſſer Menge geſchehen, wie
auf den Preußiſchen Kuͤſten.

Sonſt iſt dabey nicht die geringſte
Schwierigkeit zu finden, wie Fliegen,
und Muͤcken, Ameiſen und ander Ge-
ſchmeiſſe mitten in den Agtſtein hinein
gerathen moͤgen. Dann wann ein der-
gleichen Thierlein auf den Zweigen ſol-
cher Baͤume herum laufft, und ohnge-
fehr an einen Tropfen dieſer klebrichten
Materie geraͤth, wann ſie aus der Rin-
de dringet, und alsdann noch gantz weich
iſt, muß es geſchwinde kleben bleiben,
dieweil es keine Kraft ſich los zu wickeln
hat, und wird ſodann von andern Tro-
pfen, welche auf den erſten folgen, und
immer groͤſſer und groͤſſer werden, und
ſich rund herum anlegen, gleichſam be-
graben. Wann nun dergleichen Stuͤck,
in deſſen Mitten ein Gewuͤrme zu befin-
den, herunter in das Meer faͤllt, gleich-
wie wir allbereits gemeldet haben, ſo
wird daſſelbige darinne voͤllig zugerich-
tet und gantz hart gemacht: geſchiehet
es alsdann, daß es an dieſes oder jenes
Ufer angetrieben wird, und geraͤth
in der Fiſcher Haͤnde, ſo ſetzet es Ver-
[Spaltenumbruch] wunderung genug bey denen, die die
Sache nicht verſtehen.

Wir wollen nunmehro auf die Ei-
genſchaft des Agtſteins kommen, daß
er naͤmlich die Spreu aufhebt und an
ſich zeucht, und beſehen, was die Philo-
ſophi
davon gedencken moͤgen. Des
Ariſtotelis Nachfolger ſprechen, daß die-
ſe Eigenſchaft von einer Qualitate oc-
culta,
von einer gantz verborgenen Be-
ſchaffenheit, die drinnen ſteckt, herruͤh-
rete, und daß er gleichſam eine groͤſſere
Sympathie und Zuneigung gegen das
Stroh oder Spreu haͤtte, als gegen et-
was anders. Allein, was heiſſet dann
erſtlich dieſe Facultas attractrix und Kraft
die Spreu anzuziehen? Jſt es dann
nicht eben ſo viel als eine Macht und
Vermoͤgen daſſelbige an ſich zu ziehen?
Will man nun ſagen, der Agtſtein zie-
het die Spreu an ſich, weil ers zu thun
vermag, das iſt noch lange nicht genug
geſagt: ſondern vielmehr, wie man in
Schulen pflegt zu reden, ein Ding mit
eben demſelbigen Dinge erklaͤren wol-
len: idem per idem.

2. Will man aber ſprechen, der Agt-
ſtein fuͤhre aus verborgener Beſchaffen-
heit gleichſam eine heimliche Liebe zu
der Spreu: ſo heiſſen dieſe duncklen
Worte ſoviel, die Urſache ſey verborgen,
und unerkannt: dann qualitas occulta,
eine verborgene Beſchaffenheit, oder
eine ſolche Beſchaffenheit, die man nicht
erkennen kan, oder erkennet hat, ſind
wohl einerley.

3. Jſts nicht wahr, daß der Agtſtein
ſolte gegen die Spreu eine groͤſſere Zu-
neigung haben, als gegen irgend etwas
anders. Dann wann er gerieben wird,
ſo ziehet er alles an ſich, wann es nur
leichte iſt, es ſey Spreu oder Papier.
Wie ich mich dann ſelbſt bey unſerer
Verſammlung deſſen bedienet, und ei-
ne Magnetnadel angezogen habe, ſie
auch auf ihrer Spitze herum drehen ge-
macht, eben als ob man ihr einen Ma-
gnetſtein vorgehalten.

4. Dieweil auch eben dergleichen Ei-
genſchaft ſich am Agat, im Gummi,
Glas, Siegelwachs, und meiſten Edel-
ſteinen findet, ſo muß man nothwendig
um eine ſolche Haupturſach umſehen,
welche ſich zu allen Dingen, zu einem,
als wie zu dem andern, ſchicken kan.

Dan-
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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/586>, abgerufen am 24.11.2024.